Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
Vom Netzwerk:
und die Hose, die Ylenia für mich ausgesucht hatte, entsprachen nicht meinem modischen Geschmack. Ganz zu schweigen von dem fürchterlichen Hut! Ich nahm ihn vom Kopf, drehte ihn in der Hand und spielte mit dem Gedanken, ihn in einem unbeobachteten Moment in die Büsche zu werfen.
    »Zieh ihn dir wieder über die Ohren«, knurrte Ylenia neben mir, obwohl sie mich nur aus den Augenwinkeln gesehen haben konnte. »Wir wollen doch keine Aufmerksamkeit erregen, oder?«
    Sie wandte mir den Kopf zu. Es hatte eine Zeit gegeben, in der mich Ylenias rechthaberischer Befehlston zur Weißglut gebracht hätte, doch mittlerweile schätzte ich ihre direkte und ehrliche Art. Ihr mädchenhaftes Aussehen stand zwar in Konflikt mit ihrem emanzipierten Gehabe, doch ich hatte mich daran gewöhnt, eine Frau auf Augenhöhe zu akzeptieren.
    »Man sollte dir deine Abstammung möglichst nicht anmerken«, fuhr sie fort. »Zum Glück sieht der Rest von dir nicht nach Alve aus. Nun ja, bis auf die Körpergröße vielleicht und die Gesichtszüge, wenn man genauer hinsieht. Du darfst nicht vergessen, wir sind unterwegs in einem Gebiet, in dem bis vor wenigen Wochen noch Krieg geherrscht hat. Ich denke, die Alven haben sich dort nicht sonderlich beliebt gemacht.«
    Ich stieß einen Laut des Missmuts aus und zog mir den schwarzen Hut mit der schmalen Krempe wieder über den Kopf. Wahrscheinlich sah ich damit aus wie das missglückte Abbild eines edlen Geschäftsmannes, aber meine restliche Kleidung strafte diesen Eindruck Lügen. Wir bildeten einen seltsamen Tross: ein als Mensch verkleideter Technoid, eine für ihren Stand zu gut gekleidete Wahrsagerin und ein modisch desorientierter Gentleman. Spätestens, wenn wir die nächste Stadt erreichten, würden wir die Blicke auf uns ziehen. Ich hoffte nur, dass uns dort niemand kannte.
    Gegen Mittag verbreiterte sich die Straße. Wagenspuren zeugten von regelmäßiger Benutzung, doch ich konnte nirgendwo eine Menschenseele entdecken.
    Wir rasteten am Wegrand. Ylenia hatte Trockenfleisch, Brot und etwas Obst aus der Küche des Palastes stibitzt, damit wir bis Evensedge nicht hungern mussten. Sie hatte sogar einen Teller für Arc eingepackt, doch der Technoid verweigerte organisches Essen von jeher. Ylenia fragte mich daraufhin, womit Arc angetrieben werde, worauf ich ihr keine befriedigende Antwort geben konnte. Ich hatte nie eingehend darüber nachgedacht, was meinem Naturell als Wissenschaftler hätte widersprechen müssen. Ich sagte ihr, dass Magie im Spiel sein müsse, ich das aber nicht so genau wisse. Wie sollte ich auch – alles, was Magie betraf, war mir ein Rätsel. Diesen Zusatz verkniff ich mir jedoch. Ylenia schüttelte nur den Kopf und runzelte die Stirn, als glaubte sie mir nicht, dass ich die Wahrheit sagte. Daraufhin richtete sie ihre Frage direkt an Arc. Die Tatsache, dass er ihr überhaupt antwortete, verwunderte mich. Der Inhalt seiner Worte entlockte auch mir ein Stirnrunzeln. Arc faselte etwas von Roter Energie . Ich hatte nie zuvor davon gehört und stellte mir die Frage, ob sich überhaupt schon einmal jemand die Mühe gemacht hatte, es herauszufinden. Breanor hatte Arc nie zu seinem Forschungsobjekt erklärt. Entweder verfügte er über Wissen, das er mir vorenthalten hatte, oder es interessierte ihn schlichtweg nicht, es zu untersuchen.
    Nachdem wir unser Geschirr notdürftig in einem kleinen Bach gewaschen und wieder in der Karre verstaut hatten, setzten wir unsere Reise fort. Hatten die Spuren der Besiedlung zunächst mit steigender Entfernung zur Hauptstadt nachgelassen, nahmen sie nun wieder zu. Ich nahm an, dass wir uns einem Dorf oder einer Stadt näherten. Von Weitem sah ich Gehöfte und in die Landschaft gestreute Bauernhäuser. Auch der Verkehr auf der Straße schwoll an. Wir begegneten überwiegend Kutschen oder Pferdewagen, die jedwede Art von bäuerlicher Fracht transportierten. Die wenigsten Menschen schenkten uns Beachtung, und wenn, dann lediglich in Form skeptischer Beäugung von Fremden.
    Am frühen Abend erreichten wir ein kleines Dorf. Sofort bemerkte ich die teilweise zerstörten Häuser. Die Löcher in den Fassaden wirkten frisch, und auch der Brandgeruch, der manchen Gemäuern anhaftete, war noch deutlich wahrzunehmen. Ich entdeckte leere Patronenhülsen mit dem eingravierten königlichen Wappen am Straßenrand. Die Spuren des Kriegs. Meine erste Reaktion war Verwunderung, dann Bestürzung und schließlich blanker Hass. Weshalb hatten die Soldaten des

Weitere Kostenlose Bücher