Funkelnde Leidenschaft
geglaubt, Hazard würde noch leben.
»Das ist nicht wahr«, wisperte sie.
»Doch.«
»Nein! Er lebt! Er muß leben.« Wie rasend schlug Blazes Herz gegen die Rippen. An ihren Händen klebte kalter Schweiß.
»Tot und begraben – in der verschütteten Mine.«
»Nein, nein, nein!« Sie zog sich das Kissen über den Kopf, um der kühlen, gleichgültigen Stimme zu entrinnen. Aber jedes einzelne Wort gellte immer noch in ihren Ohren. Ein wildes Schluchzen erschütterte ihren ganzen Körper. Hazard, ihr Leben, war – tot. Dann bin ich auch tot, dachte Blaze in tiefster Verzweiflung.
Zwei Tage verstrichen, und sie fühlte sich außerstande, das Bett zu verlassen. In ihre Decke gehüllt, betrauerte sie ihren Verlust. Inzwischen waren die Tränen versiegt. Doch der Schmerz wuchs mit jeder Minute.
Am Nachmittag des zweiten Tages war sie an Leib und Seele so geschwächt, daß sie sich bereit erklärte, die Leiche des Vaters nach Boston zu begleiten. Mit ihrer Mutter und Yancy wollte sie nicht reden, aber Hannah erinnerte sie an die Pflicht, die sie erfüllen mußte, um das Andenken ihres Papas zu ehren.
»Also, gut, Hannah«, stimmte Blaze zu. »Nach dem Begräbnis fahre ich hierher zurück.« Das Kind sollte an jenem Ort geboren werden, wo auch Hazard das Licht der Welt erblickt hatte. Das erwähnte sie nicht, aber die alte Zofe verstand Blazes Trauer um den geliebten Mann.
»Ja, dies ist ein schönes Land. Aber nun werden Sie erst einmal nach Hause reisen.«
»Hier bin ich zu Hause.«
Während sie die Stadt verließ, begann Hazard im trüben Licht der Kerzen, die er nur sparsam verwendete, den Grünstein an der Decke des Ostschachts zu zerhacken, immer noch von Schwindelgefühlen geplagt. Aus zwei Brettern einer alten Sprengstoffkiste und einem Lederstreifen seiner Hose hatte er eine Schiene für den verletzten Arm hergestellt, der bedrohlich anschwoll. Dafür hatte er einen halben Tag gebraucht, weil er mehrmals in Ohnmacht gefallen war. Jede Bewegung schmerzte höllisch. Trotzdem mußte er sich so schnell wie möglich einen Weg ins Freie bahnen, denn er hatte nichts zu essen und konnte nur Wassertropfen trinken, die an den Felswänden herabrannen. Außerdem schwanden seine Kräfte zusehends. Ehe er endgültig zusammenbrach, mußte er hinaus – zu Blaze, zu seinem ungeborenen Kind. Oder er würde sterben, während er sich und sie zu retten versuchte.
Still und in sich gekehrt stieg Blaze in die Überlandkutsche, ein Schatten ihrer selbst. Aber während der Fahrt regten sich ihre Lebensgeister. Kalter Zorn und Entschlossenheit stiegen in ihr auf. Und als sie im Schlafwagen des Zugs lag, erklärte sie: »Nein, sie werden nicht gewinnen.«
»Das ist mein Mädchen«, erwiderte Hannah lächelnd und strich ihr übers Haar. »Sicher würde es Ihrem Papa nicht gefallen, wenn dieser Abschaum, der Ihre Mutter umgarnt hat, das ganze Geld bekäme.«
»Keine Bange, das wird nicht geschehen. Ich bin die Alleinerbin.«
Wie gern hätte sie Hazard und seinem Clan mit diesem Geld geholfen … Doch dafür war es zu spät. Neue Tränen brannten in ihren Augen.
»Nun, das wird Mrs. Braddock überraschen«, meinte Hannah, die Blazes Gedanken erriet und sie von ihrem Kummer ablenken wollte.
»Jetzt spielt es ohnehin keine Rolle mehr«, entgegnete Blaze tonlos.
»O doch, für das Baby, nicht wahr?«
Abrupt richtete sich Blaze auf. »Wieso wissen Sie das?«
»Was für eine alberne Frage! Wo ich Sie doch neunzehn Jahre lang an- und ausgezogen habe!«
»Glauben Sie, die beiden haben's auch gemerkt?« flüsterte Blaze und zeigte zum Salonwagen hinüber.
»Noch nicht. Aber die Natur wird Ihr Geheimnis bald verraten, mein Mädchen. Und deshalb müssen Sie kämpfen, damit Ihr Kind mit dem silbernen Löffel im Mund geboren wird, der ihm zusteht.«
»Also werden sie versuchen …«
»So sicher, wie die Sonne jeden Tag aufgeht.«
»Wahrscheinlich wollen sie behaupten, ich sei nicht verheiratet, und mein uneheliches Kind habe keine Rechte«, bemerkte Blaze nachdenklich und strich über die irischen Spitzen ihrer Bettdecke.
»Damit müssen Sie rechnen.«
»Aber ich kann selbst bestimmen, wer eines Tages mein Geld erben soll.«
»Wie auch immer, Sie müssen klug und umsichtig handeln, Miss Venetia.«
»Es ist wohl am besten, wenn ich mein Testament mache. Sofort! Gibt's hier irgendwo Papier? Und eine Feder?« Zum ersten Mal seit zehn Tagen schenkte Blaze ihrer Zofe ein Lächeln. »Beeilen Sie sich, Hannah! Und holen Sie Cookie
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