Furchtlos
eines großen Helden. Wenn der Eindruck entsteht, Ihnen fehle es an dem Willen, sich dem Feind zu stellen, dann gibt das nur den Gerüchten zusätzliche Nahrung, dass Ihre Seele Ihren Körper verlassen hat.«
»Zum Teufel.« Mit beiden Händen rieb sich Geary übers Gesicht. So sehr er es auch hasste, für eine Legende gehalten zu werden, schien es keine Spur besser zu sein, wenn man ihn als seelenlosen Zombie bezeichnete. Zumal ein solches Etikett seiner Kommandofähigkeit ernsthaften Schaden zufügen konnte. »Widerspricht jemand diesen Gerüchten?«
»Selbstverständlich, Sir. Aber Widerworte von jemandem wie mir bewirken nichts bei den Leuten, die an Ihnen zweifeln. Diejenigen, die in der Lage sind, ihre Meinung zu ändern, warten auf Taten von Ihnen.«
Wieder hob er aufgebracht die Hände hoch. »Ich kann das nicht prinzipiell abtun, nicht wahr? Ich werde Sie nicht fragen, wer diese Gerüchte verbreitet, weil Sie es mir bestimmt nicht sagen werden. Captain Duellos, ich habe dieses Kommando übernommen, um die Flotte nach Hause zu bringen. Wenn mir das gelingt, ohne mich in schwere Raumschlachten verstricken zu lassen, dann wird das bedeuten, dass ich es geschafft habe, ohne ein weiteres Schiff zu verlieren.«
Sekundenlang betrachtete Duellos ihn. »Captain Geary, die Flotte nach Hause zu bringen, kann nicht der Selbstzweck sein. Ich will nicht abstreiten, dass es von großer Wichtigkeit ist, doch diese Flotte existiert, um zu kämpfen. Die Syndiks müssen geschlagen werden, wenn dieser Krieg ein Ende nehmen soll. Jeder Verlust, den wir ihnen auf unserem Heimweg zufügen können, wird für die Allianz von Nutzen sein. Und früher oder später wird sich diese Flotte wieder den Syndiks stellen müssen.«
Geary stand da, den Kopf voll finsterer Gedanken, und schließlich nickte er bedächtig. »Ich verstehe.«
»Es ist ja nicht so, als wollten wir unbedingt fern der Heimat sterben, müssen Sie wissen«, ergänzte Duellos mit einem ironischen Lächeln.
»Ja, ich weiß.« Geary tippte an seine linke Brust, wo nur ein paar Bänder seine Uniform schmückten, ganz im Gegensatz zu den unzähligen Reihen voller Auszeichnungen, mit denen Duellos für seinen Einsatz belohnt worden war. Das unverkennbare Hellblau der Ehrenmedaille der Allianz hob sich vom Rest ab, der Lohn für sein »letztes Gefecht«. Geary glaubte nicht, dass er diese Auszeichnungen wirklich verdient hatte, doch die Vorschriften verlangten von ihm, dass er sie trug. »Sie sind damit aufgewachsen. Kämpfen und Sterben ist für Sie etwas, das zu einem ganz normalen Leben dazugehört. Meine Gedankenwelt ist noch die gleiche wie vor hundert Jahren, als der Frieden noch die Norm und Krieg nichts weiter als eine Möglichkeit war. Für mich waren Gefechte ein theoretisches Spiel, bei dem Schiedsrichter am Ende Punkte zusammenzählten, um festzustellen, wer gewonnen und wer verloren hatte. Anschließend gingen wir alle zusammen einen trinken und machten uns gegenseitig etwas vor, wie brillant die Taktik der anderen gewesen war. Jetzt ist das alles real. Bei Grendel lief alles so schnell ab, da blieb mir gar keine Zeit, um darüber nachzudenken, dass ich mich in einem Krieg befand.« Er verzog das Gesicht. »Ihre Flotte ist weitaus größer als die zu meiner Zeit. In einer Schlacht könnte ich heute mehr Matrosen verlieren, als es damals überhaupt in der gesamten Flotte gab. Ich muss mich immer noch daran gewöhnen, dass ich mitten in einem sehr langwierigen Krieg gelandet bin.«
Ein Schatten huschte über Duellos’ Gesicht. »Ich beneide Sie, Sir«, erklärte er leise.
Geary nickte und reagierte mit einem schmallippigen Lächeln. »Ja. Ich habe eigentlich keinen Grund, mich zu beklagen, nicht wahr? Danke für Ihre offenen Worte, Captain Duellos. Ich weiß Ihre ehrliche Meinung sehr zu schätzen.«
Duellos ging einen Schritt zurück und machte sich bereit, sein Abbild verschwinden zu lassen, dann aber hielt er inne. »Darf ich fragen, was Sie machen werden, wenn eine Streitmacht der Syndiks nach Kaliban kommt?«
»Ich werde überprüfen, welche Möglichkeiten mir zur Verfügung stehen, und dann werde ich mich für den Weg entscheiden, der unter den gegebenen Umstände der beste ist.«
»Natürlich. Ich bin mir sicher, Sie werden eine >beseelte< Entscheidung treffen, Sir.« Duellos salutierte, sein Bild löste sich auf.
Wieder allein in einem Raum, in dem sich außer ihm eigentlich die ganze Zeit über so gut wie niemand aufgehalten hatte, brachte Geary lange
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