funny girl
Show tritt alles auf, was Rang und Namen hat. Superstars. Eddie Izzard ist dabei, wenn der Blödmann seinen neuesten Fernsehdreh rechtzeitig fertig kriegt. Ich finde, du passt da wunderbar ins Programm. Immer gut, wenn man eine Überraschungsnummer hat, etwas, was die Leute nicht kennen, nicht erwarten.« Er wühlte in den Stapeln auf seinem Schreibtisch und hielt den Guardian -Artikel mit dem Bild von ihr in der Burka in die Höhe. »Und dich erwarten sie nicht.«
Manny griff zum erstbesten Telefon und schaute gleichzeitig auf sein Handy. »Übrigens, das gefällt mir, wofür du stehst. Wir sorgen dafür, dass du die Gelegenheit für mehr bekommst. Göttlich, diese Burka. Weiter so. Großartig. Absoluuu– (ins Telefon) Marcie? Manny. Doch, ich lebe noch. Vorübergehend, also machen wir’s kurz. Ich habe Azime hier bei mir. Azime. Einfach nur Azime. Ich weiß verdammt noch mal nicht… A-Z-I-M-E . Das ist Türkisch.«
»Kurdisch«, präzisierte Azime.
»Kurdisch… die hassen die Türken. Jedenfalls ist sie phantastisch. Weltweit einzige muslimische Bühnenkomikerin seit der Erschaffung der Welt – wie klingt das? Sie ist phantastisch. Scheiß drauf. Du nimmst diese Frau in dein Programm im O2. Ja, auch wenn ich tot bin. Gerade wenn ich tot bin. Wenn ich tot bin und dahinterkomme, dass du sie nicht für diesen zweitklassigen Wohltätigkeitsrummel mit lauter abgetakelten Knallchargen gebucht hast, dann bleibt dir keine Zeit mehr zu überlegen, wo wohl das ganze Pech, das du dann haben wirst, herkommt. Ich habe vor, vom Jenseits aus sehr aktiv zu sein.« Er bedeckte die Sprechmuschel mit der Hand und flüsterte Azime zu: »Keine Sorge, das geht in Ordnung.« Wieder ins Telefon: »Was soll das heißen, gefährlich? Warte, ich frag mal nach.«Zu Azime: »Bist du gefährlich? Marcie meint, du bist gefährlich.«
»Ich habe mir gerade einen Gürtel mit Witzen umgeschnallt.«
»Sie sagt, sie hat sich gerade einen Gürtel mit Witzen umgeschnallt. Marcie, du solltest dir wünschen, dass sie gefährlich ist. – Was? Das kann ich dir sagen, wie ein Jude dazu kommt, eine Muslimin zu promoten – ich will noch Frieden im Nahen Osten sehen, bevor ich sterbe. Was geht dich das an? Okay? Erst machen wir den Auftritt hier, dann arbeiten wir die Zweistaatenlösung aus. Wir beide kriegen das hin, mehr brauchst du nicht zu wissen. Ich werde der erste Comedy-Promoter, der den Friedensnobelpreis bekommt, und du fickst dich ins Knie. Ich dich auch, du Schmock.«
Manny legte auf und grinste Azime an: »Du bist dabei. Denke ich. Keine Sorge, Marcie ist in Ordnung. Neunzig Pfund Ehrgeiz und in der Mitte eine Vagina, aber sie ist toll. Warst du schon mal im O2? Zu einem Rockkonzert vielleicht? Wenn das voll ist, bei einer Comedy-Show zum Beispiel, dann ist es wie ein Fußballstadion voll mit intelligenten Leuten. Du kriegst eine Scheißangst. Mach dich bereit, Schatz, das ist die erste Liga. Bist du bereit?«
Es wurde Zeit, dass sie diesem alten Profi von den Todesdrohungen erzählte, dachte Azime. Vielleicht konnte er ihr einen Rat geben.
Manny hörte zu, äußerlich unbeeindruckt. »Das gehört heutzutage dazu, wenn man berühmt ist. Auf jeden Star kommen zehn Klugscheißer. Hast du eine Ahnung, wie viele Leute jetzt in diesem Augenblick Eddie Izzard umbringen wollen? Nur weil er in Frauenkleidern auftritt? Es ist lächerlich. Nimm es als Kompliment. Ich habe nie einen Komiker verloren, da fange ich jetzt nicht noch damit an.«
Azime fuhr mit der U-Bahn zurück nach Green Lanes. Tauchte aus dem muffigen Untergrund wieder auf und ging im trüb orangefarbenen Kohlenmonoxid-Sonnenuntergang durch die Straßen, die nicht einmal die Anwohner lieben konnten, zu Deniz’ Wohnung, wo sie im Gegenstück zu seinem Imperatorsessel saß und ihren Freund um Hilfe bat.
Er servierte Tee in filigranverzierten Gläsern (schmutzig). Während brauner Kandis in dem dampfenden Wasser schmolz, erzählte sie ihm von den Ereignissen der vergangenen Tage, in umgekehrter Reihenfolge. Sie begann mit Manny Dorfman und arbeitete sich von dort zurück. Sie ließ nichts aus – dass ihre Familie nun endlich hinter ihr stehe, sogar Schutz angeboten habe, die DVD des toten Mädchens und all das Grässliche, was damit ans Tageslicht gekommen war. Dann alles über Banu, die Versöhnung mit ihrem Mann, dem sie seine Gewalttätigkeit verziehen hatte. Zum Schluss erzählte sie ihm sogar alles über ihr hoffnungsloses Liebesleben: die kurze Begegnung mit Emin, die
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