Furious love
natürlich), um nachzusehen, ob ich noch lebe. Ich weiß, dass ich manchmal ein schrecklicher Lügner bin, aber bitte glaube mir, dass ich Dich weder mit Worten noch mit Taten – körperlich oder gedanklich – je betrogen habe. Dafür liebe ich Dich einfach zu sehr. Ich schmeichle gern und lass mir allzu leicht schmeicheln. Das hat alles nur mit dem Alkohol zu tun. Ich habe mich wie ein Idiot benommen. Viele würden mich gerne von Dir fernhalten, aber die einzige, die das kann, bist Du. Wenn Du mich verlässt, meine Schöne, dann übernehme ich keine Verantwortung mehr für mich. Dann werde ich wahnsinnig, wie König Lear. Und Gott stehe dem bei, der dann in der Nähe ist. Dann könnte ich sogar töten. Auf Wiedersehen in hoffentlich nur wenigen Stunden. Vergewissere Dich ruhig, ob ich nicht mit einem furchtbaren Schmeichler zusammen bin. Und damit meine ich nicht unbedingt Raquel Welch oder Nathalie Delon … Bitte bleib noch weitere zwölf Jahre. Aber wenn Du gehen willst, wie soll ich Dich davon abhalten? Ich verdiene all den Schmerz, den Du mir zufügen kannst, und ich nehme ihn auf mich, wenn Du nur bei mir bleibst. – Dein Mann. (Hoffe ich.) Ref 611
Doch während einer Szene bei einem Nachtdreh, in der sie eine Straße hinablaufen und um eine Ecke biegen mussten, verschwanden Richard und Nathalie Delon einfach. Sie kehrten nicht um, sondern stiegen in Burtons wartenden Rolls-Royce. Dmytryk und der Rest der Crew warteten
eine halbe Ewigkeit auf sie. Der Dreh musste für diese Nacht abgeblasen werden. Am nächsten Tag entschuldigte sich Burton schriftlich bei seinem Regisseur: »Lieber Eddie, bitte glaube mir, der Richard von letzter Nacht ist nicht der wahre Richard Burton.« Aber rückgängig machen, was geschehen war, konnte er nicht. Ref 612
Elizabeth schäumte vor Wut, als sie von dem Zwischenfall erfuhr. Sie flog nach Rom, wo sie für ihren neuen Film, Die Nacht der tausend Augen , eingekleidet wurde. An ihrem ersten Abend dort, dem 6. Mai, aß sie mit Richards altem Rivalen Aristoteles Onassis zu Abend. Ohne Jacqueline. Um die dreißig Paparazzi hatten davon Wind bekommen, lauerten dem Paar auf und machten aus dem Dinner zu zweit einen Riesenkrawall. Elizabeth floh in ihre Suite im Grand Hotel – allein –, fand aber keinen Schlaf. Sie spürte, dass etwas nicht in Ordnung war. Das verrieten ihr neben ihrem Bauchgefühl auch ein paar der Mitarbeiter. Um fünf Uhr morgens rief sie Richard im InterContinental Hotel an und verlangte: »Wirf diese Frau aus meinem Bett!« Ref 613
Am Telefon entrang sie Richard das Geständnis, dass er zum ersten Mal in ihrer Beziehung das Treugelöbnis gebrochen habe. Richard selbst hatte sich geschworen, ihre aus Skandalen, Betrug und Ehebruch entstandene Ehe zu rechtfertigen, indem er Elizabeth vollkommen treu blieb. Acht Jahre lang hatte er das durchgehalten. Bis jetzt.
Elizabeth flog nach London, wo in Kürze die Dreharbeiten zu dem Thriller Die Nacht der tausend Augen beginnen sollten. Sie spielt darin eine reiche Frau, ganz in Valentino gekleidet und mit Juwelen behängt, die von ihrem Ehemann (gespielt von Laurence Harvey, ihrem Freund und Mitspieler aus Telefon Butterfield 8 ) in den Wahnsinn getrieben wird. Wieder einmal standen ihr schwere Zeiten bevor – nicht nur wegen Burtons Untreue und Alkoholsucht, sondern auch weil Laurence Harvey sichtlich krank war.
Richard flehte Elizabeth an, ihn heimkommen zu lassen. Sie gab schließlich nach, und er kam ins Dorchester. Er hoffte offensichtlich, sie zu einem Pakt überreden zu können, dass sie wie er ihren Alkohol- und
Medikamentenkonsum einschränken sollte. Auf Briefpapier aus seinem Budapester Hotel schrieb er ihr:
Geliebtes Kind,
wie schön, wieder zu Hause zu sein. Danke, dass ich zurückkommen durfte. Aber wie George Washington kann ich nicht lügen. Ich habe so sehr gezittert, dass ich ein Bier trinken musste. Ekelhaftes Zeug, schmeckt wie Pisse, aber es hat geholfen. Mach es genauso, wenn Du Dich wirklich höllisch fühlst. Und Du bist um Himmels willen nicht zu dem Pakt gezwungen, den wir gestern Abend geschlossen haben. Da der Dämon aus Dir noch keinen Teufel gemacht hat, trink von mir aus, aber besauf Dich nicht. Ich weiß ja, dass Du das sowieso nicht tust. Zwischen drei und fünf, wenn die Zeit stillzustehen scheint, wenn der Tag wie ein Teekessel ist, auf dessen Pfeifen man wartet, der aber nie kocht. Das ist mal ein Dylan-Satz! George Washington Burton lügt nie und deshalb gestehe ich, ich
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