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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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rumpelnd über die Wiese zog, fiel mir ein, dass Arc die Stadt nie zuvor verlassen hatte, zumindest nicht, soweit ich mich zurückerinnern konnte. Man hatte ihn vor meiner Geburt als Kampfmaschine für den Kriegsdienst entworfen, doch selbst an den Gefechten gegen die Nordmänner hatte er sich nie beteiligen müssen. Ich schluckte, denn mit einem Mal wurde mir bewusst, dass er die Strapazen einzig meinetwegen auf sich nahm. Arc würde mir überallhin folgen. Bedingungslos.
    Ehe wir die belebten Straßen erreichten, wo man uns hätte erkennen können, verließen wir den Weg und tauchten in einen kleinen Wald ein. In stillem Übereinkommen hielten wir uns Richtung Norden. Ylenia ging mit erhobenem Haupt neben mir her, gelegentlich richtete sie ihren Hut. Wir mussten einen seltsamen Anblick bieten. Zwar hatte sie sich alle Mühe gegeben, Arcs Besonderheiten unter weiter Kleidung zu verbergen, doch ein geübter Blick vermochte dennoch zu erkennen, dass er kein gewöhnlicher Mensch oder Alve aus Fleisch und Blut war.
    »Hast du dir eigentlich Gedanken gemacht, wie wir ohne Geld und zentnerweise Proviant bis ans Ende der Welt gelangen sollen?«, fragte ich in die Stille hinein.
    Ylenia bedachte mich mit einem tadelnden Seitenblick. »Hältst du mich für so einfältig, dass ich einfach so losziehe, ohne einen Plan?«
    Ich zuckte nur die Achseln, woraufhin Ylenias Wangen sich rot färbten, ich nehme an, vor Empörung. »Ich habe meinen Lohn gespart. Wir gehen nur bis Evensedge zu Fuß. Dort kaufen wir uns ein Pferd. Oder auch zwei. Es müssen ja keine Zuchthengste sein.« Sie warf den Kopf herum, sodass ihre braunen Locken unter ihrem Hut um ihr Gesicht wirbelten. »Übrigens sollten wir uns Decknamen überlegen.« Ihr schnippischer Tonfall war der einer beleidigten Zicke. »Ich bin von jetzt an Minna, eine wandernde Wahrsagerin. Niemand wird Verdacht schöpfen, weil es viele dieser selbst ernannten Hexen auf den Straßen Calaniens gibt. Sie ziehen von Stadt zu Stadt und versuchen, ein paar Kupferne bei jenen zu verdienen, die einen Sinn für Esoterik haben. So können wir am einfachsten erklären, weshalb wir Fremde sind und eine Karre hinter uns herziehen.«
    »Eine Wahrsagerin?« Ich konnte mir ein amüsiertes Prusten nicht verkneifen. »Wie kommst du denn darauf?«
    Ein zorniger Blick von ihr ermahnte mich, sie besser nicht zu reizen und still zu sein. Minna, die Wahrsagerin. Nun gut, ihre Pendel und Amulette passten zu ihrer neuen Identität. Vielleicht handelte es sich sogar um einen lang gehegten Kindheitstraum von ihr.
    »Und wie willst du genannt werden?«, fragte sie. »Arc nennen wir Ben. Das ist kurz und klingt nach einfachem Bauerntum.«
    Ich schüttelte den Kopf, vermochte ihr aber keine spontane Antwort zu geben. Ylenia musterte mich von oben bis unten und wieder zurück, als hätte sie mich an diesem Tag zum ersten Mal gesehen. »Nennen wir dich Evan. Diesen Namen haben wir ja schon in Brysben für dich verwendet. Er gefällt mir immer noch.«
    »Klingt das auch nach einfachem Bauerntum?« Ich grinste sie an, was mir einen Klaps auf den Hinterkopf bescherte. »Vielleicht sollte ich einen Namen wählen, der mehr nach einem auferstandenen Untoten klingt.« Ich konnte den Sarkasmus in meiner Stimme nicht verbergen. Ylenia ging darüber hinweg und wir verfielen eine Weile in Schweigen.
    Unser Weg führte uns durch einen Eichenwald, dessen ausgetretene Wege sich nicht dazu eigneten, eine Handkarre hinter sich herzuziehen. Der Wagen knirschte, quietschte und ratterte, bis ich glaubte, er würde jeden Moment auseinanderfallen. Arc störte sich indes nicht an der zusätzlichen Last, die wir ihm aufgebürdet hatten. Ich ging in einigem Abstand hinter ihm und beobachtete seine gleichförmigen Schritte. Er wirkte in seinem Hemd und der weiten Hose tatsächlich beinahe wie ein Mensch, obwohl seine Bewegungen eine Spur stockend und ungleichmäßig anmuteten.
    Während ich ihn betrachtete, drängte sich mir unweigerlich eine Frage auf. »Seit wann planst du diese Reise, Ylenia? Man könnte annehmen, du wüsstest schon länger als drei Tage davon.«
    Ylenia zuckte zusammen, da meine Stimme in der Stille des Waldes wie ein Donnerschlag tönte. »Ich habe mir eben Mühe gegeben, alles in kurzer Zeit zu organisieren.« Ihr Tonfall verriet, dass sie nicht darüber sprechen wollte. Im Grunde war es mir recht. Auch ich vermied es, allzu lange darüber nachzudenken, was in den drei Tagen vorgefallen sein mochte, in denen ich als

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