Furor
zu Sareah in den Sessel. Sie ließ ihn nachdenken, strich ihm nur sacht über die Wange. Sein Vater war ermordet worden. Jemand hatte versucht, an die Daten auf dessen Computer zu kommen, während die Polizei das Büro abgesperrt hatte. Jemand hatte seinen Vater heimlich an einen Memo-Scanner angeschlossen. Und Dietz, dachte Sebastian, wieso eigentlich hatte sich Dietz so für ihn und seinen Vater interessiert?Ein Agent der Regierung, damals in Peru, heute Kommissar und Chef einer Anti-Terror-Behörde. Wie passte das alles zusammen?
Sareah stand auf. »Ich würde gerne auf Nummer sicher gehen.« Sie zog ihn aus dem Sessel und nahm ihn in den Arm. »Komm. Lass uns hier verschwinden und woanders weiterreden.«
Sie zog ihn zur Tür. Er griff sich seine Jacke und folgte ihr nach draußen.
25. April, Vormittag
Sebastian und Sareah traten aus der Haustür hinaus in einen Regenschauer. Der Himmel heulte Rotz und Wasser. Das ging jetzt schon den ganzen April so. Es wurde Zeit für den Sommer, dachte Sebastian. Er schlug den Kragen seiner Jacke hoch, und sie sprinteten zu der kleinen Stehbäckerei in der Seitenstraße.
Über ihre Kaffeetasse hinweg betrachtete Sareah ihn und nagte nachdenklich an einem Croissant.
»Jetzt erzähl mir doch mal, was an dir so interessant ist, dass die hinter dir her sind.«
Wen meinte sie eigentlich mit die ?, fragte sich Sebastian. Und wieso hinter mir her? Plötzlich dämmerte ihm etwas, und er begann laut zu denken. »Ich bin mir nicht sicher. Mein Vater hat an einer Sache gearbeitet, für die sich jemand so stark interessiert hat, dass er direkt nach dem Tod meines Vaters an dessen Computerdaten wollte. Jemand hat versucht, das Passwort zu knacken, mit dem der Rechner gesichert war.« Er musste eine Pause einlegen, um Luft zu holen. Jetzt sprudelte es förmlich aus ihm hervor.
»Da lag mein Vater noch auf dem Fahrstuhldach. Das heißt, jemand wusste da schon, dass er so gut wie tot ist, oder hat eszumindest angenommen. Und dann ist mein Vater zuerst ins Bundeswehrkrankenhaus gekommen, wurde anschließend im Institut untersucht und ist dann erst ins Klinikum Innenstadt gebracht worden. Das ist alles ziemlich seltsam. Es scheint, als hätte jemand großes Interesse an ihm und seinen Daten gehabt.« Er stockte.
»Und? Weißt du, worum es bei den Daten deines Vaters ging?«
»Ich, eh . . . ja. Ich habe das Passwort inzwischen herausgefunden.«
»Ja, und?«, drängte Sareah ihn. Er war sich nicht sicher, wie viel er ihr erzählen sollte. Was wusste er denn schon von ihr. Wem konnte er denn noch vertrauen? Nein, er würde vorsichtig sein. Noch.
»Mein Vater hatte eine Nachricht für mich hinterlassen. Ich sollte bestimmte Daten löschen, von denen er offensichtlich nicht wollte, dass jemand anderer sie in die Finger bekommt. Ich schätze, wenn ich überwacht worden bin, so wie du glaubst . . . oder noch immer überwacht werde . . .«
Er stockte und spürte, wie ihm ein Schauer über den Rücken lief. Nach und nach, noch während er darüber sprach, wurde ihm klar, wie tief er da in einer Sache zu stecken schien, die er nicht verstand.
»Die wollen was von mir, von dem sie noch nicht wissen, ob ich es überhaupt habe. Sie haben offenbar meinen Vater umgebracht, um es zu kriegen . . . O Gott. Und jetzt habe ich es.« Er bemerkte, dass seine Stimme zitterte. Ihn schauderte.
Bisher war alles so abstrakt gewesen, unwirklich. Abgesehen natürlich davon, dass sein Vater tot war – ermordet, davon war er inzwischen überzeugt. Und nun . . . Waren da vielleicht irgendwo Leute, die nur auf den richtigen Zeitpunkt warteten, wieder zuzuschlagen? Kannte er die, die seinen Vater getötet hatten, bereits? Welche Rolle spielte Dietz? Ein Kribbelnfuhr ihm die Wirbelsäule hinunter und bohrte sich in sein Steißbein.
»Würdest du mir erzählen, worum es eigentlich bei der Sache wirklich geht? Woran hat dein Vater gearbeitet?«, fragte Sareah.
Wieder kam Sebastian der Gedanke, dass er von der Frau, mit der er sprach und die seit gestern Abend seine Freundin war, eigentlich nicht viel wusste, außer, dass er sich in sie verliebt hatte. Und jetzt sollte er ihr vertrauen. Aber was sollte er sonst tun?
»Ich leide vielleicht unter Verfolgungswahn. Aber aus welchem Grund interessierst du dich eigentlich dafür?«
Sie lächelte. »Also, erst mal bin ich Journalistin, nicht? Und wenn die IS/STA jemanden wie dich beobachtet, dann steckt da eine Story dahinter. Aber da ist noch etwas. Ich arbeite schon
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