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Fyrgar - Volk Des Feuers

Fyrgar - Volk Des Feuers

Titel: Fyrgar - Volk Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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saugte und riss alles an sich, was ihm zu nahe kam, und verschmolz damit. Meistens war es der Wind, manchmal auch Regen, und vor allem der Atem der Fyrgar. Das Feuer nahm all dies auf, jeden noch so kleinen Eindruck, den es empfing, und verwandelte ihn in sein Lied, das gen Himmel loderte.
    Ebenso einzigartig war jede Flamme, jede für sich in drei Stufen gehalten: die erste, innerste, war die kälteste, sie atmete und pumpte wie ein Herz, um die Flamme am Leben zu erhalten. Sie war tiefrot wie Herzblut. Die zweite war die heißeste, sie loderte grellblau und weiß glühend, war gefräßig und unersättlich, verlangte ständig mehr, noch mehr Nahrung. Diese beschaffte die äußere Flamme mit ihren züngelnden Fingern, innen grünlich und außen gelb, dann orange, und leuchtend rot in allen Schattierungen, je nachdem, wie weit sie sich vorwagten, um Beute zu erfassen.
    Die Flammen veränderten ständig ihre Form, waren wie sich im Gesang wiegende Tänzerinnen, waren lockende Arme und Münder, die heiße Versprechungen flüsterten, waren aber auch brüllende Dämonen, wenn sie gereizt wurden, missachtet und angefacht. Dann wollten sie nur noch verschlingen und vernichten und rasten tobsüchtig aus sich heraus, um zerstörerische Macht zu entfalten.
    Dieses Feuer zur Sonnenwende war jedoch still. Ruhig reckten sich die Flammen gen Himmel, um sich mit dem Abendrot zu vereinigen. Aldavinur lauschte seinem Flüstern und Summen und erkannte: das Feuer wartete ab. Es wusste nicht, was es zu erwarten hatte, alles war anders als sonst, denn die Fyrgar hielten sich auf Distanz, und so bekam es nicht genug mitgeteilt.
    Der Lehrmeister blieb dicht vor dem Kreis stehen, zog mit einem Reißzahn den Beutel von seiner Schulter, der an einem Riemen befestigt war, und öffnete ihn mit einer Kralle. Behutsam holte er eine Wachskugel mit Glutsteinmehl heraus und einen Rohstein, dann verschloss er den Beutel und legte ihn sorgsam beiseite.
    Kleine Flammen am Boden züngelten sofort neugierig nach dem Glutstein und der Kugel, konnten sie aber nicht erreichen. Aufgeregt zuckten sie hin und her und flackerten gelb und orange.
    Aldavinur drehte sich halb zu Beserdem um. »Komm mit mir«, bat
    er.
    Sie knirschte mit dem Schnabel und stellte die Kopffedern auf. »Was sagst du da?«
    »Beserdem, komm mit mir«, wiederholte er. »Begleite mich. Lass uns miteinander verbinden. Wie wir es wollten ... jetzt.«
    Langsam kam sie näher. »Du meinst, falls du nicht zurückkehrst, damit etwas bleibt von dir?«
    »Du wärst nicht allein, solange ich fort bin, und das Warten wäre leichter. Auch für mich, wenn ich dich hier weiß, auf derselben Stufe wie ich, erfüllt von neuem Leben. Leben, das aus uns entsteht. Du sollst mein Werk weiterführen, solange ich fort bin.«
    »Aldavinur, ich ... kann nicht.«
    Seine Ohren richteten sich auf sie. »Warum nicht?«, fragte er ratlos. »Was ist jetzt anders, als es im Herbst wäre?«
    »Du gehst heute nicht meinetwegen durch das Feuer«, antwortete sie.
    »Ja, weil ich noch eine Aufgabe zu erledigen habe«, bestätigte er geduldig. »Aber das ändert nichts zwischen uns. Es ist wichtig, dass wir die Dritte Stufe gemeinsam beschreiten, Beserdem. Du könntest mir im Herbst nicht nachfolgen. Getrennt können wir unseren Bund nicht schließen.«
    Sie schüttelte langsam, traurig den Kopf. »Nein, Aldavinur.«
    Tief betroffen sah er sie an, seine Augen erloschen beinahe. »Ich dachte, wir wären uns einig gewesen«, sagte er leise.
    »Das waren wir auch!«, sagte sie schnell. »Aber ... es ist nicht richtig, nicht auf diese Weise. Ich habe es mir anders vorgestellt, verstehst du?«
    Da hatte er nur noch ein Wort übrig, alle anderen waren in Sinnlosigkeit verweht.
    »Nein.«
 
    Aldavinur wandte sich ab und schleuderte seinen Glutstein mit der Pranke ins Feuer. Es bildete einen Durchlass, als ob ein Vorhang sich in der Mitte teilte, dann schlug es über ihm zusammen, weckte den Stein brausend und zerrte die Flamme aus ihm hervor.
    Aldavinur sah, wie sich die Farben des Feuers veränderten, sie nahmen einen helleren, bläulichen Ton an. Die Hitze schlug ihm ins Gesicht, sodass seine Tasthaare klingende Funken sprühten.
    Das Feuer erwartete ihn, er durfte nicht mehr zögern. Und es gab auch keinen Grund, alles war gesagt.
    »Aldavinur ...«
    Er hörte die Stimme, doch er erkannte sie nicht mehr, konnte nichts mehr darin erfühlen. Es war nicht mehr als das Säuseln des Windes, der von den Hängen herabkam, um ihm

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