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Funke, Cornelia

Funke, Cornelia

Titel: Funke, Cornelia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rekkless
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stehen, Jacob. Aber nichts hatte ihm je so viel
Angst gemacht wie die Schritte, die ihm folgten. Will sah in der Dunkelheit
sicher ebenso gut wie Fuchs. Und er war bewaffnet.
    Mach, dass du aus der Dunkelheit kommst, Jacob. Da ist er im Vorteil. Jacob riss
den Vorhang herunter, als er durch die getarnte Tür ins Freie stolperte.
    Das
plötzliche Licht blendete Will. Er hob schützend den Arm vors Gesicht und Jacob
schlug ihm den Säbel aus der Hand.
    »Lass den
Säbel liegen, Will!«
    Er
richtete die Pistole auf ihn. Will bückte sich trotzdem. Jacob versuchte, ihm
den Säbel aus der Hand zu treten, doch diesmal war sein Bruder schneller. Er wird dich töten, Jacob'. Schießt Aber er konnte nicht. Es war immer
noch dasselbe Gesicht, auch wenn es aus Jade war.
    »Will, ich
bin es!«
    Will stieß
ihm den Kopf ins Gesicht. Das Blut lief Jacob aus der Nase, und er schlug den
Säbel seines Bruders nur mit knapper Not zur Seite, bevor ihm die Klinge die
Brust aufschlitzte. Wills nächster Hieb schnitt ihm den Unterarm auf. Er
kämpfte wie ein Goyl, ohne zu zögern, kalt und präzise, jede Furcht gelöscht
von ihrem Zorn. »Ich habe gehört, dass du
Kami'ens besten Leibwächter entwaffnet hast.«
    »Er ist nicht so gut, wie er denkt.« Noch ein
Hieb. Wehr dich, Jacob.
    Klinge auf
Klinge, geschliffenes Metall statt der Spielzeugwaffen, mit denen sie sich als
Kinder geschlagen hatten. So lange her. Über ihnen fing sich das Sonnenlicht in
den Glasblüten eines Kronleuchters, und der Teppich trug das Muster der Hexen,
auf dem sie den Frühling herbei tanzten. Will rang nach Atem. Sie keuchten
beide so laut, dass sie die kaiserlichen Garden erst bemerkten, als sie die
langen Flinten auf sie richteten. Will wich vor den weißen Uniformen zurück,
und Jacob stellte sich unwillkürlich schützend vor ihn, so wie er es immer
getan hatte. Aber sein Bruder brauchte seine Hilfe nicht. Auch die Goyl hatten
sie gefunden. Sie kamen aus der getarnten Tür. Graue Uniformen hinter ihnen,
weiße vor ihnen. Will senkte den Säbel erst, als einer der Goyl ihm mit
scharfer Stimme den Befehl gab.
    Brüder.
    »Dieser
Mann hat versucht, in die Gemächer des Königs einzudringen!«
    Ihr
Offizier war ein Onyxgoyl und beherrschte die Sprache des Kaiserreichs fast
akzentfrei. Will ließ Jacob nicht aus den Augen, während er an seine Seite
trat. Immer noch dasselbe Gesicht, und doch so wenig das seines Bruders, wie
ein Hund einem Wolf glich. Jacob wandte ihm den Rücken zu. Er ertrug es nicht
mehr, ihn anzusehen.
    »Jacob
Reckless.« Er hielt den Garden den Säbel hin. »Ich muss mit der Kaiserin
sprechen.«
    Der
Gardist, der den Säbel entgegennahm, raunte dem Offizier etwas zu. Vielleicht
hing auf irgendeinem Korridor noch das Porträt, das die Kaiserin von Jacob
hatte malen lassen, nachdem er ihr den Gläsernen Schuh gebracht hatte.
    Will
blickte Jacob nach, als die Garden ihn abführten. Vergiss, dass du einen Bruder hattest, Jacob. Er hat es auch vergessen.
     
    44
     
    DIE KAISERIN
     
    Es war
lange her, dass Jacob im Audienzsaal der Kaiserin gestanden hatte. Selbst wenn
er oder Chanute etwas abgeliefert hatten, wonach sie seit Jahren suchen ließ,
war es meist nur einer ihrer Zwerge gewesen, der die Bezahlung ausgehandelt
oder ihnen einen neuen Auftrag erteilt hatte. Die Kaiserin gewährte bloß dann
eine persönliche Audienz, wenn die Aufgabe sich, wie beim Gläsernen Schuh oder
dem Tischleindeckdich, als besonders gefährlich herausgestellt hatte und die
Geschichte, die man ihr erzählen konnte, ausreichend Blut und Todesangst
enthielt. Therese von Austrien hätte eine gute Schatzjägerin abgegeben, wäre
sie nicht als Tochter eines Kaisers geboren worden.
    Sie saß
hinter ihrem Schreibtisch, als die Garden Jacob hereinbrachten. Die Seide
ihres Kleides war bestickt mit Elfenglas und es war ebenso goldgelb wie die
Rosen auf ihrem Schreibtisch. Ihre Schönheit war Legende, doch Krieg und
Niederlage hatten sich ihr ins Gesicht geschrieben. Die Linien auf der Stirn
waren schärfer, die Schatten unter den Augen dunkler, und ihr Blick war noch
etwas kühler geworden.
    Einer
ihrer Generäle und drei Minister standen vor den Fenstern, durch die man auf
die Dächer und Türme der Stadt blickte und auf die Berge, die die Goyl bereits
erobert hatten. Den Adjutanten, der neben der Büste des vorletzten Kaisers
lehnte, erkannte Jacob erst, als er sich umwandte. Donnersmarck. Er hatte
Jacob auf drei Expeditionen für die Kaiserin begleitet. Zwei davon

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