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Gabe des Blutes

Gabe des Blutes

Titel: Gabe des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacquelyn Frank
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dass sie so lange in der Kälte stehen mussten. Er trat zu Fit, seinem großen graugefleckten Wallach, ließ die Beine des Mädchens schlaff herabbaumeln und hielt sie unter den Arm geklemmt, während er nach seinen Satteltaschen griff. Doch bevor er dazu kam, spürte er, wie ein fester Pferdehintern gegen seinen Rücken stieß. Er taumelte, doch er fand das Gleichgewicht wieder, indem er sich an das Tier lehnte. Nach kurzer Überlegung blieb er so stehen, um das Mädchen an Fit zu wärmen. Er blickte in die großen braunen Augen des Gauls, die ihn beinahe hochnäsig anschauten.
    »Benimm dich«, befahl er dem Tier. Fit reagierte mit einem Schnauben und Kopfschütteln, sodass sein Zaumzeug klirrte. Reule lachte leise in das strähnige Haar des Mädchens, während er dem Tier fest auf den Hals klopfte, genauso, wie es das mochte.
    Dann zog Reule eine Decke aus der Satteltasche und wickelte das Mädchen darin ein, wobei er es fest an seinen Körper presste und ihr Gesicht an seinen Hals legte. Sie war so leicht, dass er sich in den Sattel schwingen konnte, während er sie festhielt. Der Wallach machte aus Protest nicht einen einzigen Schritt, und Reule tätschelte ihm erneut den Hals. Er balancierte seine Last vor sich auf dem Sattel, indem er sie zwischen seine Oberschenkel setzte und sie mit einem Arm festhielt. Er hielt die Zügel mit einer Hand und wendete das Pferd, um zu sehen, wie sicher sie saß.
    »In Ordnung, mein Freund«, sagte er zu dem Tier, »jetzt musst du uns nach Hause bringen.«
    Reule schloss die Bitte mit einem winzigen mentalen Anstoß ab. Fit nickte, bevor er sich im Geschirr schüttelte und sich in Bewegung setzte.
    Als die anderen endlich auftauchten, gab Chayne tierhafte Laute unterdrückten Schmerzes von sich, obwohl seine Rudelgefährten ihn so vorsichtig wie möglich trugen. Sie hatten ihn behelfsmäßig verbunden, doch Reule konnte sehen, dass Delano und Rye bereits blutverschmiert waren. Sie würden den beiden Opfern zuliebe schnell reiten müssen, doch für Chayne würde es qualvoll werden.
    Reule schaute Rye durchdringend an. Der riss den Kopf hoch, als die Nachricht seines Primus ihn erreichte. Rye wappnete sich, als Reule seine Aufmerksamkeit auf Chayne richtete. Diesmal war er sanfter, während er Chaynes geschwächte Abwehr überwand und ihn leise in den Schlaf flüsterte. Der verwundete Mann war schon fast ganz hinübergeglitten, da überwand Reule den Willen des anderen und zwang ihn in tiefe Bewusstlosigkeit. Er wusste, dass Chayne es hasste, wenn er nicht mehr selbst entscheiden konnte, vor allem nachdem er so lange der Folter der Schakale standgehalten hatte. Doch Schlaf allein hätte nicht gereicht. Chayne wäre beim ersten unwegsamen Pass wachgerüttelt worden.
    Reule hatte Rye ins Vertrauen gezogen darüber, wie er Chaynes Geist manipuliert hatte, weil jener als zweitstärkster Mann des Sánge-Volks in der Lage war, seine Gedanken vor allen anderen zu verschließen, auch vor Chayne.
    Sie waren noch nicht lange unterwegs, leise Worte der Reiter zu ihren Pferden erfüllten die hereinbrechende Dämmerung, als der goldene Mond verschwand. Delano ritt mit Chayne auf seinem Pferd, denn er hatte das weitaus stärkste Pferd und die nötige Körperkraft.
    Zum Glück lag das Haus am Rand des Sumpfgebiets, weshalb sie sich nur kurze Zeit durch Schlamm und Morast quälen mussten, bevor sie den festen Untergrund der Ebene erreichten. Schnell ritten sie in Richtung der fernen Berge.
    Das ganze Land gehörte zu Reules Provinz – die unwirtlichen Sumpfgebiete, das fruchtbare Tiefland und die dichten und gefährlichen Wälder, die sich endlos hinter den Reitern erstreckten. Es war eine völlige Wildnis, feindselig und abenteuerlich, doch sie gehörte ihm. Ihm und dem Volk der Sánge. Reule betrachtete es als sein Eigentum und hatte ein Auge auf jeden, der es wagte, das gefährliche Land zu durchqueren. Solange sie das Land und die Sánge in Ruhe ließen, konnten Reisende passieren und sogar jagen. Doch die Schakale hatten seine Großzügigkeit ausgenutzt. Reule nahm sich vor, mit Saber, seinem obersten Verteidiger, die Patrouillen am Rand der Provinz zu überprüfen. Sobald Schnee fiel, war das nicht mehr nötig, doch bis dahin … er würde nicht zulassen, dass seine Leute von zweibeinigen Feinden bedroht wurden. Es gab auch ohne Eindringlinge schon genug natürliche Gefahren in dieser Region.
    Die Dämmerung ging vorbei und ebenfalls der frühe Morgen und der Vormittag, und ihr Tempo

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