Furor
sinnlos um ein Leben rang, das es nicht mehr gab. Der Mund war geöffnet in einem stummen Schrei, und unter dem Kopfverband rollte eine Träne die Schläfe herunter und verlief sich in den Laken.
Wende dich zu mir und sei mir gnädig; denn ich bin einsam und elend.
Die Angst meines Herzens ist groß; führe mich aus meinen Nöten!
Sieh an meinen Jammer und mein Elend und vergib mir alle meine Sünden.
Wallroth beugte sich vor und drückte den Leib des Sterbenden mit großer Kraft auf das Bett zurück.
Sieh, wie meiner Feinde so viel sind und zu Unrecht mich hassen.
Bewahre meine Seele und errette mich; lass mich nicht zuschanden werden, denn ich traue auf dich!
Unschuld und Redlichkeit mögen mich behüten; denn ich harre auf dich.
Der Priester beendete den Psalm und Christian Raabes Kampf war vorbei. Der tote Körper entspannte sich, und zugleich löste sich auch in Sebastian die Spannung, die sein Herz zusammengedrückt hatte. Er fühlte, wie sich seine Augen mit Tränen füllten, die ihm die Wangen hinabliefen und sich feucht in seinem Hemdkragen sammelten, während er den Worten des Priesters lauschte, der jetzt leise mit Psalm 23 fortfuhr.
Der HERR ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.
Er weidet mich auf einer grünen Aue und führet mich zum frischen Wasser.
Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen.
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück;
Die warmen, ruhigen Worte umhüllten Sebastian wie ein Mantel. Ihm war warm und innerlich kalt,
denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich. Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde. Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein. Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang, und ich werde bleiben im Hause des HERRN immerdar.
Wallroth fing ihn auf, als die Beine unter Sebastian nachgaben.
Mitschnitt der Sitzung des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses »Spezialkräfte« vom 9. April, Abschrift in Auszügen – Fortsetzung
Dr. Reinhard B. (SPD): Herr Brigadegeneral Leise. Guten Tag.
Sie wissen, worum es geht. Danke, dass Sie sich zur Verfügung gestellt haben. Sagen Sie uns bitte kurz etwas zu Ihrer Person.
Zeuge: Friedrich Leise, Brigadegeneral. Ich bin Befehlshaber des Kommandos Spezialkräfte.
Dr. Reinhard B. (SPD): Herr Brigadegeneral. Können Sie uns erklären, was die Aufgabe des KSK im Sudan war?
Zeuge: Sie meinen, was unsere Aufgabe ist. Wir sind noch immer vor Ort im Einsatz. Wir bemühen uns, subversive Kräfte abzuwehren, indem wir wichtige gegnerische Objekte aufspüren und zerstören.
Jochen H. (Grüne): Mit subversiven Kräften meinen Sie Terroristen, die Sie in den Bergen am Roten Meer aufspüren und töten?
Zeuge: Richtig. Dort und an anderen Orten im Sudan.
Jochen H. (Grüne): Warum wurden vier Kommandotrupps ins Landesinnere geschickt, um das Dorf zu sichern, in dem das Massaker geschah?
Zeuge: Ich kann Ihnen nicht sagen, aus welchem Grund die Kommandos dorthin geschickt worden sein sollen. Von dem Dorf war in unserem Einsatzplan keine Rede. Mir ist nichts bekannt von einem Auftrag im Dezember, der der Sicherung eines Dorfes westlich von Port Sudan galt.
Dr. Volker N. (PDS): Sie wissen nichts davon?
Zeuge: Nein.
Dr. Reinhard B. (SPD): Kommt es vor, dass die örtlichen Offiziere Operationen durchführen, von denen Sie nichts wissen?
Zeuge: Gelegentlich ja. Weil die Kommandos vor Ort mit unseren Verbündeten zusammenarbeiten. Wenn beispielsweise der Befehlshaber der ISAS – im Dezember letzten Jahres war das der Brite General George Lloyd – eine Operation plant und durchführt, dann muss ich darüber nicht bis in jede kleinste Einzelheit informiert werden. Wenn ein Kommandotrupp in eine bestimme Schlucht geschickt wird, um dort ein Terroristennest auszuheben, dann genügt es, wenn ich grundsätzlich darüber informiert werde.
Dr. Heidrun F. (CDU): Sie wollen damit sagen, Sie hatten keine Ahnung, weshalb Ihre Leute in dieses Dorf geschickt worden sind?
Zeuge: Wenn sie dort waren, so ist mir der Grund unbekannt.
Dr. Heidrun F. (CDU): Ich habe das Ihren Kollegen, Generalleutnant Wagner, schon gefragt, und ich frage nun Sie: Haben Sie selbst versucht herauszufinden, ob Angehörige des KSK in diesem Dorf waren?
Zeuge: Nein.
Dr. Heidrun F. (CDU): Auch Sie wissen seit Anfang des Jahres von den Anschuldigungen. Auch Sie haben nicht versucht herauszufinden, ob die Vorwürfe gerechtfertigt sind?
Zeuge:
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