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Furor

Furor

Titel: Furor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus C. Schulte von Drach
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die CDs seines Vaters aus der Tasche. Jetzt, da er wusste, was auf den CDs war, fühlte er sich gehemmt. Eigentlich kein Wunder, dachte er, immerhin war er gerade dabei, die Erinnerung eines Toten anzusehen, den er gut gekannt hatte. Vielleicht würde er sogar etwas über sich selbst erfahren – sich selbst sehen, als Bild, zusammengesetzt aus den Impulsmustern der Großhirnrinde seines Vaters?
    Was auch immer auf den CDs zu sehen sein würde, er wollte jetzt alles sehen.
    Er legte eine CD ein. Prompt kam eine Meldung des Computers, dass es sich bei den Daten nicht um einen Film handelte. Er hatte aus Versehen die CD eingelegt, auf der die technischen Dateien abgespeichert waren. Diese Daten . . . Es musste Aufzeichnungen, technische Unterlagen über die Versuche geben, die sein Vater durchgeführt hatte. Das, was diese Leute auf dem Rechner seines Vaters gesucht hatten – und was er hatte zerstören sollen –, war vermutlich nicht in erster Linie die Erinnerung seines Vaters selbst, überlegte Sebastian. Es ging vermutlich eher um die Veränderungen und Neuerungen an den Aufnahmegeräten, mit denen es seinem Vater gelungen war, die Erinnerungen eines lebenden Menschen aufzunehmen. Diese Daten vermutete er auf dieser CD, und die würden sie haben wollen.
    Sebastian musste die CD an einen sicheren Ort bringen, wo niemand sie finden würde. Oder sollte er sie wirklich besser auf dem schnellsten Wege zerstören? Aber darüber wollte er sich später den Kopf zerbrechen.
    Sebastian entfernte die Technik-CD wieder aus dem Laufwerk und legte eine andere ein. Als er den Helm aufgesetzt hatte und sein Kopf in der Wand versenkt und fixiert war, dachte er, wie es wohl sein würde, wenn die Elektroden tatsächlich bis ins Gehirn dringen würden. Ob sein Vater das getan hatte? Die Kopfhaut betäubt und . . .? Oder ging es inzwischen sogar schon von außen?
    Er startete den Film und die Welt wurde wieder gelb.
    Es dauerte nicht lange, und er konnte etwas erkennen. Nach etlichen Bildern, die er nicht zuordnen konnte, tauchten ein paar Erinnerungen auf an Dinge, die er tatsächlich kannte. Offensichtlich schienen dieselben Sachen dem Gehirn des Vaters wie des Sohnes erinnerungswürdig. Eine Szene aber musste aus der frühen Phase der Beziehung seiner Eltern stammen, denn seine Mutter kam darin vor, die Kulisse bildete jedoch eine Wüste. An diese Reise konnte sich Sebastian nicht erinnern. Eine andere, besonders scharfe Szene zeigte die Gründungsfeierlichkeiten am Institut. Er erschrak beinahe, als er das Gesicht Wallroths entdeckte, der sich köstlich zu amüsieren schien. Dann sah er ein Kleinkind, das tapsig auf ihn zulief, mit stolzem und zugleich ängstlichem Gesicht. Die ersten Schritte, wie auf Video aufgenommen. Den Burschen kannte er von Fotos. Klein-Sebastian!
    Die Bilder waren extrem klar. Würde er jetzt eine Überidentifikation erleiden, dann wäre das seinem Vater bestimmt nur recht gewesen. Je mehr er sich mit ihm identifizierte, desto mehr würde er ihm ähneln. Und das war bestimmt immer ein Wunsch seines Vaters gewesen.
    Es folgten eine Reihe von weniger interessanten Sequenzen.Das Ganze war ein wenig wie das Stöbern in alten Familienalben. Sebastian fand es ganz witzig – aber sensationell war es nicht.
    Er wechselte die CD.
    Ein Geruch nach frisch umgegrabener Muttererde stieg in seine Nase. Erdbeeren? Aus dem gelben Dunst schälte sich die Rückseite eines Sofas heraus, das mitten in einem Raum stand und über dessen Lehne ein Wandbehang ausgebreitet war. Das Bild von dem südamerikanischen Timu, welches auch jetzt noch in der Wohnung seines Vaters hing. Jemand saß auf dem Sofa und nähte. Seine Mutter. Es roch nach Feuer. Aus den Augenwinkeln sah er einen Kamin.
    Plötzlich war er in einen roten Nebel gehüllt, durchzogen von weißen Schlieren. Es war, als würde er unter Wasser schwimmen, in der Blutspur eines harpunierten Wals. Zuerst war es still. Dann hörte er etwas. Ein Murmeln, leise, dann lauter. Dann, ganz unvermittelt, schrie jemand. Eine Frau. Und ein Kind. Nein, mehrere Menschen schrien. Der rote Nebel war plötzlich von ihren Schreien erfüllt.
    Dann hörte er ein Krachen, wie von splitterndem Holz. Ein Feuer prasselte und übertönte das Schreien. Wieder ein Krachen. Eine Explosion. Was war das, an das sich sein Vater da erinnerte? Ein Unfall? Eine Katastrophe?
    Wumm. Ein Zischen, dann wieder eine Explosion.
    Direkt neben seinem Ohr weinte ein Kind.
    Er hörte jemanden rufen, ohne zu

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