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Fyrgar - Volk Des Feuers

Fyrgar - Volk Des Feuers

Titel: Fyrgar - Volk Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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in die richtigen Worte zu kleiden, und damit die Lügen zu übertönen«, mischte sich Beserdem nun doch ein. »Ich habe gesehen, wie er abflog. Er ist ein Halbkrahim, in der Hinsicht hat er uns nicht belogen, aber er ist auch ein Mächtiger, dessen bin ich sicher, und das konnte er vor uns verbergen. Diese Schuld ist nicht Aldavinur anzulasten.«
    »Aber es zeigt uns, wie recht wir damit hatten, Aldavinur zu warnen«, sagte Broddi düster.
    »Gewiss. Wir mussten lediglich über die Gabe der Vorhersehung verfügen, um zu erkennen, was Gondwin vorhatte«, erwiderte Beserdem in scharfer Ironie. »Wir sind den Mächtigen sehr ähnlich und ein magisches Volk, aber trotzdem gehören wir nicht dazu. Ebenso wenig kann Aldavinur zum Vorwurf gemacht werden, dass er barmherzig war! Euer Misstrauen galt nicht Gondwins Person an sich, sondern weil er ein Fremder war. Deshalb habt ihr eure Warnung ausgesprochen, doch keiner von uns ahnte, was kommen würde.«
    »Und was sollen wir jetzt tun?«, fragte Ró leise.
    Aldavinur straffte sich. »Statt im Sommer werde ich jetzt durch das Feuer gehen«, antwortete er. »Und dann werde ich nach Efrynn suchen und ihn zurückbringen.«
 
    Beserdem riss den Schnabel auf, stieß einen schrillen Pfiff aus und sah ihn entsetzt an. »Weshalb willst du durch das Feuer gehen, um Efrynn zu befreien?«
    »Weil ich es muss, anstelle von Efrynn.« Er sah den Räten der Reihe nach in die Augen. »Nicht wahr?«
    Sie nickten schweigend, wichen seinem Blick aber aus.
    »Das verstehe ich nicht ...«, stammelte die Grypha verstört.
    »Ein Ausgleich muss geschaffen werden, Beserdem. Und ich muss mich im Feuer reinigen. Ich danke dir für deine Verteidigung, aber das ändert nichts an meiner Schuld. Efrynn war mein Schutzbefohlener, und ich habe versagt.«
 
    Das Volk versammelte sich am Nachmittag des nächsten Tages am Rande der Siedlung, zwischen dem Ort des Schweigens, auf der linken Seite und dem Zugang zu den Terrassenfeldern auf der rechten Seite. Der Platz war harmonisch, stets gut beschienen und ein Kreuzungspunkt der Winde. In der Mitte befand sich ein Kreis aus schwarz verbranntem Boden, dessen festgebackene Asche Symbole gebildet hatte. An diese Symbole wurde nie gerührt, sie waren entstanden durch die zweimal im Jahr entzündeten besonderen Feuer.
    Aldavinur war häufig gebeten worden, die wunderlichen Überreste zu deuten. Manchmal lachte er überrascht, wenn er die Zeichen lesen konnte, doch er sagte: »Dort steht nur, was in euch selbst geschrieben ist. Das Baiku ist die Stimme und die Sprache, hört darauf, und so hört ihr auf euch. Alles, was in euch ist, ist auch in der Welt, und die Welt ist in euch. Mehr braucht es nicht.«
    Der Tag bereitete sich schon auf den Abend vor, die Sonne färbte ihre Strahlen in ein sanftes Rot. Das war die beste Zeit.
    Windstille herrschte, die Tiere zogen sich zurück, und das Volk schwieg. Eine Menge Glutsteine waren auf dem Platz zusammengetragen, jeder hatte dazu beigetragen: Heute war Sonnenwende, die fruchtbare Zeit des Jahres begann, alles strebte voran. Jeder Fyrgar legte einen seiner Glutsteine im Kreis ab, zur Ehrung von Lúvenors Licht an diesem Tag, zur Verschmelzung seines Baiku mit dem Gott und den Sphären. Es war stets ein feierlicher und wunderbarer Moment, doch heute schwiegen die Musikinstrumente, und niemand sang, niemand lachte, und niemand tanzte.
    Heute würde nur einer durch das Feuer gehen, und niemand würde es preisen, während er das tat. Sie würden dabei sein und beobachten.
    Die Räte traten vor, stellten sich um den Kreis herum auf und verneigten sich. Gleichzeitig entzündeten sie das Feuer, ohne die rituellen Worte hineinfallen zu lassen, dann traten sie zurück.
    Hoch loderten die Flammen auf, als alle Glutsteine brannten. Die Fyrgar fingen an zu summen.
    Aldavinur sah niemanden an, während er auf den Kreis zuschritt. Vielleicht liebte er das Feuer in diesem Augenblick am meisten; an unzähligen Sonnenwenden hatte er teilgenommen.
    Das Feuer wiegte sich im Gesang und in den Klängen, und es stimmte in den Chor ein. Es gab nicht eine einzige Stimme in den Flammen, die sich wiederholte, jede hatte ihren ganz eigenen Ton. Manchmal nur ein säuselndes Zischen, dann wieder konnte es bis zu brüllendem Stakkato anschwellen. Das Feuer hatte eine Stimme aus vielen Tönen und Lauten. Es zischte und fauchte und brauste und tobte, es mahnte und summte und schnurrte und brüllte. Es gab kein Feuer, das dem anderen glich, denn es

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