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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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Äußeres, selbst die Arbeit als Küchenmagd hatte sie nie davon abhalten können, sich modisch zu kleiden. Sie ging zurück in die Hütte. Ich hörte, wie sie eine Weile darin herumpolterte, ehe sie wieder herauskam. Über ihrem Arm hing ein Mantel, den sie mir reichte. Es war ein Kleidungsstück aus meinem Schrank. Scheinbar hatte sie an alles gedacht. Ich legte mir den Mantel über die Schultern, obwohl ich nicht fror.
    Ylenia setzte sich abermals auf ihren Platz neben mich. Sie nahm das Pendel und steckte es in die Tasche ihrer Schürze. Unsere Blicke trafen sich kurz, und sie verzog den Mund zu einem Lächeln. »Ich verstehe mich ein wenig auf Zaubertricks«, sagte sie, als müsste sie sich für etwas entschuldigen. »Anders hätte ich es auch nie zustande gebracht, dich ins Leben zurückzuholen.«
    Ich erwischte mich dabei, wie ich sie endlose Sekunden lang anstarrte. In meinem Kopf arbeitete es. Ich war mir noch immer nicht der Tragweite dessen bewusst, was sie getan hatte, oder zumindest vorgab, getan zu haben. »Weshalb befreist du mich ein zweites Mal aus einem Kerker?« Es lag kein Vorwurf in meiner Stimme, nur ehrliche Neugier.
    Ich bemerkte, wie Ylenias Wangen einen zarten Rotton annahmen. »Ich habe dich nicht ein zweites Mal aus dem Kerker befreit. Diesmal habe ich dich dem Grab entrissen. Aus dem Kerker haben dich andere getragen.«
    »Das erscheint mir beinahe noch ungeheuerlicher.« Ich stieß einen Laut aus, halb Lachen, halb Husten. Ich versuchte, die Situation mit Humor zu betrachten, konnte jedoch nichts Amüsantes daran finden.
    Ylenia seufzte leise. »Das erste Mal habe ich dich befreit, weil ich auf der Suche nach einer neuen Anstellung war – purer Eigennutz. Jetzt stehen die Dinge ein wenig anders.« Sie senkte die Stimme. »Ich glaube an deine Unschuld. In Denfolk hatte ich mir in den buntesten Farben ausgemalt, wie mein Leben in Elvar aussehen würde. Ich dachte, es sei schick und fein und ich würde eine wunderbare Zeit hier verbringen. Ich träumte von vornehmen Dinnerpartys und exklusiven Kontakten. Was ich bekam, war harte Arbeit in der Küche. Dazu der Hass, der mir von allen Seiten entgegenschlug. Ich bin eine Menschenfrau, und zudem eine aus dem Norden.«
    Das hätte ich dir gleich sagen können , waren die Worte, die mir auf der Zunge lagen, meine Lippen jedoch nicht verlassen wollten. Stattdessen schwieg ich.
    Ylenia hob den Kopf. Wieder einmal fiel mir ihr schönes Gesicht auf, wenn sie es nicht zu einer spöttischen Grimasse verzog oder in einem Anfall von Aufsässigkeit in Falten legte. »Außerdem …« Sie stockte. »Außerdem mag ich dich wirklich sehr. Ohne dich hätte ich mich noch einsamer gefühlt.«
    Mir fehlten die passenden Worte. Niemals zuvor hatte jemand etwas Nettes zu mir gesagt, und erst recht keine Dame. Wie ein Schwachkopf ließ ich den Moment verstreichen, in dem ich ihr hätte sagen können, dass ich dasselbe für sie empfand. Stattdessen saß ich nur stumm da und stieß sie mit meinem Schweigen vor den Kopf. Aber es kam noch schlimmer, ich zerstörte den Augenblick, indem ich das Thema wechselte.
    »Wie hast du es angestellt, mich ungesehen hierher zu schaffen?«
    Ylenia sah mich verwirrt an, dann räusperte sie sich und wurde wieder ernst. »Arc und ich haben dich gestern Nacht ausgegraben. Der Technoid ist ein guter Kerl. Er befolgt nur deine Befehle, aber ich konnte ihn davon überzeugen, dass er auf mich hören muss, wenn er dein Leben retten will. Weshalb, kann ich mir nicht erklären, aber er hat die ganze Zeit gewusst, dass du noch lebtest. Vielleicht hat er es gespürt. Ich glaube an solche Verbindungen zwischen Individuen.« Sie griff in ihre Schürzentasche und zog wie zur Demonstration das Pendel ein Stück weit hervor, ehe sie es wieder hineingleiten ließ.
    »Arc hat dich den ganzen Weg hierher getragen. Wenn wir unsere Arbeit gut gemacht haben, dürfte niemandem dein Verschwinden aufgefallen sein.«
    Ich holte tief Luft und stieß sie als Seufzer wieder aus. Ich wollte nicht daran erinnert werden, dass ich bis vor wenigen Stunden in einem Grab unter der Erde gelegen hatte. Das war ein Gedanke, den es schnellstens zu verdrängen galt.
    »Arcs und dein Verschwinden wird auffallen«, merkte ich an. Ich warf dem Technoiden einen Blick zu. Es schien, als wäre er in seine eigenen Gedanken versunken. Man hatte ihm eingeschärft, sich nicht in die Unterhaltung zweier Alven oder Menschen einzumischen, und er befolgte Befehle im Allgemeinen

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