Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
Türklinke einen Fingernagel einzureißen, sodass es blutete, beschloss ich auf dem Sofa liegen zu bleiben, bis meine Eltern, oder Schwester kommen würde, um mich aus meinem Elend zu befreien.
Doch gegen Abend hatte sich ein neuer Plan in meinem Kopf entwickelt. Ich wollte rausgehen, irgendwo hin, wo es mich nicht an Jasper erinnerte.
Wenn das unser Ende war, was er ja gesagt hatte, dann sollte es für mich ein neuer Anfang sein.
Mit einer großen Portion eingeredetem neuen Lebensmut packte ich eine kleine Tasche, nahm mir etwas Geld und steig in den nächsten Bus in die Stadt. Ich zwang mich, nicht mehr an Jasper zu denken, und wenn es doch geschah, biss oder kniff ich mich selbst, bis es richtig wehtat. Das war eine gute Methode.
In unserer Stadt gab es nur einen Pub, also lief ich zielstrebig auf diesen zu. Ich wusste nicht, was man so in Pubs machte. Ich war nie jemand gewesen, der sich in solchen Gegenden aufhielt, aber ich setzte mich einfach an die Bar, weil man das im Film ja auch immer so sieht.
Ich bestellte irgendwas alkoholisches und achtete nur darauf, dass kein Kokos drin war.
Es dauerte nicht lange, da setzte sich eine ältere Frau zu mir. Sie begann, ohne Umschweife, von ihren Problemen zu berichten. Ich wusste nicht, ob ich gemeint war, und sah mich verstohlen um, ob sie jemanden mitgebracht hatte. Dem war nicht so. Auch der Barkeeper war gerade anderweitig beschäftigt, also tat ich der Frau den Gefallen und hörte mir ihr Leiden an.
"…hatta tatsächlich gesagt! Unglaublich sowas… Und weißte was das Schlimmste is'? Ich hab’m vor na Woche mit unsera Putzfrau erwischt. Aber hab ich was gesagt? Nein! Habs’m einfach vergeb’n…" Ich schaltete zwischendurch einfach ab und wurde hin und wieder in das Gespräch zurückgerissen, wenn die Frau Fragen stellte oder mich sogar direkt ansprach.
"Verstehste Kleine? Oder biste noch zu jung für solche Sach’n? Wie alt biste eigentlich? Ach egal, willste 'nen Schnaps?" Ich war mir nicht sicher, ob die Frau schon betrunken war, oder ob sie einfach… so war. Außerdem hatte ich keine Wahl, sie hatte den Schnaps zwar als Frage getarnt, aber keine drei Sekunden später musste ich ihn mit ihr hinunterkippen.
"Gutes Mädchen. Son Schnaps hilft echt."
"Hmm...", murmelte ich und versuchte dabei nicht zu abfällig zu gucken.
"Wer bist du eigentlich?", wollte die Frau dann wissen.
"Fynia." Ich entschied mich, einsilbig zu bleiben. Der Alkohol machte sich bereits bemerkbar, ich trank nämlich in der Regel nichts.
"Verstehe, und wieso biste heut’ hier? Nen junges Ding wie du gehört inne Disco oder wenn du artig bist ins Bett… Oder unartig… hihihi!" Sie musterte mich mit ihren glasigen Augen. Die Frau sah aus, als hätte sie geweint, oder viel zu lange keinen Schlaf bekommen. Das Make-up war verschmiert, unter Garantie noch von gestern.
"Mein Freund hat Schluss gemacht.", antwortete ich knapp.
"Ahhhh, die Jugend! Was haste angestellt, hm? Biste ihm fremd gegangen?" Sie durchbohrte mich förmlich mit ihrem Blick, doch gerade, als ich zu einer Antwort ansetzen wollte, winkte sie ab: "Schon gut, süße, bist bestimmt ‘nen anständiges Ding! Nicht so ungehorsam wie die olle Tante Rita." Ich schätzte einfach mal, dass sie mit olle Tante Rita sich selbst meinte.
"Weißt du, Männer sin Hunde. Da tus’de einfach alles für die und am Ende pissen sie dir ans Bein." Rita bestellte noch zwei Eierlikör.
"Findeste nicht? Dein Freund hat dich sicher nicht verdient. Is er dir abgehauen? Was hat er getan, hm?"
"Eigentlich will ich nicht drüber sprechen…", murmelte ich kleinlaut. War wohl doch keine so gute Idee hier herzukommen.
"Ach was! Sprechen hilft immer. Und glaub mir, ich bin auf deiner Seite! Von Männern kann man nur enttäuscht werden!", brüllte sie so laut, dass selbst die Leute an den Tischen hinten im Pub sie hören konnten. Allerdings sah keiner zu ihr auf.
"Vielleicht…"
"Vielleicht! Immer, süße, immer! Bist ‘nen Engel, ich seh' das schon. Wart’ nur ab, wenn der Nächste dich auch hinterrücks erdolcht und der danach mit seiner Sekretärin vögelt… Alles Idioten…"
"Wenn Sie meinen…"
"Genau das meine ich! Wirste noch lern’, alle müssen das lern’…"
Mein Blick glitt an ihrem inzwischen nur noch als Rand existierenden Lippenstift vorbei auf den Barkeeper. Dieser sah mich aufmunternd an, als wolle er mir gerade das Gegenteil ihrer Worte beweisen.
So gern ich der Frau auch widersprochen hätte,
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