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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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Unsicher wandte anna Maria den Blick ab. Immer wieder drehte der Mann den Stab in den Händen und fuhr mit den Fingerkuppen über eine bestimmte Stelle im Holz.
    »Wo lebt ihr?«, wollte er dann von ihr wissen.
    Auch diese antwort gab anna Maria nur zaghaft.

    Draußen hörte sie das Gegröle der anderen Männer, die den Fremden lachend anfeuerten. als sie an der Scheunentür rüttelten, rief der Söldner: »Haut ab! Das Weibsstück ist meine Beute!«
    Er sah, wie anna Maria bleich wurde, und Spott blitzte in seinen augen auf.
    »Du siehst, du bist mir auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Deshalb antworte ehrlich, denn ich glaube dir bislang kein Wort. Woher hast du diesen Pilgerstab?«
    Anna Maria sprach sich in Gedanken Mut zu. Schließlich hatte sie vier Brüder, gegen die sie sich von klein an hatte durchsetzen müssen. Und so reckte sie nun das Kinn nach vorne und sah den Fremden herausfordernd an.
    »Verratet mir, was an diesem Stück Holz so Besonderes ist, dass Ihr dessen Herkunft unbedingt wissen wollt!«
    Der Blick des Unbekannten verlor seine Härte, und anna Maria glaubte ein anerkennendes Lächeln auf seinem Gesicht zu erkennen.
    »Siehst du dieses Zeichen im Holz?«
    Anna Maria konnte zuerst nichts erkennen. Doch dann drehte der Mann den Stock ins Licht, und da sah sie es. Zwei Längsstriche, in deren Mitte verbunden mit Strich, Bogen, Strich. Das Zeichen, das sie von den Papieren ihres Vaters her kannte. Ihr stockte der atem. Das Symbol war weit unten in das Holz geschnitzt worden. Durch die helle Holzfärbung konnte man erkennen, dass jemand es erst vor kurzem eingekerbt haben musste.
    »Kennst du das Zeichen?«
    Anna Maria konnte dem Fremden nicht in die augen sehen und wusste nicht, was sie antworten sollte. Sie schluckte schwer und blieb stumm.
    »Du kennst es also!«, schlussfolgerte er. Gefährlich leise fragte er sie dann: »Warum ziehst du umher?«

    »Um zu wallfahrten!«
    »Du lügst!«, schrie er und kam auf sie zu. Voller angst schlug anna Maria die Hände vors Gesicht und glaubte, dass nun alles verloren sei. Deshalb sagte sie stammelnd: »Ich muss meine Brüder finden!«
    Wieder bezichtigte er sie so laut der Lüge, dass sie sich in eine dunkle Ecke der Scheune verkroch. Ihr Herz raste, und all ihr Mut löste sich in nichts auf. Verängstigt gab sie zu: »Ja, ich kenne dieses Zeichen, aber nicht seine Bedeutung.«
    Mit zusammengekniffenen augen musterte er sie. Ihre angst wuchs stetig, sodass sie schließlich zu erzählen begann: »Ich habe es vor vielen Jahren schon einmal auf einem Schriftstück gesehen.«
    Sein Blick verriet, dass er mehr wissen wollte.
    »Mein Vater bewahrt in einer Truhe seine Vergangenheit auf, wie er es nennt. Darin sind auch Papiere, von denen eines dieses Zeichen trägt.«
    »Was stand in den Papieren?«
    Hilflos zuckte anna Maria mit den Schultern. »Das weiß ich nicht. Ich kann nicht lesen.« Beschämt blickte sie zu Boden.
    Sie hörte, wie der Fremde immer wieder den Namen ihres Vaters vor sich her sagte und dabei den Kopf schüttelte.
    »Verflucht! Ich kenne keinen Daniel Hofmeister aus Mehlbach!«
    Wieder musterte er das Mädchen eingehend. »Warum ziehst du umher? Sag mir nun endlich die Wahrheit, und dir wird nichts passieren.«
    Anna Maria holte tief Luft und erklärte: »Ich schwöre bei allen Heiligen, dass ich meine Brüder suche.«
    »Ich kann dir nicht glauben!« als er anna Marias unschuldigen Blicks gewahr wurde, rieb er sich mit der Hand übers Gesicht, und seine Stimme bekam einen sanften Klang: »aber Mädchen, wie kannst du annehmen, dass du deine Brüder finden
wirst? Überall herrscht heilloses Durcheinander in diesen Tagen, und du wirst nirgends sicher sein. Und nicht immer wird einer zur Stelle sein, der dich rettet, wenn dir einer zwischen die Beine will. Schließlich juckt es einen jeden, und jedes Frauenzimmer wäre ihm recht. Wie konnte dein Vater dir nur so etwas Gefährliches erlauben? Oder bist du heimlich von zu Hause fortgegangen?«
    »Nein! Mein Vater weiß, was ich vorhabe, und hat mir sogar geholfen …«
    Er unterbrach sie abrupt: »Wie meinst du das? Mit dem Umhang und dem Pilgerstab?«
    Anna Maria bejahte und fügte hinzu: »außerdem nannte er mir Gasthäuser so wie dieses, in denen mir die Wirte weiterhelfen würden.«
    »Das verstehe ich nicht. Erkläre es mir genauer!«
    »Das darf ich nicht!«
    »Wenn ich dir die Kehle durchschneide, hilft es dir nichts mehr, also sprich!«
    Vor Schreck schrie anna Maria auf, was den

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