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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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paar Blutergüsse übrig. Amando hatte recht gehabt; die eine Nacht hatte Wunder gewirkt. Darcio konnte trotzdem sehen, dass sie noch immer ungewöhnlich blass war und Ringe unter den Augen hatte. Chayne zu heilen und dann selbst gesund zu werden hatte seinen Tribut gefordert. Mystiques Entschlossenheit war jedoch nicht gespielt. Darcio zweifelte keinen Augenblick daran, dass sie die richtige Medizin finden würde, um zu helfen.
    »Mystique, du siehst erschöpft aus. Nach dem, was du für Chayne getan hast, genügt ein Tag Ruhe nicht. Du hast dich ja noch nicht einmal richtig von deinen eigenen Verletzungen erholt. Du kannst nicht so weitermachen.«
    »Es geht mir gut«, sagte sie beharrlich. »Es ist mir schon lange nicht mehr so gut gegangen.«
    Diesmal wich sie nicht zurück. Darcio sah, wie sie dicht vor Reule hintrat, wobei ihre kleine Gestalt irgendwie perfekt zu seinem größeren Körper passte. Die Augen des Schattenmanns weiteten sich angesichts ihrer zur Schau gestellten Vertrautheit und der unmittelbaren Reaktion seines Primus, die wie ein Blitz durch die Rudelverbindung schoss. Er blickte zu dem Diener, der aussah, als müsste er sich dringend setzen. Darcio konnte es ihm nicht verdenken. Es war lange her, dass jemand gesehen hatte, wie Reule die Zuneigung einer fruchtbaren Frau erwidert hatte. Das war, als er noch ein junger Mann gewesen war, rief sich Darcio in Erinnerung. Doch auch mit seinen Mätressen hatte Reule sich in der Öffentlichkeit zurückgehalten.
    Es war nicht so, dass das Rudel nicht mitbekommen hätte, wie sich Reule gegenüber der hübschen Fremden verhielt. Jedes Mal, wenn die beiden sich berührten, erzeugte das eine Art Welle, die alle sieben erreichte. Der Primus war das Epizentrum, und die Ausläufer trafen die anderen.
    Darcio hatte so etwas noch nie empfunden. Weder durch Reule noch durch irgendjemanden sonst. Das Ergebnis war atemberaubend und erregend. Auch jetzt schlug sein Herz wie verrückt, wie ein Echo auf den beschleunigten Herzschlag seines Primus. Zum ersten Mal hatte sich Reule der ganzen Macht der Mnise überlassen, und mit einem Rudel, das samt und sonders im mnise reifen Alter war, führte das zwangsläufig zu unberechenbaren Reaktionen. Besonders angesichts von Reules Fähigkeit zur Gedankenübertragung und der Schwierigkeit, sie zu kontrollieren, wenn er sich emotional im Ausnahmezustand befand. Das hatte Delano und Saber Sorgen gemacht. Doch nach dem, was Mystique am Abend zuvor für Chayne getan hatte, bezweifelte Darcio, dass es weiteren Protest vom Rudel geben würde.
    »Wenn man bedenkt, wie es um dein Erinnerungsvermögen steht und um deinen körperlichen Zustand in den letzten fünf Tagen, die du bei Bewusstsein bist, dann sagt das nicht besonders viel aus«, stellte Reule ironisch fest, obwohl er ihr zugleich zärtlich mit den Fingern über die linke Braue strich.
    Mystique ließ den Arm sinken und bedachte ihn mit einem geduldigen Lächeln. »Reule, es gibt keinen Pharmazeuten mehr in der Stadt.« Sie rümpfte die Nase, als sie an den verhassten Mediziner dachte, der seinen Pflichten nicht nachgekommen war und der sie noch dazu verleumdet hatte. »Abgesehen von seinen fragwürdigen Fähigkeiten war er in einem Punkt nützlich. Selbst den tapfersten Sánge wird es Angst machen, wenn sie merken, dass sie sich nirgendwo hinwenden können, wenn sie krank oder verletzt sind.«
    Sie nutzte Reules Reaktion, um sich aus dem gelockerten Griff seiner Hand zu winden, und trat vor Darcio, der sich rasch erhob.
    »Ich brauche Pariedes und Drago, damit sie mir helfen. Ich brauche Räume, irgendwo im Erdgeschoss. Einen Raum mit viel Licht, und daneben einen, der dunkel und kühl ist, damit ich Kräuter und Medizin lagern kann. In beiden einen Herd. Ich brauche Regale und ein paar Liegen.«
    »Ihr wollt im Wohnturm eine Krankenstation einrichten?«, fragte Darcio.
    »Wo denn sonst? Außer Ihr wollt mir eine Unterkunft im Stadtzentrum geben, wo …«
    »Nein! Du bleibst hier, wo es sicher ist und wo ich ein Auge auf dich haben kann«, befahl Reule. »Stadtzentrum«, knurrte er verärgert, »als ob ich eine Fremde, der man gerade vorwirft, ein Rudelmitglied bedroht zu haben, schutzlos meinen Leuten ausliefern würde. Ganz zu schweigen davon, dass sie dir die Schuld dafür geben, dass die Stadt ihren Pharmazeuten verloren hat. Du würdest keinen einzigen Tag überleben.«
    Mystique schien das als Kränkung aufzufassen, und Darcio musste ein Lachen mit einem Hüsteln

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