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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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griff nach seinem Stock.
    »Wer schleicht sich da an?«, fragte er mit bebender Stimme.
    Wie aus dem Nichts erschienen zwei Männer aus dem Dunkel und stellten sich neben das Feuer. Vater und Sohn, wie sie erklärten. als der Schein der Flammen ihre Gesichter erhellte, sagte Peter zögerlich: »Dann setzt euch dazu. Ihr scheint länger nichts gegessen zu haben.«
    »Das ist wohl wahr!«, antwortete der Vater, der sich als Jacob Hauser vorstellte. Er nahm dankbar zwei Stücke Fleisch für sich
und seinen Sohn Florian entgegen. »Woher kommt ihr?«, wollte Friedrich, einer der fünf Burschen, wissen.
    »Aus Stühlingen im Schwarzwald.«
    »Wir wollen nach Weißenburg ins Elsass!«, erklärte Matthias.
    »Ach ja?« In der Stimme des alten Hauser lag Zweifel.
    »Was stört Euch daran?«, wollte Peter wissen, der den Mann und seinen Sohn misstrauisch beäugte. Er schätzte den Jungen nicht älter als seinen jüngsten Bruder Nikolaus.
    »Was habt ihr dort zu suchen? Ihr sprecht nicht die Sprache des Elsass!«, entgegnete der Fremde.
    Irritiert antwortete Matthias: »Was spielt die Sprache für eine Rolle? Wir wollen Gerechtigkeit für ein armes Bäuerlein, dem man übel mitgespielt hat!«
    »Gerechtigkeit? Glaubt ihr, dass ihr im Elsass eher Gerechtigkeit findet als hier?«, fragte der alte, während er den Knochen blank nagte.
    »Ihr scheint den Glauben daran verloren zu haben«, stellte Friedrich fest.
    »Gerechtigkeit haben die hohen Herrn und die Kirche für sich allein gepachtet«, erklärte Hauser und blickte die Burschen prüfend an.
    »Wenn wir den Glauben verlieren, dass auch das einfache Volk Gerechtigkeit erlangen kann, was bleibt uns dann noch?«, wollte Johannes wissen.
    »Das mag wohl so sein, aber Gerechtigkeit ist rar gesät.« Hauser schien kurz zu überlegen, dann sagte er: »Ich werde euch eine Geschichte erzählen, damit ihr selbst urteilen könnt. Ein Bäuerlein fing unerlaubt einige Krebse aus einem Bach, der dem Herrn von Eppstein gehörte. Der ließ daraufhin den Bauern gefangen nehmen und forderte aus der Stadt den Henker an, um den Dieb richten zu lassen. Doch der Rat der Stadt entschied, dass man wegen ein paar Krebsen den Mann nicht enthaupten könne. Damit gab sich der Herr von Eppstein jedoch
nicht zufrieden. Er verschaffte sich selbst einen Scharfrichter und ließ dem Bauern den Kopf abschlagen.
    Wie ihr seht, meine leichtgläubigen Burschen, musste das Bäuerlein wegen ein paar lausiger Krebse sterben, doch der hohe Herr konnte einem Menschen das Leben nehmen, ohne dafür belangt zu werden.«
    Der alte warf den abgenagten Kaninchenknochen in das Feuer und wischte sich über den Mund. Dann blickte er einem jeden der Jungen nacheinander fest in die augen.
    »Wo war da die Gerechtigkeit?«
    Nachdenklich schwiegen die Burschen.
    »So sollten wir Eurer Meinung nach nicht ins Elsass ziehen und dem Unrecht seinen Lauf lassen?«, fragte Peter nachdenklich.
    »Ihr könnt tun und lassen, was ihr wollt. Ich habe gelernt, dass man allein nichts erwirken kann.«
    »Könnt Ihr nicht zählen, alter Mann? Wir sind nicht allein, sondern eine Hand voll!«, entfuhr es Matthias. »Mein Bruder Peter, unsere Freunde Johannes, Friedrich, Michael und ich!«
    Hauser ging darauf nicht ein, sondern wandte sich an Peter: »Wenn ihr fünf es erlaubt, würden mein Sohn und ich gerne die Nacht bei euch am Feuer verbringen. Die vergangenen Nächte habe ich nicht gewagt, die augen zu schließen. Stets war ich wachsam aus Furcht, dass uns der Landvogt erwischen könnte. Doch nun bin ich erschöpft und könnte im Stehen einschlafen.«
    »Vor uns hattet Ihr keine Furcht?«, fragte Matthias, und Zweifel schwang in seiner Stimme mit. Der alte schüttelte den Kopf. »Nein! Wer Kaninchen jagt, ist genauso hungrig wie wir und schert sich nicht um den Landvogt.«
    Peter blickte fragend in die Runde. Keiner der Burschen schien etwas dagegen einzuwenden zu haben, dass Vater und Sohn an ihrem Feuer rasteten. Und so nickte er dem alten zu.

    »Bleibt die Nacht und ruht Euch aus. Wir werden Wache halten.«

    Der nächste Morgen begann ungemütlich. Eisiger Regen hatte eingesetzt und weckte die Männer unsanft. Rasch packten sie ihre Sachen zusammen und flüchteten tief in den Wald hinein, wo die Bäume dicht zusammenstanden. Hier kauerten sie sich unter mehrere Kiefern, deren Zweige wie ein Dach ineinanderhingen. Nur mit Mühe konnten sie ein Feuer entfachen. Der Qualm hing zwischen den Zweigen und brannte in ihren augen. Erst als

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