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Furchtbar lieb

Furchtbar lieb

Titel: Furchtbar lieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helen FitzGerald
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ruhig und klar und vernünftig geblieben, obwohl es die schlimmste Fraktur war, die der Arzt im Krankenhaus von Stirling jemals gesehen hatte. Ich habe nie den ganzen Wirbel um Regelschmerzen verstanden. Andere Frauen kamen mir immer wie Waschlappen vor. Und ich fand regelmäßig blaue Flecken auf meinen Beinen und hatte keine Ahnung, wo die herkamen. Alles sichere Anzeichen dafür, dass ich über eine übermenschliche Schmerztoleranz verfügte.
    Aber das unregelmäßige Bauchstechen wurde zu einem regelmäßigen Bauchschmerz, und der regelmäßige Bauchschmerz wurde zu unaufhörlichen, qualvollen Krämpfen, und die unaufhörlichen, qualvollen Krämpfe wurden zu einem erderschütternden, unfassbaren Hämmern, das mich dazu brachte, mich und/oder andere umbringen zu wollen.
    Es war höchste Zeit, ins Krankenhaus zu fahren.
    Ich verstehe, warum manche Leute sagen, dass man die Schmerzen des Gebärens vergisst, und dass alles nicht so schlimm ist, und dass der kleine Wonneproppen, den man im Arm hält, letztendlich das Einzige ist, was zählt.
    Sie sagen das, weil sie gottverdammte Lügner sind.
    Ich werde nie vergessen, wie mir eine Lernschwester ein riesiges Paar Stricknadeln einführte, weil sie sich nicht sicher war, ob sie meinen Muttermund fühlen könne – ganz zu schweigen davon, dass sie ihn hätte öffnen können, um dasFruchtwasser abfließen zu lassen. Ich werde nie vergessen, wie mich diverse Fäuste während der nächsten vierzehn Stunden »untersuchten«. Ich werde nie vergessen, wie sich ein riesiges Salatbesteck irgendwie seinen Weg in mich bahnte und so heftig an mir zerrte, dass mein Bett durch das Zimmer flog. Und ich werde nie vergessen, wie man mich nach alldem, während Sarah ständig dafür gesorgt hatte, dass mein Geburtsplan haarklein befolgt wurde, eilends in den OP fuhr, weil meine Plazenta ganz zufrieden damit war, sich nicht vom Fleck zu rühren. Na, besten Dank.
    Vergessen habe ich hingegen, wie Robbie aussah, als er aus mir herauskam. Ich erinnere mich nicht mehr daran. Und als ich aus dem Operationssaal zurückkam, fragte ich nicht, wo er sei. Und als ich in jener Nacht schlief, hörte ich ihn nicht weinen. Und als ich am nächsten Morgen aufwachte und ihn mir jemand auf den Bauch legte, und als sein Mund zu meiner Brustwarze fand, da vergaß ich nicht den Schmerz der Wehen, und ich hatte auch nicht das Gefühl, einen Wonneproppen im Arm zu halten.
    Ich hatte das Gefühl, dass ein Außerirdischer an meiner Titte nuckelte.

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    Kapitel fünf
    Sarah starrte Krissie mit einer Mischung aus Ehrfurcht und Furcht an. Sie konnte nicht fassen, dass Krissie es tatsächlich geschafft hatte. Krissie hatte ein Kind, das jetzt in dem Kinderbett neben ihr weinte. Krissie selbst lag auf dem Rücken und starrte die Decke an. Die untere Hälfte ihres Krankenhausnachthemdes war blutverschmiert. Es überraschte Sarah, dass die Krankenschwestern ihr nicht geholfen hatten, ihre Würde zu bewahren. Obwohl gerade sie doch wusste, wie es unter Krankenschwestern zuging.
    Krissies Gesicht war leichenblass und von geisterhafter Leere. Sie schien weder zu bemerken, dass das Baby weinte, noch dass Sarah sich verwirrt über sie beugte.
    »Krissie! Gratulation. Altes Haus. Kriss«, sagte Sarah und küsste sie auf die Stirn. Sie legte Blumen und Zeitschriften auf den Nachttisch, stellte Fruchtsaft dazu und setzte sich.
    »Er sieht aus wie Mike Tyson«, sagte Krissie nach einer Weile mit untypisch matter Stimme.
    Sarah musste einräumen, dass er tatsächlich ein bisschen ramponiert wirkte. Die Geburtszange hatte ihn anscheinend an den Schläfen herausgezogen und auf beiden Seiten Quetschungen und blaue Flecken hinterlassen. Auch sein Auge hatte bei dem Versuch, die Zange anzusetzen, einen Kratzer abgekriegt, und über sein linkes Augenlid verlief ein kleiner Schnitt.
    Als Sarah Robbie hochhob und er sie, immer noch weinend, mit winzigen, durchdringend dunklen Augen ansah, da hatte sie das Gefühl, dass er direkt durch sie hindurch sähe. Ein Schauder durchlief sie. Sie weinte. Und sobald sie weinte, hörteRobbie auf zu weinen. Hörte einfach auf und sah sie an, als wolle er sagen: »Ist ja gut, ist ja gut. Jetzt bin ich ja da.«
    Es heißt, dass man sich zum ersten Mal wirklich verliebt, wenn man ein Baby hat. Dass man vor Hingabe ganz atemlos und völlig außer Gefecht gesetzt ist. Dieses Gefühl – eine überwältigende Ruhe und Wärme, ein kribbelndes, fast schmerzliches Empfinden der Erfüllung – hätte

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