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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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das stetige Pulsieren des Pixelscheins der Bilder in seinem Helm sehen konnte.
    »Ich handle nicht mit Feuerwaffen«, sagte der Schwarze. »Alte Armbanduhren, Messer von namhaften Herstellern, Spielzeug-soldaten...«
    Rydell fand, dass er schon genug mit Messern zu tun gehabt hatte. »Mir gefällt’s nur nicht, dass ich hier rum sitzen und warten muss.«
    »Das gefällt keinem«, sagte Chevette neben ihm. Sie hielt ein nasses Tuch aufs Auge gedrückt.
    Was Rydell daran am meisten zu schaffen machte, war die Frage, wie leicht er wieder vom Boden hochkommen würde. Die Seite mit dem Klebeband tat nicht mehr so furchtbar weh, aber er wusste, dass er steif werden würde. Er wollte Fontaine gerade nach den Messern fragen, als dieser sagte: »Na ja...«
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    »Na ja was?«, fragte Rydell.
    »Na ja«, sagte Fontaine, »sie gehört eigentlich nicht zu meinem Warenbestand, weißt du?«
    »Was denn?«
    »Ich hab da so ‘nen Anwalt, der kommt aus der Afrikanischen Union, ja? Ist ‘n politischer Flüchtling.«
    »Ja?«
    »Ja«, sagte Fontaine, »aber du weißt ja, wie das ist, wenn die Leute so was durchgemacht haben, diese ethnischen Säuberun-gen und so ‘nen Scheiß...«
    »Ja?«
    »Na ja, die haben gern das Gefühl, dass sie sich schützen können, wenn was passiert.«
    Rydell war eindeutig interessiert.
    »Das Problem ist«, fuhr Fontaine fort, »dass die dort so ‘ne Overkill-Mentalität haben. Und mein Anwalt, Martial, bei dem ist das auch so. Das heißt, er bemüht sich, das zu ändern, verstehst du? Ich hab ihm ‘nen Therapeuten und so besorgt, damit er lernt, dass er ohne Knarre rum laufen kann und nicht das Gefühl haben muss, er könnte jederzeit von Stammesfeinden weggepustet werden. Wir sind hier schließlich in Amerika, oder?«
    »Ich glaube, Sie könnten auch hier in Amerika jederzeit von Stammesfeinden weggepustet werden, Mr. Fontaine.«
    »Das stimmt«, sagte Fontaine und verlagerte das Gewicht auf die andere Pobacke, »aber Martial hat da ebensoein posttraumati-sches Dings, nicht?«
    »Sie helfen ihm bei diesen Problemen? Sie helfen ihm, indem Sie eine Waffe für ihn aufbewahren, Mr. Fontaine? Etwas, was er besser nicht in seinen eigenen Räumlichkeiten aufbewahren sollte?«
    Fontaine sah Rydell an. Spitzte die Lippen. Nickte.
    »Wo ist sie?«
    »In der Wand hinter uns.«
    Rydell sah die Wand zwischen ihnen an. »Ist das Sperrholz?«
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    »Größtenteils«, sagte Fontaine und schwang herum. »Siehst du das hier? Dieser Teil ist geflickt, mit Gipsspachtel. Wir haben hier einen Kasten angefertigt, ihn rein gesetzt, verspachtelt und alles übergemalt.«
    »Mit ‘nem Metalldetektor würde man sie vermutlich finden«, sagte Rydell und dachte an seine Ausbildung zurück, in der er gelernt hatte, solche Verstecke aufzuspüren.
    »Ich glaub nicht, dass da viel Metall dran ist«, sagte Fontaine, »jedenfalls nicht in der Mechanik.«
    »Können wir sie sehen?«
    »Schon«, sagte Fontaine, »aber sobald wir sie draußen haben, sitz ich mit dem Ding da.«
    »Nein«, sagte Rydell, »ich.«
    Fontaine brachte ein kleines Taschenmesser mit Knochengriff zum Vorschein. Klappte es auf und fing an, behutsam an der Wand herumzukratzen.
    »Wir könnten uns ein größeres Messer holen«, schlug Rydell vor.
    »Pst«, sagte Fontaine. Vor Rydells Augen legte die Messerspitze einen dunklen Ring von einer Größe frei, wie man ihn am Finger tragen würde. Fontaine pulte ihn aus dem gehärteten Putz, aber er schien an etwas befestigt zu sein. »Du ziehst hier dran, okay?«
    Rydell steckte den Mittelfinger durch den Ring und zog ein bisschen. Fühlte sich fest an.
    »Nur zu«, sagte Fontaine. »Mit Kraft.«
    Putz brach auf und bröckelte ab, als der dünne Stahldraht, der an dem Ring befestigt war, um die geflickte Stelle herum heraus-gezogen wurde und ihn wie trockenen Käse durchschnitt. Ein grobes, zwei, drei Zentimeter dickes Rechteck löste sich und fiel Rydell in die Hand. Fontaine zog etwas aus der frei gelegten rechteckigen Vertiefung. Es war in etwas eingewickelt, was wie ein altes grünes Hemd aussah.
    Rydell beobachtete, wie Fontaine das grüne Stück Stoff behutsam abwickelte und einen gedrungenen, schweren Gegenstand freilegte, der wie eine Kreuzung zwischen den quadratischen 305
    Wachspapier-Milchkartons aus Rydells Kindheit und einem großen Elektrobohrer aussah. Es war von einem einheitlichen, staubigen Olivgrün, und wenn es wirklich eine Feuerwaffe war, dann die unhandlichste, die Rydell je gesehen hatte.

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