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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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trübem Blick und schwacher Stimme erzählte Hofmeister weiter: »als ich auf dem Rückweg meiner Reise auf einem Schiff das Mittelmeer überquerte, lernte ich einen fremd aussehenden Mann kennen. Pechschwarze Haare und schrägstehende augen wie Schlitze – so würde ich ihn beschreiben. Obwohl wir die Sprache des anderen nicht verstehen oder sprechen konnten, verbrachten wir viel Zeit miteinander. Er redete, sobald die Sonne aufging, und schwieg erst wieder, wenn sie im Meer versunken war. Seine Sprache hatte einen besonderen Klang, dem ich fasziniert lauschte. Ich nannte ihn Han-Chin, denn nur diese beiden Silben habe ich deutlich heraushören können.
    Es war am dritten Tag meiner Überfahrt, als ich glaubte sterben zu müssen. Schon Wochen zuvor hatte ich immer wieder reißende Leibschmerzen gehabt, die ich auf einen verdorbenen Magen schob und auf die Hitze, die kargen Mahlzeiten und die anstrengung. an diesem Tag kamen die Schmerzen so heftig zurück, dass ich nicht mehr aufstehen konnte und gekrümmt auf Deck liegen blieb. Ich weiß nicht, ob Han-Chin ein arzt war, aber er schien medizinische Kenntnisse zu haben und wusste, was mir helfen würde. Er vermischte wenige Tropfen aus einer Glasflasche mit Wasser und gab sie mir zu trinken. Das Gebräu war bitter wie Galle, doch es linderte meine Schmerzen. Mehrmals an diesem Tag musste ich die widerwärtigen Tropfen trinken und am abend fühlte ich mich geheilt. als ich mich jedoch am nächsten Tag weigerte, sie wieder einzunehmen, drückte mein neu gewonnener Freund mir auf den Leib, und glaubt mir, ich hätte ihn dafür liebend gern umgebracht. aber so wollte Han-Chin mir zeigen, dass ich nicht gesund war und es auch nicht mehr würde. als wir an Land kamen, begleitete
er mich noch einige Tage, dann trennten sich unsere Wege. Zum abschied schenkte er mir die Glasflasche. Ich weiß nicht, welches Gebräu darin enthalten ist. Ich weiß nur, dass es mir die Schmerzen erträglich macht. Mittlerweile kommen sie in kürzeren abständen, deshalb habe ich die Mischung verändert. Verrührt mit einem Selbstgebrannten schmecke ich kaum noch die Bitterkeit der Tropfen und kann sie so leichter trinken. allerdings bin ich dann nicht mehr fähig zu gehen. aber ich habe wundervolle Träume.« Nun gluckste er leise vor sich hin. »Ich hoffe, dass die Tropfen bis Mehlbach reichen werden. Ich will endlich nach Hause!«
    Tränen standen dem jungen Mann in den augen. Das Gefühl, das Joß Fritz überkam, hatte er nur wenige Male in seinem Leben gespürt. Er wusste nicht, warum, aber er sagte: »Ich muss ebenfalls in Eure Richtung – nach Bruchsal. Wenn Ihr wollt, können wir ein Stück des Weges gemeinsam gehen, und Ihr könnt mir von den heiligen Stätten erzählen, die Ihr besucht habt.«
    Daniel Hofmeister blickte Joß Fritz kritisch an.
    »Ich kenne nicht einmal Euren Namen, aber habe Euch schon mein halbes Leben erzählt.«
    Fritz streckte Hofmeister die Hand entgegen.
    »Ich heiße Joß Fritz und stamme aus Untergrombach.«
    »Was verschlägt dich nach Basel, Joß Fritz?«
    »Das ist auch eine lange Geschichte, die ich dir auf unserer Reise erzählen werde, denn ich bin ebenfalls ein Bauernbursche, allerdings ein Leibeigener.«
    »So siehst du nicht aus.«
    »Das mag sein, ich war zuletzt Landsknecht.«
    »Ich besitze nichts, dessen du mich berauben könntest.«
    »Wenn ich das wollte, würde ich mir jemanden aussuchen, der reich ist. außerdem ist es in Zeiten wie diesen stets besser, wenn man sich zusammenschließt und nicht allein reist.«

    Das schien Hofmeister zu überzeugen, denn er stimmte dem Vorschlag zu, und gemeinsam verließen sie Basel.
     
    Sie kamen nur langsam voran, was Fritz nichts ausmachte, denn die Geschichten, die Hofmeister erzählte, waren kurzweilig. auch mussten sie immer längere Pausen einlegen, da Hofmeister trotz regelmäßiger Mahlzeiten stetig schwächer wurde.
    Nach einer Woche kamen sie zu einer auf freiem Feld allein stehenden Scheune, in der sie sich ausruhen wollten. Doch am darauffolgenden Morgen war beiden klar, dass der kranke Pilger diese Scheune nicht mehr lebend verlassen würde.
    In der letzten Stunde seines Lebens bat Hofmeister seinen Wegbegleiter nach Mehlbach zu gehen und seine Eltern aufzusuchen. Joß Fritz sollte ihnen berichten, dass ihr Sohn ihnen keine Schande bereitet hatte und dass sein Vater ins Himmelreich einziehen konnte, da sein Sohn das Gelübde erfüllt hatte. als Beweis sollte Joß Fritz ihnen die Pilgermarke

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