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Funke, Cornelia

Funke, Cornelia

Titel: Funke, Cornelia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rekkless
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waren
erfolgreich gewesen und hatten Jacob sehr viel Geld und Donnersmarck einen
Orden eingebracht. Sie waren Freunde, aber der Blick, den er Jacob zuwarf,
verriet nichts davon. An seiner weißen Uniform steckten ein paar Orden mehr
als bei ihrer letzten Begegnung, und als er zu dem General trat, sah Jacob,
dass er das linke Bein nachzog. Verglichen mit dem Krieg war die Schatzsuche
ein harmloses Vergnügen.
    »Unerlaubtes
Eindringen in den Palast. Bedrohung meiner Gäste. Einen meiner Spione
bewusstlos geschlagen.« Die Kaiserin legte den Federhalter zur Seite und
winkte den Zwerg zu sich, der neben ihrem Schreibtisch stand. Er ließ Jacob
nicht aus den Augen, während er ihr den Stuhl zurückzog. Die Zwerge der
austrischen Kaiser hatten im Lauf der Jahrhunderte schon mehr als ein Dutzend
Mordanschläge verhindert, und Therese von Austrien hatte mindestens drei von
ihnen stets an ihrer Seite. Angeblich nahmen sie es sogar mit Rieslingen auf.
    Auberon,
der Favorit der Kaiserin, zupfte ihr das Kleid zurecht, bevor sie hinter dem
Schreibtisch hervortrat. Sie war immer noch schlank wie ein junges Mädchen.
    »Was soll
das, Jacob? Hattest du nicht den Auftrag, ein Stundenglas zu finden? Stattdessen
duellierst du dich in meinem Palast mit dem Leibwächter meines künftigen
Schwiegersohns.«
    Jacob
beugte den Kopf. Sie mochte es nicht, wenn man ihr in die Augen sah. »Ich hatte
keine Wahl. Er hat mich angegriffen und ich habe mich gewehrt.« Sein Unterarm
blutete immer noch. Die neue Handschrift seines Bruders.
    »Liefert
ihn aus, Euer Majestät«, sagte einer der Minister. »Oder noch besser: Lasst ihn
erschießen, um Euren Friedenswillen zu beweisen.«
    »Unsinn«,
erwiderte die Kaiserin gereizt. »Als ob mich dieser Krieg nicht schon genug
gekostet hat. Er ist der beste Schatzsucher, den ich habe! Er ist sogar besser
als Chanute.«
    Sie trat
so dicht an Jacob heran, dass er ihr Parfüm roch. Angeblich ließ sie
Zaubermohn hineinmischen. Wer den Duft allzu tief einatmete, tat, was immer man
verlangte - und hielt es für den eigenen Entschluss.
    »Hat dich
jemand bezahlt?«, fragte sie. »Jemand, dem dieser Frieden nicht gefällt? Richte
ihm etwas aus: Mir gefällt er auch nicht.«
    »Majestät!«
Die Minister blickten so alarmiert zur Tür, als lauschten die Goyl daran.
    »Oh, seid
still!«, fuhr die Kaiserin sie an. »Ich bezahle mit meiner Tochter für diesen
Frieden.«
    Jacob
blickte zu Donnersmarck, aber der mied seinen Blick.
    »Es hat
mich niemand bezahlt«, sagte er. »Und es hat nichts mit Eurem Frieden zu tun.
Ich bin wegen der Fee hier.«
    Das
Gesicht der Kaiserin wurde fast so ausdruckslos wie das ihrer Tochter.
    »Die Fee?«
    Sie gab
sich Mühe, gleichgültig zu klingen, aber ihre Stimme verriet sie. Hass und
Abscheu. Jacob hörte beides heraus. Und Ärger. Ärger darüber, dass sie die Fee
fürchtete.
    »Was
willst du von ihr?«
    »Verschafft
mir fünf Minuten mit ihr allein. Ihr werdet es nicht bereuen. Oder gefällt es
Eurer Tochter, dass ihr Bräutigam seine dunkle Geliebte mitgebracht hat?«
    Vorsicht, Jacob. Doch er war zu verzweifelt, um
vorsichtig zu sein. Sie hatte ihm seinen Bruder gestohlen. Und er wollte ihn
zurück.
    Die
Kaiserin wechselte einen Blick mit ihrem General.
    »Genauso
respektlos wie sein Lehrmeister«, sagte sie. »Chanute hat in demselben
impertinenten Ton mit meinem Vater gesprochen.«
    »Fünf
Minuten nur«, wiederholte Jacob. »Ihr Fluch hat Euch den Sieg gekostet! Und
Tausende von Untertanen!« Sie sah ihn nachdenklich an.
    »Majestät!«,
sagte der General - und verstummte, als sie ihm einen warnenden Blick zuwarf.
Sie wandte sich um und kehrte zu ihrem Schreibtisch zurück.
    »Du kommst
zu spät«, sagte sie über die Schulter zu Jacob. »Ich habe den Vertrag schon
unterzeichnet. Richtet den Goyl aus, dass er Elfenstaub eingeatmet hatte«,
befahl sie, während eine der Garden nach Jacobs Arm griff. »Bringt ihn zum Tor
und gebt Befehl, ihn nicht wieder einzulassen.«
    »Und,
Jacob«, rief sie, als die Zwerge die Türen öffneten, »vergiss das Stundenglas.
Ich will einen Wünschsack.«
     
     
    45
     
    VERGANGENE ZEITEN
     
    J acob wusste nicht, wie er zum Hotel zurückfand. In jedem
Schaufenster, an dem er vorbeikam, glaubte er das hassverzerrte Gesicht seines
Bruders zu sehen, und jede Frau, die ihm entgegenkam, verwandelte sich in die
Dunkle Fee.
    Es konnte
nicht vorbei sein. Er würde sie finden. Bei der Hochzeit. Am Bahnhof, wenn sie
mit ihrem frisch verheirateten

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