Furchtbar lieb
Geräusch, nur das Tropfen eines Wasserhahns, der eine neue Dichtung brauchte, das entfernte Summen der Menschenmenge, die draußen im Park zusammenkam, und das Atmen zweier Menschen.
Sie hob sie hoch und hielt sie in der Hand. Sie war schwerer, als sie vermutet hatte.
Mikes Augen wurden starr. Er hatte nicht gedacht, dass sie die Waffe nehmen werde.
Dann stand Sarah plötzlich auf und streckte ihren Arm aus. Die Waffe hielt sie fest in der Hand, nur wenige Zentimeter von Mikes Gesicht entfernt.
Sie legte ihren Finger auf den Abzug und beobachtete sich selbst, als sie leichten Druck darauf ausübte. Aber ihre Hand begann zu zittern. Zuerst war es nur ein leichtes Zittern, dann waren es große, unfreiwillige Stöße, wie bei einem epileptischen Anfall. Sie schloss die Augen, um sich zu konzentrieren, und fühlte Haut. Warme, sanfte Haut. Als sie die Augen öffnete, sah sie, dass Mikes Hand auf ihrer lag. Er sah sie an.
Sie erwiderte den Blick dieser Augen, die feucht und mitfühlend waren; Augen, die sie liebten.
Mike half ihr, den Revolver wieder hinzulegen. Seine Hand ruhte für einen Moment auf ihrer. Beide hielten sie die Waffe auf der Arbeitsfläche umklammert, und dann entfernte er gelassen seine Hand. Er nahm drei dicke, rosafarbene Marshmallows aus einem Glas und ließ sie in die dampfende Milch plumpsen.
Sarah sah zu, wie die Marshmallows schmolzen. Dann blickte sie hoch. Sie sah sein markant attraktives Gesicht und seine entspannte Körperhaltung. Er hatte jetzt wieder seine honigsüße Raspelstimme, die sie so sehr liebte.
»Warum wolltest du mich nicht mehr?«, fragte sie.
»Bitte?«
»Warum wolltest du mich nicht? Was habe ich falsch gemacht?«
»Ich bin ein kranker Mann, Sarah. Ich hasse das, was ich mache. Ich möchte mich so gern ändern«, sagte Mike und berührte die Waffe auf dem Tresen. »Manchmal möchte ich mich umbringen. Es beenden. Wäre das nicht eine gute Idee? Den Schmerz zu beenden? Frei zu sein von allen Sorgen und all der Schuld? Aber ich bin nicht mutig genug.«
Mike berührte sanft Sarahs Hand.
Sarah sah bedürftig und verzweifelt zu ihm hoch. Sie sagte: »Ich habe meiner Freundin nicht geholfen. Ich habe Krissie nicht geholfen.«
»Sarah, du warst fünf …«
»Sechs.«
»Du warst sechs Jahre alt. Ein Kind. Du warst in einem Raum eingeschlossen und hättest nichts tun können. Ich denke sogar, dass du sehr mutig warst, ein sehr mutiges Mädchen. Ich bin nicht so mutig.« Wieder deutete Mike auf den Revolver.
Sarah begann zu schluchzen, und Mike setzte sich neben sie an den Frühstückstresen und nahm sie in den Arm.
»Ist schon gut, alles wird gut. Du bist immer mutig gewesen, Sarah, das ist es, was ich an dir liebe.«
Sie durchnässte sein Hemd mit ihren Tränen und nahm die Wärme seines Körper und die Freundlichkeit seiner Arme in sich auf.
Nachdem sie zu weinen aufgehört hatte, nahm er ihr Kinn in seine Hände und flüsterte: »Sarah, Liebling, ich bringe jetzt Robbie ins Schlafzimmer, wo er sicher ist, und dann werde ich gehen. In Ordnung? In einer Stunde werde ich beim Sozialdienst anrufen und denen sagen, dass er hier ist, damit ihm nichts passiert. Dann ist alles in Ordnung.«
»In Ordnung«, sagte Sarah.
Mike gab ihr die Waffe. »Sei ein gutes Mädchen und bring die ins Badezimmer.«
Sarah tat, wie ihr geheißen. Sie ging ins Badezimmer und setzte sich auf den kalten Kachelboden. Mike schloss die Tür nicht wie früher von außen ab, und sie fragte sich, warum. Sie hörte, dass Mike in der Küche ein paar Sachenzusammenpackte. Sie spielte mit der Waffe, mit ihrer Zukunft, und dann hörte sie, wie Mike ins Schlafzimmer ging. Sie öffnete die Tür ein wenig und spähte durch den Spalt.
Robbie schlief endlich. Er hatte nichts als seine Windel an.
Mike verstaute seine Videos in einem Koffer – ordentlich und in der richtigen Reihenfolge. Er fuhr den Computer herunter, überlegte einen Augenblick, betrachtete das neun Monate alte Baby vor sich auf dem Bett, und dann hatte er einen Einfall.
Währung.
Es war geschmacklos, aber Perverse würden für Bilder von dem hier alles tun, ihm alles geben. Ein oder zwei Aufnahmesessions, und er hätte monatelang genug Material für seine Zielgruppe.
Er setzte sich neben Robbie auf das Bett und legte ihn auf die Mitte der Flickendecke.
Er knipste das Licht an und schaltete die Videokamera ein, die immer noch auf ihrem Stativ in der Ecke aufgebaut war. Dann nahm er seine kleine, silberne Digitalkamera aus ihrer
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