Furchtbar lieb
mit seinen Anekdoten.
Chas wusste jetzt, dass er begehrenswert war. In den letzten drei Jahre waren ständig Frauen hinter ihm her gewesen. An welchen Ort er auch ging, immer war da eine Frau, die ihn begehrte. Er hatte nur selten widerstanden, denn er mochte Sex mehr als beinahe alles andere, aber er hatte sich nie länger als ein oder zwei Wochen auf etwas eingelassen. Er sei verliebt, hatte er ihnen erzählt, einer nach der anderen, und die Freude in ihren Gesichtern war einem Ausdruck der Enttäuschung gewichen, als er ihnen gestand, das er nicht in sie verliebt sei, sondern in eine tolle Frau namens Krissie, daheim in Glasgow.
Nachdem er seine neue Wohnung geputzt, seine neue Bettwäsche gebügelt und das Porträt von Krissie aufgehängthatte, über das er weinen musste, als er es in Pokhara gemalt hatte, stand Chas in seinen besten schick-legeren Klamotten (Firetrap-Jeans und graugrünes Billabong-T-Shirt) vor Krissies Wohnung. Er hatte Blumen und Pralinen dabei, und er hatte eine Ansprache vorbereitet.
»Krissie Donald, ich liebe dich, seit du in Goa mit den Händen gegessen hast. Du bist wundervoll und schlau und lustig und schön und bezaubernd, und ich möchte den Rest des Tages mit dir verbringen.«
Er hoffte, sie würde daraufhin »Tages?« fragen.
Und dann würde er sagen: »Na gut, dann Lebens. Ich möchte den Rest meines Lebens mit dir verbringen.«
Er klingelte noch einmal und überarbeitete seine Ansprache. Zu viele Adjektive. Er strich »wundervoll« und tauschte »schlau« gegen »intelligent« sowie »schön« gegen »hinreißend«; dann nahm er »wundervoll« wieder hinzu und strich »hinreißend«. Er begann außerdem, den grauen Teil seines graugrünen T-Shirts nasszuschwitzen, und er fragte sich, ob er seine Unterarme mit dem Seidenpapier abwischen solle, in das die Lilien eingepackt waren.
Er riss gerade ein Stück Seidenpapier ab, als die Tür endlich geöffnet wurde.
Er nahm einen tiefen Atemzug.
Aber es war nicht Krissie. Es war ein riesiger, haariger, halbnackter, braunäugiger Adonis.
»Scheiße.«
Ja, er hatte das laut gesagt.
»Danke, gleichfalls«, sagte Adonis.
»Entschuldigung.«
»Sind die für mich?« Verdammt, Adonis war nicht nur ein griechischer Gott, sondern auch noch ein Witzbold.
»Nein.«
In der nun eintretenden Pause beobachtete der Typ, wie die Tränen sich hinter Chas’ traurigen Augen sammelten.
»Du willst zu Krissie.«
»Wollte ich.«
»Hör zu«, flüsterte Adonis. »Reg dich nicht auf. Es ist nichts Ernstes. Ich bin verheiratet. Wenn du sie willst, kannst du sie haben, aber warte ein Weilchen, bis ich es ihr gesagt habe.«
Ehe sich Chas die Hand an dem backsteinharten Brustkorb von Adonis brechen konnte, tauchte Krissie hinter ihm auf.
»Chas!« Sie packte und umarmte ihn. Dann sah sie die Blumen und Pralinen.
»Die sind für dich – ein Willkommensgruß«, sagte er.
»Danke!«, sagte sie und nahm sie, ohne auch nur einen Augenblick zu ahnen, dass sie eigentlich den Beginn echten Glücks ankündigen sollten.
»Komm rein! Wie ist es dir ergangen? Erzähl mir alles! Warum hast du nicht geschrieben?«
Chas bestand darauf, nicht hereinzukommen, und sie sprachen verlegen in der Tür, während Adonis seinen fantastischen Hintern ins Badezimmer schwenkte.
»Er ist die Liebe meines Lebens«, sagte Krissie. »So etwas habe ich noch nie zuvor empfunden. Hast du diesen Hintern gesehen?«
»Ich muss gehen«, sagte Chas.
»He, du Muffkopp«, protestierte Krissie, als er ging. »Komm zurück und trink einen Kaffee. Chas! Los, komm her.«
»Ein anderes Mal.«
Chas wäre nicht ins Gefängnis gekommen, wenn er an jenem Abend nicht auf seinen Neffen aufgepasst hätte. Der kleine Joey konnte nicht einschlafen, und so lagen sie zusammen auf dem Sofa und sahen sich Unmengen dröhnend langweiliger Kindersendungen an. Eine der Sendungen hieß »Der Bücherwurm«, und darin kamen eine reisende Bibliothek, ein großer sprechender/fahrender Wurm und Dutzende singender Kinder an verschiedenen Schauplätzen des Vereinigten Königreichs vor. Chas und sein Neffe schliefen fast schon, als der Abspann lief und der Name des Produzenten – Mike Tetherton – den Bildschirm füllte.
Chas rief Anna an, und sie riefen die Polizei an und warteten tagelang, bis sie erfuhren, dass man nichts unternehmenkonnte. Mr. Tetherton arbeite nicht mehr mit Kindern, da die Sendung nicht verlängert worden war, und er sei kein registrierter Sexualstraftäter.
Am folgenden Abend war
Weitere Kostenlose Bücher