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Furor

Furor

Titel: Furor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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seit du klein bist. Für dich war er doch Onkel Frank, oder? Onkel Frank ist kein Lügner. Also: wie kommst du darauf?«
    Sebastian erzählte ihnen von dem Brief, aus dem hervorging, dass sein Vater in Südamerika gewesen sein musste und dass dort etwas Schreckliches geschehen war. Er erzählte auch von seinem Gespräch mit Wallroth und der Geschichte vom Streit seiner Eltern, mit dem Wallroth alles zu erklären versucht hatte.
    »Tja, nur klingt der Brief echt real, und außerdem ist er nie abgeschickt worden. Komische Sache.«
    »Kann man nicht irgendwie herausfinden, ob Wallroth, Steadman und dein Vater in Südamerika waren?«, schlug Mato vor.
    »Wie denn?«
    »Wir schauen uns ein bißchen auf seinem Computer um.«
    »Und wie willst du das machen?«
    »Wir gehen über das Intranet. Sein Rechner ist doch an das Instituts-Netz angeschlossen. Sollte eigentlich keine so große Sache sein. Ist schließlich nicht das Verteidigungsministerium. Robert kennt sich da ganz gut aus. Und der macht solche Sachen gern. Ich werde ihn drauf ansetzen.«
    »Ich weiß nicht . . .« Sebastian kamen Zweifel.
    »Wir checken uns in sein System ein, wenn er nicht im Raum ist. Das merkt der gar nicht«, erklärte Mato. »Ich schätze, er lässt seinen Rechner an, wenn er zum Beispiel Vorlesung hält.Machen doch alle. Außerdem glaub ich kaum, dass Wallroth eine große Leuchte ist, wenn es um Computer geht. Also? Die nächsten Tage?«
    »Ach was«, entschied Sebastian. »Ich werde Wallroth einfach fragen. Das wäre wirklich zu schäbig, hinter seinem Rücken rumzuschnüffeln.«
    Eine junge Frau ging an ihrem Tisch vorbei. Sebastian starrte ihr hinterher. Sie setzte sich elegant an den Nachbartisch.
    »Es gibt Leute, die glauben, ihr Intellekt wächst mit der Länge ihres Bartes.«
    Matos Äußerung bezog sich auf den Typen neben der Frau. Er trug kurze Haare, eine dicke Brille und einen Ziegenbart mit mindestens fünfzehn Zentimeter langen Fransen. Der Pullover sah aus wie aus dem vorletzten Jahrhundert. Sebastian konnte seine Füße nicht sehen, tippte aber auf Sandalen. Die trug der sicher auch bei Regen. Und bei Schnee. »Auf den Schnee«, sagte er und prostete den beiden zu.
    Inzwischen waren sie jeder beim sechsten Glenmorangie, den sie dem Wirt zu einem fairen Preis abgehandelt hatten.
    Hobbes kam von irgendwoher zurück, noch bevor überhaupt jemand bemerkt hatte, dass er weggegangen war.
    »Wo warst du?«, fragte Mato, wobei sich das W in jedem Wort inzwischen ebenso verdoppelte wie die Bilder vor seinen Augen.
    »Es gibt Dinge im Leben, denen sich ein Mann stellen muss. Allein.«
    »Wie lief’s?«, fragte Sebastian.
    »Flüssig.«
    Hobbes plumpste auf seinen Platz zurück.
    »Scheiße«, brach es plötzlich aus Sebastian hervor. Das Wechselbad der Gefühle, der Tod seines Vaters, das Abstellen der Maschinen, Sareah Anderwald, in die er sich zu dieser unpassenden Zeit verliebt hatte, der Alkohol . . . Sebastian mussteeinfach Dampf ablassen. Und plötzlich sprudelte alles nur so aus ihm heraus. Danach war es eine ganze Weile still.
    Hobbes war der Erste, der das Wort ergriff.
    »War ja echt krass drauf, dein alter Herr«, stellte er fest, während er versuchte, das Kinn aufzustützen.
    Mato war tief in Gedanken versunken. Dann brach er in schallendes Gelächter aus. Zum Glück war Sebastian zu besoffen, um beleidigt zu sein.
    »›Hic fuit‹! Dein Vater war ja echt ein Witzbold!« Mato schüttelte sich vor Lachen. »Wenn das alles stimmt, dann hat er es dir nicht leicht gemacht. Ha. ›Hic fuit‹, dass ich nicht lache«, kicherte er und schaute in zwei verständnislose Gesichter.
    »›Hic fuit‹ heißt Er ist hier gewesen. Aber du bist doch nicht hier gewesen. Du bist doch da. Ich meine dort. Äh, ich meine . . .« Er sammelte sich kurz und versuchte, den Alkoholpegel in seinem Blut zu ignorieren.
    »Du musst schreiben: Ich bin hier . Also auf Latein – «
    »›Hic sum‹«, brummte Hobbes. Sein Gesicht lag inzwischen auf der Tischplatte.
    Hieß es nicht immer in Romanen, die Helden würden mit einem Male wieder nüchtern, wenn etwas Dramatisches passierte? Aber ich bin ja auch kein Held, dachte Sebastian. In seinem Kopf drehte sich noch immer alles, während ihm langsam bewusst wurde, dass Mato und Hobbes ihm sehr wahrscheinlich soeben den Code zum Computer seines Vaters geliefert hatten. Es war so einfach. Und er hatte sogar schon den Schlüssel im Schloss gehabt. Nur nicht begriffen, dass er ihn auch noch drehen musste.

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