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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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dich von ihr fern!« Johanns augen bekamen einen kalten ausdruck. Unbeeindruckt fragte Täuber mit einem verschmitzten Lächeln: »aber mit ihr reden darf ich doch wohl?«
    Johanns blaue augen verengten sich kurz, dann aber lachte er aus voller Kehle und schlug Täuber erneut auf die Schulter.
    Als die Köchin das Frühstück brachte, rieb Johann sich vor Freude die Hände. anna Maria verabschiedete sich und verließ eilends den Saal.
    In ihrem Gemach warf sie sich aufs Lager und schrie all die anspannung der letzten Wochen in ihr Kissen hinein. ›Sie leben‹,
dachte sie überglücklich, und ihre augen strahlten voller Freude. ›Es war Peters Schmerz, den ich gespürt habe. Ich muss sofort zu ihnen! Ich muss nach Mühlhausen!‹
    Wie ein Tier im Käfig ging sie im Zimmer auf und ab. »Veit muss mir helfen!«, murmelte sie leise. Bei dem Gedanken an ihn kehrte das eigenartige Gefühl zurück. Mit wild klopfendem Herz warf sie sich den Pilgerumhang über und ging hinaus.
    Kalter, nasser Nebel hüllte anna Maria ein, als sie den Burghof überquerte. Plötzlich wurde sie gepackt und in eine Mauernische gezogen. andreas Täuber stand vor ihr.
    »Erklärt mir, warum Ihr so erschrocken seid, als ich Euch von Mühlhausen erzählte? Habt Ihr etwas gesehen?«
    Anna Maria hätte am liebsten laut aufgelacht. Wie einfältig die Menschen doch waren! Sie blickte den Landsknecht forschend an. »Kann ich Euch vertrauen?«
    Täuber nickte. »Warum nicht?«
    »Weil Ihr mir fremd seid! Doch da Ihr meine Brüder kennt, will ich es wagen.«
    »Eure Brüder?«
    Anna Marias augen leuchteten. »Ja, Matthias und Peter sind meine Brüder, und dank Euch weiß ich nun, dass sie noch am Leben sind.«
    »Von einer Schwester haben die beiden nichts erzählt.«
    »Warum sollten sie? Sie wissen nicht, dass ich sie suche.«
    Täuber holte tief Luft und schüttelte sich. »Erzählt mir bitte alles, denn ich kann Euch nicht folgen. Warum sucht Ihr Eure Brüder? Und warum seid Ihr dann hier auf der Burg? Wenn Ihr eine Seherin seid, dann müsstet Ihr doch alles über Eure Brüder wissen.«
    Anna Maria trat einen Schritt aus der Nische hervor und blickte sich um. Der Nebel war so dicht, dass sie kaum etwas erkennen konnte – man würde sie hier also nicht sehen. Zufrieden wandte sie sich zu Täuber um und sagte: »Ich bin keine
Seherin! Doch ich lasse Johann in dem Glauben, damit ich Ruhe vor ihm habe. Ich suche meine Brüder, weil ich im Traum gesehen habe, dass …«
    »Also doch eine Seherin!«, unterbrach Täuber anna Marias Redefluss und blickte sie nun zornig an.
    Anna Maria musste an sich halten, um nicht laut aufzuschreien. Stattdessen begann sie von ihrem Leben zu Hause in Mehlbach zu erzählen und von der Nacht, in der sie ihre Gabe zum ersten Mal erkannte.
     
    Erst als anna Maria geendet hatte, merkte sie, dass feuchte Kälte durch den Mantel in ihren Körper gekrochen war. Nun zitterte sie und spürte ihre Füße kaum noch.
    »Lasst uns zurück in die Burg gehen«, forderte Täuber sie auf. »Ihr holt Euch sonst noch den Tod hier draußen!«
    »Gott bewahre! Ich bin gerade erst krank gewesen!«
    Als beide aus der Nische hervortraten, stand Veit plötzlich vor ihnen. anna Maria zuckte erschrocken zurück.
    »Wie viel habt Ihr gehört?«, fragte sie ihn.
    »Alles!«, antwortete er mit einem Blick, den anna Maria nicht zu deuten wusste.
    »Du darfst deinem Bruder nichts verraten!«, ermahnte Täuber ihn.
    »Seid unbesorgt! Das wird er nicht!«, sagte anna Maria und drängte sich an Veit vorbei.

    Mitten in der Nacht, als Ruhe auf der Burg eingekehrt war, schlich sich anna Maria aus ihrem Gemach in den großen Saal. Vorsichtig und darauf bedacht, niemanden zu wecken, huschte sie durch den Raum, bis sie die beiden Männer entdeckte. Vorsichtig stupste sie erst Täuber, dann Veit an und gab ihnen ein Zeichen, ihr zu folgen.

    Niemand bemerkte die drei, als sie über den Burghof hinauf auf die überdachte Wehrplattform stiegen. In Kriegszeiten hatte sie als Hauptverteidigungsstellung gedient und zu dieser Stunde war sie menschenleer. Hier war man geschützt und konnte die Burganlage überblicken, ohne selbst gesehen zu werden.
    Frierend rieben sich die beiden Männer die arme.
    »Verdammt, was wollt Ihr?«, schimpfte Veit mit gedämpfter Stimme.
    »Ich will schnellstmöglich von hier fort! Und Ihr werdet mir zur Flucht verhelfen!«
    Abwehrend hob Täuber die Hände. »Ich kann Euch nicht helfen, denn ich werde mich sofort nach Heiligabend in die

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