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Fyrgar - Volk Des Feuers

Fyrgar - Volk Des Feuers

Titel: Fyrgar - Volk Des Feuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uschi Zietsch
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und schritt hinab in die Tieflande.

ZWEITES LEBEN
 
Flammenritter

8.
 
Das Gewicht der Luft
 
    Ein sterblicher, unbehaarter, zerbrechlicher menschlicher Körper wurde vor allem von einem beherrscht: Schmerz. Die ungewohnten Bewegungen verursachten Muskelschmerzen, und sein Rücken, nun aufrecht und gerade, war völlig verspannt. Dàvins Kopf schmerzte, weil die Luft immer dicker wurde, je weiter er nach unten kam, und er kaum noch atmen konnte. Ihm wurde schwindlig von dem, was seine Lungen einsaugten, und er musste auch auf andere Weise atmen. Am schlimmsten waren die Schmerzen in seinen Füßen - ungeschützt und nackt mussten sie über scharfkantiges Gestein wandern und auf dem Geröll das Gleichgewicht halten. Wo vorher dicke weiche Ballen abgefedert hatten, war nun keine Schutzschicht zwischen der zarten Sohle und dem rauen Boden. Schon nach wenigen Stunden waren seine Füße zerschunden und blutig, sodass sie ihn kaum mehr tragen konnten. Er versuchte, sich kriechend fortzubewegen, doch seine Hände waren noch empfindlicher, die Knie bald aufgeschlagen, und der Rücken ächzte. Unter einem abgestorbenen Scheinbaum fand Dàvin zwei große, dicke Äste, die er unter die Achseln klemmte und als Stützen benutzte. So humpelte er bergab, froh um jeden Weg, der begehbar war. Manchmal war er nahe daran, aufzugeben, wenn Spalten und Abgründe das Vorankommen fast unmöglich machten oder wenn Steilwände senkrecht vor ihm abfielen, über die er in seiner neuen Gestalt nicht hinabklettern konnte. Manchmal weinte Dàvin, weil er nicht weiterwusste, weil er alles verloren hatte und nicht einmal die Erinnerungen Trost bieten konnten.
    Die Tränen erinnerten ihn aber auch daran, dass Wasser nun kostbar war, und er schluckte sie schließlich hinunter. Sie dörrten ihn aus und brachten ihn schneller an den Tod heran, also waren sie nutzlos.
    Bis zum Mittag hatte er einigermaßen gelernt, zu klettern. Seine Muskeln zitterten vor Anstrengung, doch es gelang ihm, über einige Felsen hinabzusteigen, die zuvor unüberwindlich ausgesehen hatten.
    Dàvin hatte eigentlich den direkten Weg nach Barastie einschlagen wollen, doch der war ihm als Mensch verwehrt. Zudem hatte er das Gefühl, dass er ohnehin nicht dorthin gelangen konnte, denn zum Süden hin wurde der Himmel dunkler, und seltsame hauchfeine schwarze Gespinste schwebten durch die Luft.
    Schattenweber.
    Eine unsichtbare Wand lag zwischen Fyrgar und Barastie, die zu überwinden er nicht in der Lage war. Also wandte er sich Richtung Südwesten, nach Lasunt, dessen Täler von hier oben aus einladender, heller und freundlicher aussahen.
    Jeder Schritt war wie der Sprung in einen tiefen Abgrund, eine Erinnerung an seine brennende Hülle. Die Holzstützen linderten die Qual nur wenig, und dennoch zwang er sich weiter. Hier konnte er nicht bleiben, irgendwo zwischen Oben und Unten, was kaum mehr war als das Nichts.
    Welche Wegstrecke er bis zum Abend zurückgelegt hatte, konnte er nicht sagen. Er schätzte, ungefähr den zehnten Teil dessen, was er in seiner Baiku-Gestalt geschafft hätte. Auf vier Pfoten wäre er wahrscheinlich schon fast im Tiefland angekommen.
    Dàvin suchte sich eine kleine Höhle, in der er sich verkriechen konnte, und lauschte wehmütig den abgehackten, hohen Rufen der Schönlippenhirsche. Saftiges, frisches Fleisch, doch unerreichbar für ihn. Selbst wenn er schnell genug wäre - seine Hände konnten den Leib nicht aufbrechen, und seine Zähne konnten das Fleisch nicht von den Knochen reißen und kauen. Er hatte Gondwin oft genug beobachtet und wunderte sich nun nicht mehr, dass jener das Fleisch lieber weich gekocht hatte.
    Immerhin hatte Ró ihm einen kleinen Vorrat mitgegeben, den er nun mühsam kaute - das Trockenfleisch war zäh und geschmacklos -, und er trank gierig aus dem Wasserschlauch, doch der würde bald leer sein.
    Immerhin brauchte er kein Feuer. Inzwischen hatte er seinen Körper besser kennengelernt und wusste, er war immer noch ein Fyrgar.
    Das Feuer war nach wie vor in ihm, er hatte es wiedergefunden, und es wärmte ihn von innen heraus. Eine so jämmerliche Nacht wie nach der Wandlung würde er nie wieder erleben, und er brauchte keine Kälte oder klamme Feuchtigkeit zu fürchten. Beides konnte ihm weder Leid noch Krankheit bringen.
    Doch seine Füße machten ihm Sorgen. Sie waren dick geschwollen und pochten heiß. Die Wunden waren verkrustet, die Ränder sahen entzündet aus. Er suchte in seinem kleinen Beutel, der ihm jetzt noch

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