Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
Vom Netzwerk:
seine Schutzwehren, die mich von seinem Bewusstsein fernhielten, vernachlässigt und mir ungewollt vollen Zugang zu seinen Sinneseindrücken gewährt. Ylenias Berührung fühlte sich tröstlich an. Jedenfalls würde ich nicht in Einsamkeit sterben.
    »Wo ist Arc?«, fragte sie. »Arc! Arc!« Sie rief ihn immer wieder.
    Hoffentlich war er schlau genug, uns nicht zu folgen , dachte ich.
    Norrizz fiel in ihre Rufe ein. Wenige Augenblicke später sah ich einen Lichtpunkt in der Ferne. Schwach, aber deutlich wahrnehmbar. In der völligen Schwärze der Dunkelheit wirkte er auf mich wie das hellste Licht, das ich je gesehen hatte. Norrizz und Ylenia gingen darauf zu, ihre Finger ineinander verschränkt. Die Intensität des Lichts nahm geringfügig zu. Ein heller Punkt, etwa so groß wie eine Kupfermünze.
    Etwas Hartes prallte gegen Norrizz’ Kopf, er taumelte einen Schritt zurück.
    »Entschuldigung.« Es war Arcs blecherne Stimme. Wir waren mit den Köpfen zusammengestoßen. Natürlich würde Arc mich nie allein zurücklassen und mir überallhin folgen, sogar in den Tod. Ich hätte es ahnen müssen.
    »Ich habe die Glühlampe an meinem Arm zum Leuchten gebracht«, sagte der Technoid in nüchternem Tonfall. Ich beneidete ihn in diesem Moment um seine Unfähigkeit, etwas zu empfinden. »Aber das Licht reicht nicht weit, auch streut es kaum. Dieser Ort ist unwirklich.«
    Seine Schlussfolgerung traf den Nagel auf den Kopf. Unwirklich war das Wort, das die Dunkelheit wohl am ehesten beschrieb. Es wehte kein Wind, Geräusche und Licht drangen nur wie durch einen Filter an meine Sinne. Wenn niemand sprach, war es sogar vollkommen still.
    Norrizz ging in die Knie und tastete mit den Fingern nach dem Untergrund. Er war glatt, weder kalt noch warm. Wie eine Glasscheibe, aber weniger kühl.
    »Was hast du dir dabei gedacht?«, fragte er, wohl an Ylenia gerichtet. Endlich sprach jemand die Frage aus, die mir seit einer gefühlten Ewigkeit auf der Zunge lag, aber meinen Mund nicht verlassen konnte.
    »Ich führe uns durch die Dunkelheit hindurch, einem besseren Leben entgegen.« Sowohl ihre Worte als auch ihr Tonfall hatten etwas Poetisches an sich, aber mir stand nicht der Sinn nach solcherlei Gerede.
    »Was meinst du damit?« Vollkommene Finsternis hatte den Nachteil, dass man weder einen fragenden Blick noch sonstige Gesten, die mehr preisgaben als Worte, sehen konnte. Norrizz klang seltsam ruhig. Ich fragte mich, was ihn so sicher machte, das Tageslicht je wiederzusehen. Oder störte ihn der Tod am Ende überhaupt nicht? War es vielleicht das gewesen, was er von Anfang an beabsichtigt hatte? Uns beide zu töten? Ich schauderte und verdrängte diesen Gedanken. Selbst, wenn er sich nichts aus unserem Leben machte, konnte ich mir dennoch schwer vorstellen, dass die energische und lebensfrohe Ylenia dieselben Ziele verfolgte.
    Ein Lichtpunkt blitzte erneut vor meinen Augen auf. Das seltsame kleine Teil, das Ylenia kurz zuvor von Arcs Arm abmontiert hatte, entsandte einen blassbläulichen Schein. Norrizz griff danach, bekam jedoch nur Ylenias Fingerspitzen zu fassen, die ihre Hand weggezogen hatte.
    »Das ist ein Kompass, das habe ich dir doch schon gesagt«, fauchte sie ihn an. »Nur mit diesem Kompass ist es möglich, aus der Dunkelheit herauszufinden. Glaubst du, ich wäre ansonsten so lebensmüde gewesen, uns hier hineinzuführen?«
    Norrizz erwiderte nichts, er teilte meine Verblüffung.
    »Du fragst dich sicher, woher ich diese Information habe.«
    Obwohl ich Ylenia nicht sehen konnte, glaubte ich, sie würde selbstzufrieden grinsen. »Ich stehe in Kontakt mit jemandem, der auf der anderen Seite der Dunkelheit lebt.«
    »Das ist vollkommen unmöglich!« Norrizz sprach genau das aus, was ich in diesem Moment ebenfalls gesagt hätte. »Es gibt nichts jenseits der Dunkelheit .« Ich spürte, wie allmählich doch Unbehagen in ihm aufstieg. Er schwitzte.
    »Vertrau mir einfach. Ich habe eine Methode gefunden, mit jemandem dort zu kommunizieren.« Ylenias Tonfall war noch immer von einem Grinsen gefärbt. »Er hat mir gesagt, wo ich den Kompass finde, nämlich bei Arc.«
    Norrizz machte einen Schritt in die Richtung, aus der Ylenias Stimme gekommen war und griff nach ihr. Ich war mir sicher, er hätte sie geschlagen, wenn er sie zu fassen bekommen hätte. Aha. Norrizz hing also doch an unserem Leben. Vermutlich war er einfach schwer von Begriff und der Ernst der Situation sickerte erst jetzt zu ihm hindurch.
    »Woher willst du wissen,

Weitere Kostenlose Bücher