Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
Vom Netzwerk:
haben dich in ein Tuch hüllen müssen, damit niemand dich sieht. Du hast ausgesehen wie ein Teppich.« Ylenia hockte sich neben mich ins Gras. Ihre Hand glitt zu meiner Stirn und prüfte meine Körpertemperatur. Sie nickte zufrieden.
    »Weshalb bin ich nicht mehr im Kerker? Und warum trage ich frische Kleidung?« Die Gedächtnislücken, mit denen ich in letzter Zeit anscheinend öfter konfrontiert wurde, beunruhigten mich. Es hatte auch früher schon Momente gegeben, die sich meiner Erinnerung entzogen, und meist waren es jene Augenblicke, in denen Norrizz die Oberhand über meinen Körper gewonnen hatte. Ich dachte nur ungern an jenen Tag meines siebten Lebensjahres zurück, als ich ein anderes Kind getötet haben sollte. Die Erkenntnis schoss mir wie eine Revolverkugel ins Mark. Was, wenn es sich diesmal genauso verhalten hatte? Was, wenn die Drogen tatsächlich nicht mehr als ein alberner Scherz von Galren oder Myrius gewesen waren? Vielleicht hatte Norrizz den König getötet. Weshalb hatte ich nicht früher daran gedacht?
    Ich schüttelte die Gedanken ab. Es machte wenig Sinn, sich jetzt noch den Kopf darüber zu zerbrechen.
    »Weshalb du frische Kleidung trägst? Hattest du etwa vor, im Leichenhemd weiterzureisen?«, fragte Ylenia. Ihr Mund verzog sich zu einem schiefen Grinsen.
    »Leichenhemd?« Ich hatte das Wort zwar vernommen, aber seine Bedeutung entzog sich meinem Verstand. Ich vermochte die Zusammenhänge nicht zu erkennen.
    Ylenia senkte beschämt den Blick, eine Geste, die ich von ihr nicht gewohnt war. »Vielleicht sollte ich von vorn anfangen mit der Geschichte.«
    »Ich bitte sogar darum.« Ich versuchte, meinen Oberkörper nach oben zu stemmen, aber Arc legte seinen massigen technischen Arm auf meine Brust, drückte mich wieder runter und gab mir damit zu verstehen, dass ich liegen bleiben sollte.
    »Nun gut, du sollst alles erfahren.« Ylenia hob den Kopf und lächelte wie jemand, der sich an Vergangenes erinnert. Ihr Blick schweifte in die Ferne. »Es ist jetzt fast drei Tage her, seit du gestorben bist.«
    »Gestorben?« Ich vergaß meine guten Manieren und fuhr ihr ins Wort. Meine Stimme kippte.
    Ylenia sah mich einen Augenblick lang fragend an, dann schüttelte sie den Kopf. »Lass mich weiterreden, ohne mich zu unterbrechen, du ungeduldiger Holzkopf!« Sie sagte es in einem Tonfall, der die Bedeutung ihrer Worte Lügen strafte. Sie lachte breit, und ich hatte das Gefühl, dass sie erleichtert war, als hätte sich ein Knoten in ihr gelöst. Sie kam mir fremd vor.
    Ich schwieg, und sie setzte ihren Bericht fort. Ich nahm mir fest vor, mir alles anzuhören, ohne sie zu unterbrechen, und wäre es noch so abenteuerlich.
    »Ich habe dir Usberussamen in den Kuchen gemischt. Ich verstehe mich gut auf Heil- und Zauberkräuter.« Sie zeigte auf die kleine Schale, die neben mir lag und aus der noch immer eine kleine Rauchschwade aufstieg. Ylenia hatte von Beginn an ein Faible für esoterischen Kram wie Amulette oder Kräuter gehabt.
    »Ich gehe nicht davon aus, dass dir die Wirkung dieser Samen bekannt ist«, fuhr sie fort. »Kaum jemand kennt sie, und darauf hatte ich spekuliert. Sie schmecken ähnlich wie Zimt und sind leicht in Speisen zu mischen, allerdings ist es schwierig, sie richtig zu dosieren. Ich hatte befürchtet, dass du entweder zu früh oder nie wieder erwachen könntest.« Ein entschuldigender Blick streifte mich. »Ich habe aber alles richtig gemacht. Du bist in einen Tiefschlaf gefallen. Sogar Dr. Kendew hat geglaubt, du wärest tot. Ich vermute, er hat keine große Sorgfalt walten lassen, als er deine vermeintliche Leiche untersucht hat. Du hast schrecklich gestunken und die meisten waren froh über deinen Tod.« Sie lächelte entwaffnend und machte eine kurze Pause. »Als Küchenmagd war es nicht einfach für mich, an die entsprechenden Informationen heranzukommen, denn dein Prozess wurde auf Wunsch einiger deiner Soldatenkollegen der Öffentlichkeit vorenthalten. Ich kann nur spekulieren, was sich genau abgespielt haben mochte, als man dich tot in deiner Zelle gefunden hat. Von einem der Wachmänner erfuhr ich, dass man deinen Leichnam nicht verbrennen lassen wollte, so wie es Brauch ist bei den Alven. Du kannst dir nicht vorstellen, wie schockiert ich war, als ich in diesem Moment zum ersten Mal von eurem Bestattungsritual erfuhr! Alles wäre umsonst gewesen, und ich hätte auf ewig mit dem Gedanken leben müssen, dich getötet zu haben.« Sie schüttelte den Kopf, als wollte sie

Weitere Kostenlose Bücher