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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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weiteren Tag und eine weitere Nacht, bis wir endlich das Schild erreichten, das die Schlucht in einer Meile Entfernung ankündigte. Ein seltsames Gefühl streifte mich. Bald würde ich weiter als je zuvor von meiner Heimat entfernt sein. Ich verbot mir die Wehmut, die mich zu packen drohte. Was würde ich vermissen? Breanors Tadel und Myrius’ Kaltherzigkeit? Der vergrämte Meistermagier saß nun auf dem Thron Calaniens. Mir erschien seine Beteiligung an Castios’ Tod nicht einmal unwahrscheinlich. Vielleicht hatte er mir die Drogen verabreicht. Eines Tages würde ich es erfahren, das schwor ich mir. Ich schüttelte meine mit Bitterkeit getränkten Gedanken ab. Ich wollte mir nicht diesen klaren Frühlingstag vermiesen. Ein historischer Tag, denn heute würde ich den entscheidenden Schritt tun, der mich auch geografisch von meiner Vergangenheit abschnitt.
    »Hast du daran gedacht, Geld für die Überfahrt mitzunehmen?«, fragte ich Ylenia, als die Südstation des Amoviums vor uns auftauchte.
    »Ich habe alles Geld, dessen ich habhaft werden konnte, mitgenommen. Ich hoffe sehr, dass es für die Überfahrt und ein Pferd in Evensedge reichen wird. Allerdings habe ich keine Ahnung, wie viel eine Überfahrt und ein Pferd kosten.«
    »Wir sollten mit mindestens drei Silbernen für die Überfahrt pro Person und zehn Goldenen für ein Pferd rechnen.«
    Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie Ylenias Wangen an Farbe verloren, doch sie erwiderte nichts. Mich beschlich das ungute Gefühl, dass wir auch weiterhin ohne Pferd auskommen mussten. Nun ja, ich war ohnehin nicht versessen darauf, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Ich war zum ersten Mal in meinem Leben wirklich glücklich, auch wenn ich dazu die Rolle des Begleiters einer wandernden Wahrsagerin spielen musste.

Kapitel 11
    Neues Leben, alte Wunden

    Als wir uns der Schlucht näherten, bemerkte ich sogleich, dass der Schwebende Harry nicht an der Südstation ankerte, sondern am Nordende. Außer uns warteten noch andere Reisende auf seine Rückkehr und die nächste Überfahrt, für mich eine willkommene Pause. Der Wärter, der das Amovium bediente und die Reisenden um die Gebühr erleichterte, war ein Soldat, der mir seltsam bekannt vorkam. Ich hätte schwören können, ihm vor Jahren schon einmal im Perlenturm begegnet zu sein. Ein kalter Schauder lief mir über den Rücken und ich hoffte inständig, dass er weder mich noch Arc erkannte. Ylenia übernahm es, die Fahrkarten zu lösen. Ich brachte indes ein wenig Abstand zwischen mich und die Südstation, indem ich mit Arc am Zaun entlangspazierte, der Passanten vor einem Sturz in die Tiefe bewahren sollte. An einer Stelle, die mir besonders idyllisch vorkam, blieb ich stehen und ließ den Blick über die Landschaft schweifen. Die Schlucht war ein Riss von etwa hundertfünfzig Yards Breite und unbestimmter Länge, die sich wie ein Kratzer in die felsige Landschaft schnitt. Es ging mehr als fünfzig Yards hinab, die steilen Wände gespickt mit spitzen Gesteinsformationen. Am Grund gab es nichts als Steine jedweder Größe, ab und an reckte ein vorwitziges dürres Bäumchen seine Äste zwischen den Felsspalten hervor. Ich beschattete meine Augen mit der Handkante und spähte zur Nordstation hinüber. Die Bauart des Amoviums erinnerte an jene Plattform, die in Elvar die Insel der Akademie mit dem Festland verband. Das Gefährt spannte sich zwischen zwei parallel verlaufenden armdicken Drahtseilen. Ich beobachtete, wie auf der gegenüberliegenden Seite zwei Pferde hinaufgeführt wurden. Die Tiere scheuten und rissen die Augen auf. Ja, das konnte ich in der Tat erkennen, denn meine Sehkraft war seit jeher absonderlich gut. Zwar schützte ein Geländer Fracht und Reisende vor einem Sturz in die Tiefe, aber ich denke, diese Argumente konnten ein Pferd nur wenig überzeugen. Gerade, als ich mich auf einem Felsen niederlassen wollte, hörte ich ein paar Schritte neben mir ein Schluchzen. Ich lehnte mich ein wenig über den Zaun und erblickte unter mir einen Mann, der über die Absperrung geklettert sein musste und sich auf einem winzigen Felsvorsprung, nicht breiter als zwei meiner Hände, mit dem Rücken gegen die Wand presste und in die Tiefe blickte. Würde er sich umdrehen, könnte er mit den Händen die obere Kante erreichen, doch ich hatte das Gefühl, er beabsichtigte überhaupt nicht, sich zu retten.
    »Er ist in Gefahr«, sagte Arc, wie immer im nüchternen Tonfall eines Technoiden. »Soll ich ihm helfen?«
    Noch ehe

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