Furien im Finstern
als fünftausend Dollar geben. Uns war das egal, solange wir nur zu einem rechtsgültigen Vergleich kamen. Die Geschädigten können, wenn sie einen Vergleich angenommen haben, mit dem Geld machen, was sie wollen. Sie können auch einen Dritten bevollmächtigen, das Geld für sie in
Empfang zu nehmen. Mr. Bollman schien völlig von seinen Fähigkeiten überzeugt, einen solchen Vergleich zustande zu bringen. In der Tat sah es so aus, als hätte er gemeinsame Interessen mit der Geschädigten. Er war, glaube ich, mit ihrer Zimmergenossin befreundet, und sie hatten vor, bald zu heiraten.«
»Das hat Ihnen Bollman gesagt?« fragte Bertha.
Fosdick nickte.
»Hat er Ihnen einen Namen genannt?«
»Nein. Er wies auf die junge Dame als Geschädigte hin. Die andere junge Frau wäre ihre Zimmergenossin. Er hat eine überzeugende, aufrichtig klingende Geschichte erzählt.«
»Und Sie sind darauf reingefallen?«
Fosdick hob die Brauen.
»Sie sind noch jung«, meinte Bertha herablassend. »Sicher kommen Sie eben gerade aus Havard oder von irgendeiner anderen Jura-Schule, die Ihnen einen Überheblichkeitskomplex mit auf den Weg gegeben hat. Sie glauben, Sie wissen schon alles. Um Himmels willen, hören Sie jetzt damit auf.«
»Wie bitte?«
»Schluß damit.«
Fosdicks Benehmen war das eines Märtyrers. Er verteidigte sich nicht. Der Kunde hatte immer recht. »Ich bezweifle nicht, daß Mr. Bollman seine Geschichte hätte beweisen können. Leider ersehe ich aber aus den heutigen Zeitungen, daß Mr. Bollman gestern nacht ermordet wurde. Allgemein betrachtet, ist das sehr bedauerlich. Aber...«
»Aber was Sie angeht, ist es einfach eine Katastrophe«, ergänzte Bertha. »Na ja, ich glaube Bollman wollte Sie schlichtweg übers Ohr hauen. Sie wissen genau, daß man einen solchen Fall nicht mit fünftausend Dollar aus der Welt schaffen kann.«
»Und warum nicht?«
Bertha Cool lachte und sagte: »Der Mann, ihr Klient, war so betrunken, daß er nicht sehen konnte, wohin er fuhr. Er fährt ein hübsches Mädchen um, sie trägt eine Gehirnerschütterung davon, und Sie wollen einen Vergleich über fünftausend Dollar.«
Berthas Stimme war beißender Spott.
»Wir geben überhaupt nichts zu und machen keinerlei Zugeständnisse, Mrs. Cool. Und was den Zustand des Versicherten zur Zeit der Tat anbelangt, so sind wir entschieden anderer Ansicht.«
Bertha lachte sarkastisch: »Ihr Mann war so total betrunken, daß er sich nicht einmal mehr an den Namen und die Adresse des Mädchens erinnern kann.«
»Ich glaube nicht, daß das ganz fair ist«, sagte Fosdick bedächtig.
Er wählte die Worte sorgfältig aus. »Die junge Frau wurde hysterisch und war kaum für ihre Aussagen verantwortlich.«
»Und Ihr junger Herr kann sich nicht einmal daran erinnern, wohin er sie gebracht hat?«
»Entschuldigen Sie, Mrs. Cool, aber die junge Dame war so hysterisch, daß sie dem Versicherten nicht erlaubt hat, sie ganz nach Hause zu fahren. Und sie hat ihm auch nicht gesagt, wo sie wohnt, als sie aus dem Wagen stieg.«
Die Tür zu Berthas Büro öffnete sich. Elsie Brand kam mit dem Telegramm. »Wenn Sie es eben lesen wollen«, sagte sie. »Der Bote wartet draußen.«
Bertha Cool riß das Telegramm an sich und schob es unter die Schreibunterlage. »Geben Sie dem Boten zehn Cent«, sagte sie. »Ich werde es erst mal nicht abschicken.«
»Zehn Cent?« fragte Elsie Brand.
»Also gut, geben Sie ihm fünfzehn«, räumte Bertha widerwillig ein. »Bin jetzt beschäftigt und möchte nicht gestört werden. Ich schicke das Telegramm später ab.«
Sie wandte sich wieder Fosdick zu. »Was nutzt es, um den heißen Brei herum zu reden? Ihr Mann war betrunken. Viel zu betrunken, als daß er einen Wagen hätte fahren dürfen. Nicht nur hat er dieses Mädchen umgefahren, sondern als er sie nach Hause fuhr, wurde auch offenbar, daß er zu besoffen war, das Auto überhaupt in der Gewalt zu behalten. Das Mädchen mußte aussteigen. Ich glaube, Sie werden von Glück reden können, wenn Sie mit weniger als 75 000 Dollar davonkommen.«
»75 000 Dollar?«
»Genau.«
»Mrs. Cool, sind Sie nicht ganz bei Sinnen?«
»Ich bin sehr wohl bei Sinnen. Sie sind es nicht. Ich weiß schon jetzt, was die Geschworenen beschließen werden. Offensichtlich wissen Sie es aber nicht.«
»Zugegeben, Geschworene können manchmal etwas gefühlsbetont handeln, aber glücklicherweise ist ihr Verhalten einer gewissen Kontrolle durch das Berufungsgericht unterworfen.«
»Die Geschworenen
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