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Fyrgar - Volk Des Feuers

Fyrgar - Volk Des Feuers

Titel: Fyrgar - Volk Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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immerhin hatte er sich viel Mühe gegeben, das beste, kaum riechende Stück aus der Lende zu lösen.
    Aber Gondwin würgte an dem Brocken. »So ist das nicht. Wir essen als Menschen, und kein rohes Fleisch.«
    »Verstehe ich das richtig«, Aldavinur setzte sich und nahm belehrende Haltung an, »ihr tötet eure Beute als Krähen, indem ihr sie gemeinschaftlich jagt und von einem Felsgrat stoßt. Und dann verwandelt ihr euch, zerlegt das Wild und kocht es?« Er schüttelte sich. »Widerlich.«
    Gondwin sah ihn bittend an. »Würde es dir etwas ausmachen? Ich kann das so wirklich nicht essen. Außerdem hast du darauf herumgekaut und es eingespeichelt. Das wiederum finde ich widerlich.«
    »Hätte ich es in meiner Pfote hertragen sollen?« Der Fyrgar seufzte. Er lief in die Felsen hinaus, kam etwas später mit Glutsteinen und Hornmoos und getrockneten Kötteln zurück, die er auf den Ziegenpfaden gefunden hatte.
    Inzwischen herrschte dort draußen finstere Nacht, doch in der Höhle war es durch gelblich phosphoreszierende Flechten behaglich erleuchtet.
    »Bäume oder Büsche gibt es in meiner Umgegend kaum, du musst also damit vorliebnehmen.«
    Gondwin verzog keine Miene. »Nur zu, mein Geruchssinn ist als Mensch nicht sonderlich ausgeprägt.«
    »Warum versuchst du nicht, als Krähe zu fressen? Das würde vieles leichter machen.«
    »Vergiss nicht, dass ich nur ein halber Krahim bin. Dies hier ist meine wahre Gestalt. So wie du dich vermutlich weigern würdest, in menschlicher Gestalt zu essen, ist es bei mir umgekehrt.«
    »Nun, im Gegensatz zu dir habe ich nur eine Gestalt und kann sie nicht beliebig wechseln.«
    »Ich im Augenblick auch nicht. Ich bin viel zu schwer verletzt. Als Krähe würde ich vermutlich an dem Bruch sterben, sollte mir ein Wechsel gelingen.«
    Aldavinur legte den Kopf leicht schief. »Ein wenig kann ich dennoch nachvollziehen, was mit dir vorgeht, wenn du deine Gestalt änderst. Die Einzigartigkeit der Fyrgar besteht darin, dass sie verschiedene Entwicklungsstufen durchleben können, an denen die äußere Form mitwächst. Die Erste Stufe, genannt Leviantain, ist die der Kindheit, in der sich Efrynn gerade befindet. Ich bin auf der Zweiten Stufe, erwachsen und unsterblich.«
    »Es gibt mehrere Stufen?«
    »Ja, vier.« Von der fünften träumten die Fyrgar nur.
 
    Manchmal, wenn er sich in den besonders einsamen Momenten den Göttern nah fühlte, war Aldavinur geneigt, an die Fünfte Stufe zu glauben. Dort oben, auf dem gleißenden Gipfel des Wolkenreiters, war die Luft so dünn, dass er sich nur sehr langsam bewegen konnte, um nicht von Schwindel befallen zu werden, und beinahe konnte er den glitzernden Himmel berühren. Die Bergspitze reichte bis in die Weltensphäre hinein. Aldavinur konnte sie spüren, wenn er den Kopf hochreckte, den Verstand ausschaltete und seinen Sinnen folgte. Dann, ja dann, schien es möglich zu sein, die Fünfte Stufe zu erahnen. Und wenn Aldavinur halb im Höhenrausch war und das Abbild Lúvenors hoch oben in den Sphären, in der Nähe des Siebensterns, sah, wenn er sich dem Schöpfergott ganz nah und verbunden fühlte und seinen leisen Gesang in sich hörte, schwingend mit den Tönen der Weltenmelodie, die hier oben so klar und rein war wie nirgends sonst ... dann musste der letzte Schritt dort hinaufführen. Die Erleuchtung der Fünften Stufe bedeutete vielleicht, dass man ein Stern wurde, ein Wächter des Himmels. Das war möglicherweise Efrynns Schicksal.
    Im letzten Sommer erst hatte Aldavinur dem Jungen den Sternenhimmel erklärt, über dem der Siebenstern thronte.
    »Der Siebenstern ist ein Wächter, nicht wahr?«, hatte Efrynn damals gefragt.
    »Er bedeutet den Schutz der Neutralität für Waldsee«, antwortete Aldavinur. »Weder Regenbogen noch Finsternis können die Welt als Bastion nutzen. Gleichzeitig bietet Waldsee Asyl für denjenigen, der dem Ewigen Krieg entsagen will, gleichgültig, zu welcher Seite er gehört.«
    »Der Ewige Krieg ist da draußen ...«
    »Der Sturm kommt näher. Ja. Doch derzeit sind wir sicher.«
    Efrynn dachte eine Weile nach. »Aber was ist ... wenn eine Bedrohung von innen heraus erwächst? Von etwas, das schon auf dieser Welt war, lange Zeit, bevor der Siebenstern entstand?«
    Eine kluge Frage. »Es gibt noch weitere Wächter, die diese Welt schützen, Efrynn. Zum einen ist da Nachtfeuer.«
    »Ist er nicht ein Dämon?«
    »Der älteste von allen, und der mächtigste, sagt man, weil er der Sohn der Urmutter aller Dämonen ist.

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