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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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und Chevette einen Teller scharfe Wings mit Pommes.
    In diesem Laden roch es wirklich wie in einer Kneipe: abgestandenes Bier, Rauch, Bratfett, Schweiß. Sie erinnerte sich an die ersten Bars, in denen sie gewesen war, Kaschemmen an Highways im tiefsten Oregon, in denen hatte es genauso gerochen. Die Bars in L. A., in die Carson mit ihr gegangen war, hatten praktisch nach gar nichts gerochen. Ungefähr wie Aromatherapie-kerzen.
    Am einen Ende des Ladens war eine Bühne, nicht mehr als eine niedrige schwarze Plattform, die sich ungefähr dreißig Zentimeter über den Fußboden erhob, und dort machten sich gerade Musiker bereit und stöpselten ihre Instrumente ein. Sie sah ein Keyboard, Drums, einen Mikroständer. Chevette hatte sich nie besonders für Musik interessiert, jedenfalls nicht für eine be-181
    stimmte Stilrichtung, obwohl sie in ihrer Kurierzeit nach einer Weile Spaß daran gefunden hatte, in den Clubs in San Francisco zu tanzen. Carson jedoch, der hatte einen sehr eigenen Musikge-schmack gehabt, und er hatte Chevette beizubringen versucht, seine Musik genauso gut zu finden wie er, aber es war einfach überhaupt nicht ihr Ding gewesen. Er stand auf Sachen aus dem 20. Jahrhundert, viel französisches Zeug, besonders von diesem Serge Soundso – echt ätzend, es klang, als würde jemand dem Kerl beim Singen langsam einen runter holen, aber ohne dass es ihn in Wirklichkeit sonderlich antörnte. Sie hatte sich – irgendwie aus Selbstschutz – die neue Scheibe von Chrome Koran gekauft, »My War Is My War«, die ihr allerdings nicht gerade übermäßig gefiel, und das eine Mal, als sie sie in Carsons Anwesenheit auflegte, sah er sie an, als hätte sie ihm auf den Teppich ge-schissen oder so.
    Die Typen, die sich nun da vorn auf der kleinen Bühne fertig machten, waren keine Brückenbewohner, aber sie wusste, dass es Musiker gab – sogar einige berühmte –, die auf der Brücke Aufnahmen machten, weil es eben cool war.
    Oben stand ein korpulenter Mann mit weißem, stoppelbärti-gem Gesicht und einer Art zerknautschtem Cowboyhut auf dem Hinterkopf. Er fummelte mit einer nicht angeschlossenen Gitarre herum und hörte einem kleineren Mann in Jeans zu, dessen Gürtelschnalle einem gravierten silbernen Servierteller ähnelte.
    »He«, Chevette zeigte auf den wasserstoffblonden Mann mit der Gürtelschnalle, »wird ‘n Mädchen im Dunkeln belästigt und erzählt dann, es ist ‘ne Netzkappe gewesen. >Aha, und woher weißt du das, wenn’s doch dunkel war?< >Weil er ‘n winzigen Schwanz und ‘ne riesige Gürtelschnalle hatte !<«
    »Was ist eine Netzkappe?« Tessa kippte den Rest ihres Bieres hinunter.
    »Skinner hat sie Rednecks genannt«, sagte Chevette. »Kommt von diesen Nylon-Baseballkappen, die sie immer tragen, die mit dem schwarzen Nylonnetz hinten dran, wegen der Belüftung.
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    Meine Mutter hat die Dinger immer >Gimma<-Mützen genannt...«
    »Warum?«
    >»Gimma so ‘ne Mütze.< Haben sie umsonst verteilt, mit Werbung drauf.«
    »Für Country Music und solche Sachen?«
    »Na ja, mehr für so Typen wie die Dukes of Nuke ‘Em und so.
    Glaub nicht, dass das Country Music ist.«
    »Das ist die Musik des entrechteten, vorwiegend weißen Prole-tariats«, sagte Tessa, »das im post-postindustriellen Amerika immer mehr den Boden unter den Füßen verliert. Das haben sie jedenfalls auf Real One gesagt. Aber diesen Witz mit den großen Schnallen gibt’s auch bei uns in Australien, nur sind’s da Piloten und Armbanduhren.«
    Chevette dachte, dass der Mann mit der Gürtelschnalle sie anstarrte, und schaute deshalb weg, hin zu der Schar, die sich um den Billardtisch drängte, und dort waren tatsächlich zwei Kappen mit Netzeinsätzen zu sehen. Sie zeigte sie Tessa, als Beispiel.
    »Verzeihung, die Damen«, sagte jemand, eine Frau, und Chevette drehte sich um und blickte direkt in die Schusslinie eines mächtigen Busens, der in ein glänzendes schwarzes Top geschnürt war. Eine riesige Wolke aufgeplusterter blonder Haare à la Ashleigh Modine Carter, für Chevette eine Sängerin, die sich Netzkappen anhören würden, sofern sie sich überhaupt Frauen anhörten – was sie bezweifelte. Die Frau stellte ihnen zwei frisch geöffnete Redbacks auf den Tisch. »Mit einem schönen Gruß von Mr. Creedmore«, sagte sie und strahlte sie an.
    »Mr. Creedmore?« fragte Tessa.
    »Buell Creedmore, Schätzchen«, sagte die Frau. »Der da vorn, der sich gerade zusammen mit dem legendären Randy Shoats an den Soundcheck

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