Gabe der Jungfrau
den Verstand wegsäufst, muss ich dafür Sorge tragen, dass im Winter niemand auf der Burg verhungern wird!«
Erzürnt erhob sich Johann vom Bett. Seine Finger bohrten sich schmerzhaft in ihre Hüfte, und sein Gesicht kam dem ihren sehr nahe. Sie konnte seinen vom alkohol geschwängerten atem riechen. angewidert drehte sie den Kopf zur Seite. Doch seine Hand presste sie hart gegen ihr Becken, und mit der anderen umfasste er ihr Kinn, sodass sie ihn ansehen musste.
»Merk dir eins: Ich bin der Hausherr auf Burg Nanstein, und niemand sagt mir, was ich zu tun oder zu lassen habe. Und jetzt komm zurück ins Bett! Ich spüre einen wohligen Druck in meinen Lenden«, sagte er und heulte lachend wie ein Wolf.
Beim Frühstück hielt sich Veit ein feuchtes Tuch gegen die Stirn. Seine augen waren gerötet, und bei jedem Geräusch zuckte er zusammen. als anna Maria ihn abschätzig betrachtete, blaffte er: »Was glotzt Ihr so?«
Der Fremde, der Veit gegenübersaß, sah ihn verständnislos an. »Warum bist du so unhöflich. Sie ist nicht schuld an deinem Brummschädel.«
Dankbar lächelte anna Maria ihm zu. Daraufhin stand der Fremde auf, verbeugte sich und sagte: »Mein Name ist andreas Täuber, Gnädigste. Mit wem habe ich die Ehre?«
Anna Maria musste über die gestelzte anrede laut lachen und spielte mit. Sie reichte ihm die Hand, die er angedeutet zum Mund führte, und antwortete: »Man nennt mich anna Maria, mein Herr!« Nun schmunzelte Täuber und setzte sich
zu ihr. als anna Maria kurz über die Schulter blickte, kreuzten sich Veits und ihr Blick. Sie glaubte Traurigkeit in seinen augen zu erkennen, was ihr einen Stich versetzte. als er sich abrupt erhob und den Saal durchquerte, wäre sie ihm am liebsten nachgelaufen. Sie war verwirrt. Das eigenartige Gefühl, das sich in ihrem Körper vom Scheitel bis zur Sohle ausbreitete, erschreckte sie. Nachdenklich drehte sie sich wieder um und starrte auf die Tischplatte.
Neugierig forschte andreas Täuber in ihrem Gesicht. Dann sah er Veit hinterher. als anna Maria aufblickte, lächelte er verständnisvoll und sagte: »Ihr mögt ihn!«
»Wie könnt Ihr so etwas Unsinniges behaupten?«, begehrte sie auf und versuchte ihren Worten einen ärgerlichen Klang zu geben, was ihr jedoch nicht gelang. Um Täuber abzulenken fragte anna Maria: »Woher kommt Ihr?«
Er durchschaute ihre absicht und statt zu antworten, sagte er: »Er scheint ein netter Kerl zu sein.« anna Marias augen funkelten ihn wütend an. Lachend beantwortete er daraufhin ihre Frage: »Ich komme aus Mühlhausen.« Dann erzählte er ihr von dem Überfall und von seiner Rettung.
»Das war sehr mutig von den jungen Burschen und dem alten«, erwiderte anna Maria, sichtlich bemüht, ihre Gefühle zu unterdrücken.
Täuber nickte. »Ja, das werde ich ihnen nie vergessen. Stellt Euch vor, anna Maria, anschließend wurden wir erneut überfallen, und Peter, einem der Burschen, wurde der arm zertrümmert.«
Anna Maria stutzte kurz, als sie den Namen hörte. ›Peter heißen viel Männer!‹, beruhigte sie sich dann und hörte Täuber weiter zu.
»Als Peter so schwer verwundet wurde, habe ich wie schon so oft erleben müssen, wie ein unbescholtener Mensch zum Mörder wurde.«
Erschrocken blickte anna Maria zu ihm auf. »Wie meint Ihr das, Herr Täuber?«
»Peters Bruder Matthias …«
Weiter kam Täuber nicht. Seine Worte gingen in einem lauten Knall unter, denn als anna Maria die Namen hörte, war sie mit einem Ruck aufgesprungen und hatte dabei die Holzbank umgeworfen, auf der sie saß. Da die meisten Burgbewohner zu dieser Stunde bei der arbeit waren, hielten sich nur die Köchin und eine Küchenmagd im Saal auf. Finster sahen die beiden Frauen zu anna Maria herüber.
Täuber half, die Bank wieder aufzustellen, als Johann in den Saal kam. Bereits an der Tür brüllte er der Magd zu: »Ich brauche ein kräftiges Frühstück! Bring mir Eier, Brot und Speck.« als er den vorwurfsvollen Blick der Köchin sah, meckerte er: »Ich weiß, dass Fastenzeit ist! Doch bei dünnem Bier und trocknem Brot versagt mir bald die Manneskraft, und ein Mannsbild wie ich muss bei Kräften bleiben.«
Freundschaftlich schlug er Täuber auf den Rücken. »Wie ich sehe, hast du die Bekanntschaft unserer Seherin gemacht.«
Fragend hob Täuber die augenbrauen und blickte anna Maria erstaunt an. Fast unmerklich schüttelte sie den Kopf, und er schien zu verstehen.
»Mein Freund, wenn du das Weihnachtsfest mit uns verbringen willst, halte
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