Furien im Finstern
Mädchen zu sein. Genau die Art Mieterin, die ich liebe.«
»Und? Blieb sie?«
Die Frau lachte. »Nein. Sie sagte, sie hätte nichts gegen mich persönlich, aber ich könnte der Bank mitteilen, auch wenn es das letzte freie Apartment auf der Welt wäre, würde sie nicht daran denken, es zu nehmen. Wie sich herausstellte, hatte sie schon nachmittags ihre Sachen gepackt und war ausgezogen. Sie war nur zurückgekommen, um die Sache mit Miss Dell zu besprechen und eine Einigung wegen der Reinigungsgebühr zu erreichen. Miss Jackson schien ziemlich verärgert.«
»Hat sie eine Adresse zum Nachschicken der Post hinterlassen?« fragte Bertha.
»Ist das fünfzig Dollar wert?«
»Ja.«
»Wenn ich Ihnen die Adresse gebe?«
»Nein, wenn ich sie gefunden habe.«
»Woher soll ich denn wissen, ob Sie sie gefunden haben oder nicht?«
»Sie werden mir vertrauen müssen.«
»Na ja — was soll's. Miss Jackson ist wirklich ein sehr nettes Mädchen. Sie sagte mir immer wieder, sie hielte diese Vorschrift für ungerechtfertigt, aber sie hätte nichts gegen mich persönlich. Bei Josephine Dell war das was anderes. Die war sauer auf mich. Sie ist verärgert ausgezogen und wollte vorher nicht einmal bei mir vorbeikommen. Soviel habe ich aus Myrna Jackson herausbekommen. Mir macht es nichts aus. Eines Tages wird diese Dell ein anderes Apartment haben wollen, und wenn man dann hier anruft und fragt, was für eine Art von Mieterin sie ist, dann werde ich es ihnen schon sagen.«
»War was nicht in Ordnung mit ihr?«
»Na, diese Beschwerde wegen der Vorschrift war schon genug, aber es gibt auch andere Dinge, die ich erwähnen könnte. Nicht daß ich irgend etwas über ihren Charakter sagen möchte, aber...«
»Was denn?«
Die Frau rümpfte betont die Nase. »Sie arbeitete doch für einen Mann, der viel älter war als sie? Ein Mann, der etwas hinkte und einen Stock gebrauchte?«
»Ich glaube ja.«
»Hm, dachte mir's.«
»Wieso? Stimmte da was nicht?«
»Ach, ich möchte nicht sagen, daß etwas nicht stimmte. Aber er ist zwei- oder dreimal hier gewesen und hat sie besucht und — na ja — ich will nichts sagen. Mit dem Mädchen verkehre ich nicht mehr. Aber die hat ganz gewiß keinen Grund, auf mich sauer zu sein, nur weil ich auf der Vorschrift bestanden habe. Aber das tut hier nichts zur Sache.
Gehen Sie mal zu den Maplehurst Apartments. Dort werden Sie Myrna Jackson finden. Aber sagen Sie ihr nicht, daß Sie die Adresse von mir bekommen haben. Miss Jackson hatte nämlich gesagt, sie würde von einem jungen Mann belästigt und wollte deshalb nicht, daß ihre neue Adresse bekannt wird. Ich habe ihr versprochen, die Sache vertraulich zu behandeln. Sie wollte nur, daß ich die Post nachschicke; ich sollte niemandem die Adresse geben.«
»Ich werde veranlassen, daß mein Klient Ihnen einen Scheck zuschickt«, sagte Bertha Cool. »Sobald ich sie gefunden habe.«
»Sicher ist sie dort. Also könnten Sie Ihren Klienten eigentlich veranlassen, mir den Scheck sofort zu schicken.«
»So dumm ist mein Klient auch nicht. Er bezahlt nur für Ergebnisse und nicht eher, bis ich sie liefere.«
»Ich weiß, wie das ist. Ich arbeite selber für eine Bank. Aber Sie werden sie dort finden. Und Sie werden nicht sagen, woher Sie die Adresse haben?«
»Bestimmt nicht.«
Bertha nahm ein Taxi zu den Maplehurst Apartments an der Grand Avenue.
Die Frau, die dort die Wohnungen verwaltete, hatte Haare wie wild wucherndes Rübenkraut. Voller Mißtrauen blickte sie Bertha an. »Myrna Jackson?«
Sie hatte nie von ihr gehört. Dort wohnte niemand unter diesem Namen. Sie wüßte überhaupt nichts darüber. Wenn Bertha Cool einen Brief schreiben und dort lassen wollte, für den Fall, daß Miss Jackson zu einem späteren Zeitpunkt ein Apartment mieten sollte, würde sie dafür sorgen, daß der Brief ankäme. Es gab einige leere Wohnungen, aber im Moment kannte sie niemand unter dem Namen Myrna Jackson.
Bertha hatte das Gefühl, daß die Frau log. Aber es gab vorläufig nichts, was sie dagegen unternehmen konnte. Deshalb tat sie, als wäre sie auf die Geschichte hereingefallen, und trat den Rückzug an, um die nächsten Schritte zu überlegen.
Die Nachmittagszeitungen trugen riesige Schlagzeilen:
BLINDER VON POLIZEI GESUCHT.
Ein Gelegenheitsdrucker erklärte sich bereit, innerhalb kurzer Zeit einige Bogen Schreibpapier mit Briefköpfen für Bertha Cool herzustellen. Er benutzte sofort trocknende Druckerschwärze und lieferte gleich ein halbes
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