Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
Vom Netzwerk:
rot wurde. Er hatte vergessen, dass nichts sie beschämen konnte und dass sie auch in Gesellschaft völlig geradeheraus war.
    Reule musste grinsen, als das Lachen und Prusten um ihn herum in dem Bemühen um Respekt verebbte. Sie wartete gespannt, während ihre großen Augen verliebt glänzten. Er verschränkte die Arme vor der Brust und ließ den Blick langsam über ihre Gestalt wandern.
    »Meine Herren«, sagte er, ohne den Blick von ihr zu wenden. »Ihr habt die Dame gehört. Bringen wir das hier hinter uns. Ich habe da … etwas … zu erledigen.« Zu seiner Freude lachte Mystique über die spöttische Bemerkung. Sie war ein Schatz, und er schwor sich, das nie zu vergessen.
    Delano wartete, bis alle ruhig waren und ihre Aufmerksamkeit ganz auf Mystique gerichtet hatten, bevor er ihr den Kanister gab. Weil sie mit dem Gelände nicht vertraut war, würde Reule ihre Gedanken lesen und Hinweise und andere Besonderheiten, die auftauchten, herausfiltern. Er stellte sich hinter sie und fasste sie um die Taille.
    Der Kanister war kein persönlicher Gegenstand wie Chaynes Stuhl, doch wenn sie sich konzentrierte, war sie noch immer dazu in der Lage, den letzten Besitzer des Gegenstands auszumachen. Reule spürte, wie sie zuckte und den Kanister fest umklammerte, wobei sich das bereits ermüdete Metall unter ihrem Griff verbog. Sie warf den Kopf zurück und sah mit leerem Blick nach oben. Die Farbe ihrer Augen wechselte zu einer Art Braunschwarz, und Reules Verstand war auf einmal voll von dem, was sie sah. Den Mond. Von einem anderen Standort aus. Die Schakale hielten sich draußen auf. Oder zumindest dieser eine. Sie senkte den Kopf und sah sich um, und er sah das Lager, kalt und dunkel, und große Felsen und Bäume.
    »Der Wald«, murmelte er.
    »Sánge«, sagte sie mit kehliger Stimme. »Dummes Sánge-Pack. Diese Mistkerle. Fühlen so viel, speien haufenweise Gefühle aus und verschwenden sie nur.« Reule schauderte, als er sie solche Dinge sagen hörte. Es war abscheulich, sie aus ihrem Mund zu hören, denn er wusste, dass sie so etwas nie empfinden oder denken würde. »Sánge-Mörder. Wir werden den Sánge-Prinzen so treffen, wie er uns getroffen hat. Er wird dafür bezahlen.«
    Mystique zuckte heftig zusammen, und Reule blieb dicht bei ihr, während er ihrem Blick durch das Lager der Schakale folgte, schlafende Gestalten zählte und schließlich bei einer Gruppe von drei Schakalen innehielt.
    »Ich werde den Tag genießen, an dem ich dem Sánge-Prinzen das Fell über die Ohren ziehen kann«, dachte einer der Schakale, ohne zu ahnen, wie nah er dem Prinzen in diesem Augenblick schon war. »Er wird kommen, und dann schnappen wir ihn uns. Schnappen ihn uns hier. Ihn und das ganze Rudel.«
    »Himmel noch mal, sie warten auf uns«, fauchte Rye.
    »Dreißig, vielleicht noch mehr«, murmelte Reule. »Sie lagern mitten im Wald. Mir ist nicht klar, wie sie uns erwischen wollen.«
    Er nahm an, dass der Schakal eine Wache war, denn er ging umher und sah sich um, bis er schließlich aufmerkte. Eine Höhle. Die Schakale gingen hinein.
    »Ein winterfester Ort«, sagte Mystique heiser, »wenn der Sánge-König tot ist. Genug zu essen. Die Höhle ist warm.«
    »Das ist keine Wache«, murmelte Delano, »das ist ein Anführer, der Pläne schmiedet.«
    »Säcke voller Vorräte sind an der Wand entlang gestapelt«, sagte Reule sichtlich verwirrt. »Das ist etwas anderes. Ich habe noch nie erlebt, dass Schakale unterwegs so viel Ballast mit sich führen. Die Höhle ist fast …«
    Da bemerkte Reule die rote Markierung auf dem Sack, an dem der Schakal gerade vorbeiging. Das war die Handelsmarke von Jeth City.
    »Du lieber Gott«, flüsterte Rye, als ihm klar wurde, was das bedeutete. »Der Getreidekonvoi. Amando .«
    Reule riss Mystique den Kanister aus den Händen und wandte sich zornerfüllt an seine Männer. »Ich will wissen, was zum Teufel hier los ist!«, brüllte er. »Das ist das zweite Mal, dass ein Mitglied meines Rudels durch diese Dreckskerle in Gefahr ist. Saber! Rye!«, rief er, und seine mehrfarbigen Augen glühten in einem bedrohlichen Gelb. »Habt ihr Amando eine berittene Vorhut mitgegeben?«
    »Natürlich! Es war eine große Lieferung. Wir wissen sehr wohl, dass die Pripans es lieber behalten, als damit zu handeln, wenn es nicht entsprechend geschützt ist.«
    »Ich habe gut zwanzig Wachen mit Amando losgeschickt, damit sie den Konvoi begleiten«, sagte Saber steif. »Zusammen mit den Händlern und deren Lehrlingen

Weitere Kostenlose Bücher