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funny girl

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Titel: funny girl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony McCarten
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nun schon wieder Historie war. Als sie fertig war, sah sie Deniz mit solcher Intensität in die Augen, dass der fragte: »Was?«
    »Ich will, dass du mein Manager wirst.«
    »Schwester, ich bin dein Manager – wieso fragst du?«
    »Weil diesmal ich es dir sage und nicht du mir.«
    »Dann bin ich dabei. Manager. Hast du mit Dorfman über Geld geredet?«
    Sie hatte ganz vergessen, ihm von dem geplanten Auftritt im O2 zu erzählen. Deniz war völlig aus dem Häuschen. Hielt sich die Hände an den Kopf. Sprang in der Wohnung umher. Am Ende stand er oben auf seinem Thron.
    »Unglaublich, Mann. Schwester, O2, das ist das Größte. Ein Auftritt da, und du hast’s geschafft. Weißt du schon, was du bringen wirst? Heilige Scheiße. Also wenn du mich fragst, nichts zu Gewagtes, nicht zu sehr provozieren beim ersten Mal. Wie du aussiehst, das provoziert ja schon genug, oder? Sorg dafür, dass die Leute dich mögen. Mehr brauchst du nicht, glaub mir. Da ist weniger viel mehr.«
    Deniz, derselbe Deniz, dem die Polizei Schutz verweigert hatte, den keiner ernst genommen, den sie als armen Irren nach Hause geschickt hatten, strahlte glücklich. Wenn er schon selbst kein Star wurde, war er doch zumindest der Beinahe-Bruder und unzweifelhaft Manager von jemandem, der bald ein Star sein würde.
    Zeki schlug zu. Dann schlug Azime zu. Zeki war mit Abstand der agilere Kämpfer, doch es war Azime, die mit ihren kurzen, zielgenauen Schlägen mehr Treffer landete. Schließlich ging Zeki zu Boden.
    Sie standen vor dem Fernseher, auf dessen Schirm ihre Avatare hüpften, und Zeki forderte Revanche. Seine Schwester war einverstanden.
    Wieder, hüpfte, tänzelte, taktierte Zeki, duckte sich. Er beherrschte den Ali-Shuffle. Arbeitete mit komplexen Kombinationen. Azime hingegen baute einen dichten Verteidigungswall auf, und gerade indem sie sich kaum von der Stelle bewegte, wehrte sie fast all seine Schläge ab. Geduckt, mit leicht gebeugten Knien, hielt sie die beiden Controller umklammert und schickte jedem ihrer Schläge einen scharfen Atemstoß voraus, schlug gezielt zu, entlockte der synthetischen Zuschauerschar Begeisterungsrufe bei jedem Treffer. Noch eine kleine Salve von ihr, und Zekis Mann lag zum zweiten Mal auf der Matte – Sterne, Zeichen des K.   O. s, drehten sich im Uhrzeigersinn über dem bewusstlosen Boxer.
    »Das gibt’s doch nicht!«, rief Zeki. »Wahrscheinlich ist mit meinem Steuergerät was nicht in Ordnung.«
    »Hey, gestern habe ich was gegoogelt. Weißt du, was im Koran über Ehefrauen steht?«
    »Komm, noch ein Spiel. Wir probieren’s noch mal.«
    »Viertes Kapitel, vierunddreißigste Sure. ›Doch jene Frauen, von welchen du Unbotmäßigkeit fürchtest… ermahne sie zuerst… und wenn sie nicht nachgeben, missachte sie im Bett… und als Letztes schlage sie.‹«
    Doch Zeki, der mit seiner Fernbedienung ein neues Spiel in Gang brachte, korrigierte sie. »Nein. Es heißt: ›Versetze ihnen einen Klaps.‹ Da steht nichts von Schlagen. Das wird immer falsch zitiert. In der Koranschule lernen wir das genau. In der Moschee, beim Imam. Der Prophet wollte nie, dass Frauen geschlagen werden. Er sagte: ›Schlage nie die Dienerinnen Allahs.‹ So, diesmal nehm ich aber keine Rücksicht drauf, dass du ein Mädchen bist, klar?«
    Ihr Bruder, der Theologe. Machte sich mit den alten Texten vertraut, versuchte, eine Weltanschauung für sich zu finden, eine neue Sicht der Dinge, die anderen nützlich sein konnte, und Zeki Gevaş auch. »Komm, noch eine Runde. Drück auf Start. Diesmal bist du dran.«
    Azime wiederholte: »› Schlage nie die Dienerinnen Allahs!‹«
    »Drück auf Start. Der linke Knopf.«
    Sie drückte. Wieder standen sich zwei Kontrahenten gegenüber, ließen die Fäuste kreisen, warteten auf die Glocke, die das Spiel einläutete. »Danke. Dass du mir hilfst.«
    »Wir sind doch Familie.«
    Die Glocke erklang: Zekis Boxer sprang vor. Man konnte die Fäuste gar nicht mehr sehen, mit solchem Tempo attackierte er sie, bis sie, außerstande, sich zu verteidigen, nur noch lachen konnte, und ihr eigenes Kreischen ging unter in der Hysterie der begeisterten Masse.
    Wenn Azime das Geheimnis um den Tod ihrer Freundin aus dem Kopf bekommen wollte, dann konnte sie es nicht mehr länger hinausschieben. Die Wahrheit. Sie musste die Wahrheit herausfinden. Oder sich wenigstens die Version des Vaters des toten Mädchens anhören.
    Deniz fuhr. Er war noch weniger begeistert von diesem Ausflug als sie und sprach, was sonst

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