Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
beeindruckt von mir, um nicht zu sagen schockiert, weil ich nicht nur nicht mal die Hälfte der Zeit gebraucht hatte, um den Test zu bearbeiten. Auch nicht, weil ich trotzdem alles richtig hatte, sondern weil ich ihm in der kleinen Nachbesprechung auch noch mitteilte, wie das Ganze effektiver sein könnte. Für Fynia war das langweilig, doch sie ließ sich nichts anmerken, denn immerhin hatte ich mir die zwei Stunden vorher schon ihr Geplapper über Pädagogik und Pferdepsychologie angehört.
Als James und ich fertig waren, fragte er nur kurz, wann ich mit dem Studium beginnen würde, weil die Firma solche Leute wie mich dringend sucht. So ein Naturtalent wollten sie sich nicht durch die Finger gehen lassen. Tja das war mein Schock des Tages (nach Fynia natürlich). Studieren? Noch mehr Schule? Außerdem brauchte ich dafür ja Abitur!
Ich glaube, dies muss der glücklichste Tag im Leben meiner Eltern gewesen sein. Anfangs waren sie noch misstrauisch gewesen, als ich zuhause spontan verkündete, dass ich nun strebsam sein möchte, weil ich das Abitur bräuchte. Aber als ich tatsächlich jeden Tag meine Hausaufgaben hatte und meine Mutter zum Elternsprechtag zitiert wurde, nur um ihr mitzuteilen, dass sich ein Wunder ereignet hatte, überschütteten sie mich mit Geschenken und Freiheiten.
Die neu gewonnene Freiheit war ziemlich seltsam für mich. Mir wurde sogar ein hochmoderner Computer in mein Zimmer gestellt, und wenn ich fragte, ob ich irgendein Programm haben durfte, dann wurde nicht lange diskutiert. Ich bekam es.
Ich glaube meine Eltern waren einfach so froh über meinen Sinneswandel, dass sie mich nun etwas verwöhnten. Ich wurde ein anderer Mensch, der Mensch, der ich heute bin und als der ich mich vor Fynia auf der Messe hatte ausgeben wollen. Es fiel mir sogar gar nicht so schwer, denn ich entdeckte, dass ‚Hausaufgaben haben’ auch als 'erfüllt' galt, wenn man sie fünf Minuten vorm Unterricht schnell ins Heft kritzelte. Komisch, dass mein sonst sehr pragmatischer und Schlupflöcher findender Verstand das nicht schon vorher herausgefunden hatte, wo es doch ca. 70% der Klasse so handhabten.
Für Sprachen, vor allem Fremdsprachen, hatte ich mir Fynia geangelt, die mir bereitwillig Nachhilfe gab. Ich hatte immerhin viel Stoff verpasst. Meine Eltern begrüßten diese Initiative von mir, sodass sie Fynia und mich sponserten, wo es nur ging. Ich glaube, das hat auch einen großen Teil zu unserer Beziehung beigetragen.
Fynia spielte eine große Rolle in meiner Verwandlung zum Streber und ich scheute mich nicht, meine Dankbarkeit in Eis auszudrücken. Spaghettieis, um genau zu sein. Jedenfalls kamen wir uns allmählich immer näher und irgendwann waren wir ein Paar. Ganz unspektakulär, es hatte sich halt so entwickelt. Meine Eltern bemerkten natürlich den guten Einfluss, der von ihr ausging, und hatten sie so schon vom ersten Tag an in ihr Herz geschlossen. Hört sich an wie eine perfekte Liebesgeschichte, oder? Ja, das war sie auch.
Ich habe mein Abitur mit 1,0 abgeschlossen, weil der NC an meiner Wahluniversität in Drachmen von Jahr zu Jahr heftig schwankte und ich kein Risiko eingehen wollte. Ja, das beinhaltet auch, dass wenn der NC konstant gewesen wäre, ich wahrscheinlich nur ca. auf 0,2-0,5 Notenpunkte besser hingearbeitet hätte.
Ich war, bin und werde es immer sein: ein Minimalist. Je schneller ich an die Uni kam, desto schneller kam ich wieder von ihr weg, das war mein Ziel. Dass sich dann alles etwas verändert hatte, weil ich entgegen meiner Erwartungen studieren nicht total langweilig und dämlich fand, ist dann auch noch hinzugekommen.
Ich entschloss mich sogar noch ein wenig dran zu hängen, um meinen Doktor zu machen. Beziehungsweise fragte mich mein Dozent, ob ich mir eine Promotion bei ihm vorstellen könnte.
James, der mich nie vergessen hatte, freute sich sehr, als ich für ein Praktikum im Rechenzentrum bei ihm anrief. Er nahm mich sofort als Schützling bei sich auf. Er blieb auch nach dem Praktikum noch mein Mentor und so wuchs ich an seiner Seite zu dem Mann heran, der ich nun war. Informatisch gesehen versteht sich. Mittlerweile war ich aber nicht mehr der Praktikant, sondern ein gleichwertiges Mitglied im Rechenzentrum und James und ich Partner in diesem Projekt. Er war ein toller Mann, ging mittlerweile so auf die 40 zu. Ich hatte ihn nie nach seinem Alter gefragt, doch das ein oder andere graue Haar verriet, dass er nicht mehr der Jüngste war.
"Willst du was
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