funny girl
überhaupt nicht seine Art war, auf der ganzen Fahrt kein einziges Wort. Sie parkten den Wagen und nahmen den Aufzug. Achter Stock. Der Aufzug ächzte und stöhnte; auch er wollte nicht gern hinauf, doch schließlich gingen die Türen mit einem Japsen auf.
Endlich brach Deniz sein Schweigen. »Warum lasse ich mich von dir immer wieder in solche Sachen reinreiten?«
»Weil du verrückt bist. Genau wie ich.«
Während Deniz sich ans Ende des Flurs drückte, wo neben den Aufzugstüren die gewundene Treppe in bodenlose Tiefen führte, ging Azime allein weiter. An der Wohnung 811 blieb sie stehen. Eine armselige Tür, von der die Farbe abblätterte. Keine Klingel, kein Klopfer, nur die Nummer und ein Spion. Sie richtete sich auf, atmete tief durch, dann klopfte sie mit pochendem Herzen zweimal an die hohle Tür.
Sie wartete. Hörte, wie sich drinnen etwas regte. Schritte näherten sich der Tür. Doch niemand machte ihr auf. Sie wartete. Dann klopfte sie noch einmal, packte die Handtasche fester, in der das Tagebuch ihrer Freundin steckte. Als sie zum Flurende blickte, sah sie, wie Deniz fragend den Kopf hervorsteckte. Sie gab ihm Zeichen, er solle zurückbleiben, sich nicht sehen lassen. Er gehorchte, verschwand wieder. Doch noch immer öffnete niemand die Tür. Deniz kam wieder hervor. Sie zuckte mit den Schultern.
Sie ging wieder den Gang hinunter. Sollte sie einen Zettel dalassen? Waren die Schritte drinnen Omos Schritte gewesen? Hatte er durch den Spion geschaut und beschlossen, dass er ihr doch nicht die Wahrheit sagen wollte? Sie kehrte zurück zu Deniz.
»Nichts. Drei Uhr war abgemacht. Es ist zehn nach.«
»Er ist nicht da? Ein Glück. Heilfroh. Jetzt lass uns abhauen. Komm. Lass uns sehen, dass wir hier rauskommen.«
Doch Azime war am großen Flurfenster stehen geblieben und sah acht Stockwerke in die Tiefe. »Aber ich hab da drin was gehört – Achtung! Da kommt er.« Ganz unten ging ein Mann diagonal über den Vorplatz: gebückt, geschäftig, im Mantel. Die beginnende Glatze, der kurze, stämmige Körper – sie war überzeugt, das war der Vater des toten Mädchens, der eben nach Hause kam. »Da ist er. Er kommt hoch. Wir sollten hier warten.«
Deniz war ganz zappelig vor Aufregung und wollte nichts davon hören. »Komm, wir nehmen die Treppe nach unten. Das war eine Schnapsidee. Azi, der Kerl ist ein Killer. Komm schon. Die Treppe. Wir lassen das bleiben!« Deniz trat durch die offene Tür ins Treppenhaus und winkte sie mit einer hastigen Bewegung herüber. Doch gerade, als sie ihm folgen wollte – auch ihr schwand der Mut –, hörten sie, wie tief unten eine Tür geöffnet wurde, und der Klang schneller Schritte hallte herauf. Jemand nahm eilig die Treppe nach oben. Deniz und Azime sahen sich an, und in jedem Gesicht spiegelte sich der Schrecken des anderen. Der Alte hatte die Treppe genommen.
»Der Aufzug, Azi!«
Diesmal widersprach Azime nicht. Also gingen sie wieder hinaus auf den Flur, und mit ungeduldigem Zeigefinger drückte Deniz viermal den Knopf des entsetzlich langsamen Lifts. Sie standen und horchten, während die Schritte im Treppenhaus immer lauter wurden und die Aufzugsmaschine ächzte. Beide starrten auf den leuchtenden, nach unten gerichteten Pfeil, dessen Erlöschen die Ankunft des rettenden Aufzugs verkünden würde, und die Schritte im Treppenhaus wurden noch lauter, Stockwerk um Stockwerk, Mann und Aufzug in einem Wettlauf, bei dem der Sieger eigentlich hätte feststehen sollen.
»Was ist denn nur mit diesem Scheißlift?«
»Hält wahrscheinlich in jedem Stockwerk.«
»Wozu nimmt der Mann dann die Treppe?«
»Sieht aus, als wär’s schneller.«
Da streckte Deniz die Hand aus und drückte Azimes Arm, weniger um ihr, als um sich selbst Mut zu machen. »In meiner Familie sterben alle an Herzinfarkt. Komm, wir verstecken uns.«
»Wo?«
Deniz sah sich um. Der Flur endete vor einer Wand.
»Warte, da ist er.«
Jetzt endlich gingen die Aufzugstüren auf.
Und da stand der Vater des toten Mädchens.
Er starrte sie an, und im Treppenhaus waren die Schritte des geheimnisvollen Treppensteigers ganz nah und verhallten dann auf einem anderen Flur.
»Schön, dass du gekommen bist«, sagte Omo. »Und du hast sogar einen Freund mitgebracht. Gut. Wie heißt du?«
Omo streckte Deniz die Hand entgegen, und der schüttelte sie. »Deniz.«
»Kommt mit in meine Wohnung. Je mehr Leute die Geschichte hören, desto besser. Meine Frau hat Tee gekocht. Kommt mit.«
Er schloss die
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