Fyrgar - Volk Des Feuers
wenn ich mich nicht in den Fallnetzen verfange.«
»So meinten wir das nicht«, beschwichtigte Ró. »Natürlich sollst du das bei Tageslicht tun.«
»Morgen früh ist er tot, wenn er bis dahin keine Hilfe erhält!«
»Dann ist das eben sein Schicksal«, sagte Dasú.
Für einen kurzen Augenblick verschlug es Aldavinur die Sprache. »Ich fasse es nicht, was ihr da von mir verlangen wollt!«
»Dem stimme ich zu, das kann unmöglich euer Ernst sein«, sagte Beserdem. »Ich würde Aldavinur unterstützen, aber meine Klauen sind für die Tätigkeiten eines Heilers genausowenig brauchbar wie seine Pranken.«
»Was hast du nur getan, Aldavinur!«, brach es aus Broddi hervor. »Fyrgar beobachten, sie mischen sich nicht ein!«
»Wenn wir ihn jetzt einfach so liegen lassen, haben wir seinen Tod zu verantworten«, erwiderte der Lehrmeister bemüht ruhig. »Wir töten nur, um uns zu ernähren. Die Schuld, ihn durch Nichtstun getötet zu haben, lade ich nicht auf mich. Deswegen habe ich ihn dort auch nicht liegen gelassen, wo ich ihn gefunden hatte.«
Broddi schüttelte heftig den Kopf. »Du bringst großes Unglück über uns!«, warf er dem Lehrmeister vor.
Aldavinur sah ihn fassungslos an. »Indem ich mich mildtätig und mitfühlend zeige?«
»Es ist der natürliche Gang der Dinge ...«
»Sind das also die Fyrgar: Rücksichtslos und gleichgültig? Nur danach bestrebt, nüchternes Wissen zu bewahren, wie ein Buch? Aber wir sind diejenigen, die das Buch schreiben! Ihr wollt den schmerzvollen Tod eines anderen zulassen, ohne ihm zu helfen? Weil es ... der natürliche Gang der Dinge ist? Wir sind denkende, fühlende Wesen!« Die letzten Worte schrie er, und viele duckten sich unter dem Klang seiner Stimme. Er sprang auf, sein Fell sträubte sich. »Efrynn hat das trotz seiner Jugend begriffen, denn er war sofort bereit, dem Verletzten zu helfen!«
Verlegenes Schweigen breitete sich aus. Die meisten starrten zu Boden.
»Es ist so, o Lehrmeister«, sagte Sarundi schließlich behutsam, »der Sturm vergangene Nacht brachte düstere Vorahnungen mit sich. Das Eintreffen dieses Krahim kann nicht zufällig geschehen sein.«
Aldavinur schnaubte verächtlich. »Welche Geheimnisse sollte er uns schon entlocken! Er liegt dort abgeschieden in meiner Höhle, und von mir wird er nichts erfahren.«
»Wissen ist Macht, alter Freund«, wandte Resimbar ein.
»Unsinn! Magie und Schwert sind Macht! Wissen steht darüber, es verschafft Klärung und Erleuchtung, aber diese Klippe zu erreichen gelingt niemandem, der nach Macht giert.« Aldavinurs Stimme klang jetzt streng und belehrend. »Aber in einem gebe ich euch recht. Es muss einen Grund geben, warum der Krahim gerade jetzt hierher verschlagen wurde. Das herauszufinden, wird meine Aufgabe sein.« Wütend funkelte er die Räte an. »Wer sind wir, dass wir uns über alle erhaben fühlen?«
»Ausgerechnet du fragst das?«, rief Broddi.
»Broddi!«, schrie Dasú ihn unbeherrscht an. »Hat dich dein Verstand verlassen? Derartige Respektlosigkeit wird niemals, auch nicht von einem Rat geduldet!«
Die anderen Fyrgar wichen vorsichtshalber zwei Schritte zurück und machten sich so unsichtbar wie möglich. Aldavinurs Zorn war eine brodelnde Vulkanglut, deren Hitze ihnen ins Gesicht schlug, Federn und Haare versengte und Schuppenhaut zum Knistern brachte. Jeden Augenblick konnte er in Feuer aufgehen.
Broddi störte es gar nicht, dass alle Abstand zu ihm genommen hatten. Er stemmte die langen behaarten Arme in die Seiten und funkelte zu dem Lehrmeister hoch. »Du wirst also nicht auf uns hören?«
»Nein.«
Die Antwort kam schnell. Auf Broddis Gesicht spiegelte sich plötzlich große Trauer.
»Das wirst du bereuen«, sagte er leise. »Wir alle werden es bitter bereuen und dafür bezahlen.«
Aldavinur stand immer noch wie gebannt, als Ró herankam. »Ich werde mitgehen«, sagte sie. »Ich bitte dich um ein wenig Geduld, o Lehrmeister, bis ich die notwendigen Utensilien gepackt habe.«
»Bitte reicht dem Lehrmeister noch etwas zu essen und zu trinken, solange er wartet«, ordnete Garrim an. »Er braucht Stärkung, und wir wollen doch wenigstens unsere Gastfreundschaft in Ehren halten.«
Wenn schon nicht mich , dachte Aldavinur grimmig.
Der Himmel wurde trüb und bereitete sich allmählich auf die vom Tal unten heraufkriechende Nacht vor. Immerhin wartete der Regen ab, was weiter passieren würde, damit er durch sein eigenes Rauschen nicht etwa ein Wort versäumte.
Beserdem trat
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