Fyrgar - Volk Des Feuers
zuzusehen. Aldavinur konnte sein Volk nicht mehr erkennen, das ihn umringte, und auch keine Scheinbäume und keine Terrassen, er sah nur noch das Feuer, das sich vor ihm emporstreckte und die Arme ausbreitete.
Er war bereit. Nahm die Wachskugel, die das Glutsteinmehl umhüllte, ins Maul und betrat mit festem, entschlossenem Schritt das Feuer.
Nun befand sich der Lehrmeister im Innersten des mächtigen Lebewesens, das Urkraft war und Element. Eine einzigartige Erfahrung, die den Fyrgar allein vorbehalten war. Zwar konnte das Feuer auch den meisten Dämonen nichts anhaben, doch sie bekamen nichts von ihm, es gab keine Verbindung und keinen Austausch, und sie sprachen auch nicht mit ihm. Sie hielten die versengende Glut einfach von sich fern oder badeten sich vielleicht noch darin wie in Wasser.
Das Feuer liebkoste und umschmeichelte seinen Körper, es drang in ihn ein, durch seine Augen, Nase und den Mund, durch die Ohren, das Fell und durch die Haut. Es erfüllte ihn von innen heraus, züngelte hervor aus ihm. Es nahm ihn in den Arm und tanzte mit ihm einen Reigen durch den Feuerkreis.
Sie wanden sich umeinander, flammten ineinander, hielten sich fest umfangen.
Aldavinur gab sich dem Feuer hin, vereinigte sich mit ihm und löste sich darin auf, wurde selbst zum Element; und während dies geschah, spie er die Kugel aus, deren Wachs in der Hitze schmolz und das Glutsteinmehl freigab, das auf ihn niederging wie ein feiner Regen. In dem Augenblick, in dem es ihn berührte, setzte sich eine gewaltige magische Energie frei und verbrannte seine Gestalt.
Aldavinur brüllte auf, als er spürte, wie sein Körper um ihn herum in den Flammen verging.
Und er empfand Schmerz. Es war so, als würde er zerrissen und wieder neu, aber falsch zusammengesetzt. Er schrie immer lauter, während er weiterstolperte, er hatte das Gefühl, als würde er immer weniger, und er konnte kaum mehr vorwärtskriechen.
Etwas war falsch an dem, was mit ihm geschah, etwas vernichtete, zerschmetterte, zerquetschte ihn, riss ihn auf und stülpte ihn um.
Noch nie hatte er solche Qualen erlitten, und er fühlte sich schon dem Tode nah, da teilte sich der Vorhang vor ihm. Mit letzter Kraft verließ er den Feuerkreis und brach draußen zusammen.
Dampf stieg von ihm auf, und er blinzelte. Das Sonnenlicht blendete ihn, seine Augen fühlten sich trocken an, die Sicht war verschwommen. Undeutlich erkannte er, wie die Fyrgar mit einem Ausdruck des Entsetzens vor ihm zurückwichen und leise miteinander flüsterten. Er konnte nicht verstehen, was sie sagten, wo ihm doch sonst nie etwas entging, selbst im brausendsten Regenfall nicht. Das Blut rauschte mit dumpfem Tosen durch seine Gehörgänge, und er fühlte sich unendlich schwach, zugleich aber ... leicht. Berührte er denn überhaupt den Boden? Langsam richtete er sich auf und sah an sich hinab.
»Oh Götter«, hauchte er und verstummte entsetzt, weil er seine eigene Stimme nicht mehr erkannte, so dünn und zart.
Da war kein Fell mehr.
Nur noch Haut.
Da waren keine Pranken mehr.
Nur noch krallenlose Finger.
Seine Vorderbeine waren Arme.
Er hatte seine Reißzähne verloren, seine machtvolle Gestalt.
Und das war noch nicht alles.
Der Verfall war es. Nicht so, wie er erwartet hatte: dass er nun zwar sterblich war, aber noch zwei-, dreitausend Jahre zu leben hatte. Nein, seine Lebenszeit verrann rasend schnell, er konnte förmlich sehen, wie sie haltlos unter seinen Fingernägeln herausfloss und im Boden versickerte, bevor sie irgendeinen Sinn gefunden hatte. Sein Herz raste nun, schlug mindestens dreimal so schnell wie zuvor und wurde mit jedem pochenden Schlag alt und älter. Wie die Schneeschmelze, die in den Bergen geboren wurde, durch das Gebirge und das Land raste und im Meer starb.
Genauso würde es nun auch ihm ergehen.
Er war ein Mensch geworden.
Durch das dröhnende Donnern in seinen Ohren hörte Aldavinur zaghafte Schritte. Mühsam hob er den Kopf und sah den Rat kommen, alle vier: Broddi und Ró, die beiden Ranagui, und Dasú mit witternder Zunge und gesträubten Schuppen, Garrim schlängelnd mit geblähter Haube.
»Da siehst du, wohin du uns geführt hast, o Lehrmeister«, sagte Broddi mit leiser, tonloser Stimme. Er kleidete seine Verachtung nicht einmal mehr in Klang. »Blut wurde vergossen, zum ersten Mal in diesen Bergen, wir haben unsere große Hoffnung verloren - und das Feuer hat dich nicht gereinigt, es hat dich gebrandmarkt.«
»Du hast bekommen, was du
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