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Furor

Furor

Titel: Furor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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inzwischen glauben musste.
    »Okay, ich denke drüber nach«, versprach er Sareah.
    »Gut. Dann sehen wir weiter.«
    Sebastian fühlte, wie ihm der Schweiß durch die Brauen rann. Er rieb sich die brennenden Augen. Nur langsam begann er seine Situation wirklich zu begreifen.
    ›Ich habe große Fehler gemacht.‹ Der Satz seines Vaterstauchte wieder in seiner Erinnerung auf. Was waren das für Fehler gewesen? Hatte es eine Bedeutung?
    Das alles ging viel zu schnell. Und es war zu viel auf einmal. Was sollte er tun? Er kam sich plötzlich völlig hilflos vor, haltlos, als gäbe es nichts mehr, auf das er sich verlassen konnte. Ihn schwindelte.
    Dann fielen ihm seine Freunde wieder ein. Egal, ob sie die Geschichte nun ernst nahmen oder nicht, sie waren jedenfalls da. Auf sie konnte er sich verlassen.
    Als sie die Bäckerei verließen, hatte der Regen nachgelassen. Sareah umarmte ihn und verabschiedete sich mit einem langen, vielversprechenden Kuss. Sie würden am Abend telefonieren.
    Sebastian stapfte durch die Pfützen auf dem Asphalt, während er versuchte, seine Gedanken zu ordnen. Die wissen noch nicht, dass ich die Daten tatsächlich habe. Und sie wissen nicht, wie sie selbst drankommen sollen. Und solange sie nicht wissen, dass ich sie habe, bin ich sicher. Allerdings werden sie wohl bald vermuten, dass ich sie habe, denn immerhin kann jetzt jeder an den Rechner meines Vaters. Nur sind darauf keine interessanten Daten mehr. Und wer hat als Erster Zugriff gehabt? Ich! Aber wo habe ich sie? Das wissen sie nicht. O Gott, wenn sie wüssten, dass ich sie bei mir habe . . . Ich wäre vielleicht schon tot. Tot tot tot . . . Ob sie mich abhören? Habe ich tatsächlich Wanzen in der Wohnung, wie Sareah vermutete?
    Ihm fiel mit Schrecken ein, dass natürlich auch Wanzen im Büro seines Vaters installiert sein konnten. Dann wussten sie vielleicht, dass er hatte, was sie wollten. Andererseits . . . er hatte ja keine Selbstgespräche geführt, als er die Dateien vom Rechner seines Vaters kopiert hatte. Alles war möglich, oder? Was sollte er jetzt tun? An etwas anderes denken.
    Beinahe wäre er in einen großen Haufen Hundescheiße getreten, der mitten auf dem Bürgersteig lag. Er vermutete, dass er von dem Blindenhund stammte, der sein Herrchen hiermanchmal entlangführte. Sebastian stellte sich vor, wie der Blinde immer wieder in den Kot des vor ihm herlaufenden Hundes tappte. Aber es war überhaupt nicht komisch. Und schließlich, tappte er nicht genauso blind durch die Sch . . .? Noch dazu ohne Hund?
    Während er die kurze Strecke zu seiner Wohnung zurücklegte, sah er, wie ein Sonnenstrahl durch die Wolkendecke brach, als hätte er auf seinen Einsatz gewartet. Sebastian stellte sich vor, wie jetzt irgendjemand irgendwo vor ihm in der Stadt gerade in diesem Strahl stand, wie in einem Spotlight, ganz unvermittelt erleuchtet und inmitten der feuchten und dunklen Tristesse in helles Licht getaucht.
    Seine Gedanken wanderten zu Sareah. So wie dieser Lichtstrahl vielleicht in das Leben eines anderen fiel, hellte das plötzlich auftauchende Bild ihres Lächelns seine miese Stimmung auf. Er konnte es noch immer kaum glauben. Dieses fremde, unglaubliche Mädchen aus dem Bus war inzwischen seine Freundin. Gutes Drehbuch, dachte er. Ein wirklich gutes Drehbuch. Zumindest in dieser Hinsicht.

25. April, Mittag
    Als Sebastian das Haus verließ, hatte es aufgehört zu regnen. Nur der Asphalt glänzte feucht, wo ihn die Autoreifen noch nicht trockengerieben hatten. In seiner Jackentasche steckten die CDs und der Brief seines Vaters an seine Mutter. Ob es eine gute Idee war, diese Schätze bei sich zu tragen, wusste er nicht. Aber sie in der Wohnung zu lassen, erschien ihm auch nicht mehr sicher.
    Zwanzig Minuten später war er am Institut. Bevor er das Treppenhaus betrat, um ins Zentrum zu steigen, sah er sich um. Niemand folgte ihm. Er kam sich sehr seltsam vor. Dannfiel ihm wieder die Pistole ein, die er bei seinem Vater gefunden hatte. Auch der musste Angst gehabt haben. Wozu sonst die Pistole? Genützt hatte sie ihm nicht.
    Sebastian öffnete die Tür zum Treppenhaus und beeilte sich, sie hinter sich wieder zu schließen. Wer ihn jetzt nicht gesehen hatte, konnte auch nicht ahnen, wohin er ging. Niemand benutzte die Treppen zum Zentrum. Und wer sollte schon wissen, dass er es tat – außer Blumenthau.
    Im Zentrum lieh er sich, der Form halber, wieder Filme aus, die er zufällig aus dem Regal zog. In einer der Kabinen holte er dann

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