Furchtlos
vor?«
»Die ist auf der Korvette, Sir.« Die Stimme hatte einen verwunderten Tonfall angenommen.
Wieder wartete Geary einen Moment lang darauf, dass die Audacious seine Frage vollständig beantwortete. Eben wollte er sie wieder rufen, da wurde ihm mit Entsetzen bewusst, dass er eine vollständige Antwort erhalten hatte. »Was beabsichtigen Sie mit der Besatzung der Korvette zu machen?«
»Die ist auf der Korvette, Sir.« Auf jener Korvette, die durch eine Überladung des Antriebs gesprengt werden sollte!
Geary sah auf seine Hand, die er noch immer über der Kommunikationstaste hielt und bemerkte, wie sehr sein Unterarm zitterte. Er fragte sich, wie der Rest von ihm auf den Schock dessen reagierte, was ihm soeben klar geworden war. Die wollen die Gefangenen mit deren eigenem Schiff in die Luft jagen! Bei den Vorfahren, was ist nur aus meinem Volk geworden? Er schaute zu Captain Desjani, die sich mit einem der Wachhabenden der Dauntless unterhielt und sich zu dem Gespräch mit der Audacious nicht äußerte. Rione hatte offenbar wieder Platz genommen, da er sie nicht mehr sehen konnte.
Einen Moment lang schloss er die Augen, um seine Gedanken zu ordnen, dann öffnete er sie langsam wieder und betätigte schließlich die Kommunikationstaste. »Audacious, hier spricht Captain Geary.« Ihr wollt gerade einen Massenmord begehen, ihr Bastarde! »Lassen Sie die Rettungskapseln zur Syndik-Korvette zurückkehren.«
Einige Sekunden verstrichen, dann kam die Reaktion der Audacious: »Sir? Sie wollen die Rettungskapseln auch zerstören? Aber da ist einiges, was wir gebrauchen könnten.«
Geary starrte stur geradeaus und sprach mit tonloser Stimme. »Was ich will, Audacious, ist Folgendes: Der Crew dieser Korvette soll erlaubt werden, das Schiff vor dessen Zerstörung mit den Rettungskapseln zu verlassen, damit diese Leute sich in Sicherheit bringen können. Haben Sie das verstanden?«
Es schloss sich eine längere Pause an. »Wir sollen sie entkommen lassen?« Für den Captain der Audacious musste das ein unvorstellbarer Gedanke sein.
Geary bemerkte, wie Captain Desjani ihn anstarrte, doch er ignorierte sie und redete langsam weiter, wobei er jedes Wort so betonte wie einen Hammerschlag. »Das ist korrekt. Die Allianz-Flotte ermordet keine Gefangenen, und sie verstößt nicht gegen Kriegsrecht.«
»Aber … aber … wir …«
In diesem Moment beugte sich Desjani vor und flüsterte ihm zu: »Die Syndiks . «
Das brachte das Fass zum Überlaufen. »Mir ist egal, wie was bisher gehandhabt wurde!«, brüllte er und meinte sowohl den Captain der Audacious als auch die Brückencrew der Dauntless. »Mir ist auch egal, was unsere Feinde machen! Ich werde nicht zulassen, dass unter meinem Kommando irgendein Schiff dieser Flotte ein Massaker an Gefangenen anrichtet! Ich werde nicht zulassen, dass diese Flotte, die Allianz und die Vorfahren aller Besatzungsmitglieder entehrt werden, weil unter dem allsehenden Auge der lebenden Sterne Kriegsverbrechen begangen werden. Wir sind Matrosen der Allianz, und wir werden uns an den Ehrenkodex halten, an den unsere Vorfahren glaubten. Noch irgendwelche Fragen?«
Auf der Brücke war Stille eingekehrt. Captain Desjani starrte ihn sichtlich schockiert an. Schließlich meldete der Captain der Audacious leise: »Die Rettungskapseln sind auf dem Weg zurück zur Korvette, Captain Geary.«
Es kostete ihn Mühe, ruhig zu erwidern: »Danke.«
»Wenn Sie mich meines Postens entheben möchten .«
»Nein.« Einige Tage war es bereits her, dass ihn dieses Schwächegefühl überkommen hatte, doch nun schien es wieder so weit zu sein. Geary versuchte, dagegen anzukämpfen, ohne auf seine Medikamente zurückzugreifen. »Ich kenne nicht alle Einzelheiten, die zu dieser Situation beigetragen haben, und ich habe allen Grund zu der Annahme, dass Sie Ihre Pflichten lediglich so ausführen wollten, wie Sie es gewohnt sind. Aber Sie sollen wissen, alle in der Vergangenheit begangenen Kriegsverbrechen haben hier und jetzt ein Ende. Wir sind die Allianz, wir besitzen Ehre. Wenn wir diese Ehre wahren, dann werden wir siegen. Wenn wir sie nicht wahren … dann verdienen wir nicht zu siegen.«
»Ja, Sir.« Der Stimme des Captains der Audacious war nicht anzumerken, was er von Gearys Worten hielt, doch zumindest befolgte er seine Befehle.
Geary ließ sich in seinen Sessel sinken und fand, dass er in den letzten Minuten um jene hundert Jahre gealtert war, die er zuvor verschlafen hatte. Captain Desjani starrte mit nachdenklicher
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