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Gabriel Lambert

Gabriel Lambert

Titel: Gabriel Lambert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Dumas
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sagte der Vicomte, »geben Sie mir das Portefeuille, das dort auf der Ecke des Kamins liegt.«
    Der Bediente gehorchte, de Faverne nahm das Portefeuille und öff nete es.
    »Sehen Sie«, sagte er mit einem leichten Zittern in der Stimme,
    »hier ist mein Geburtsschein; in Pointe-à-Pitre geboren, wie Sie sehen; ferner ist hier ein Zeugnis von Herrn de Malpas, in dem be-stätigt wird, daß mein Vater einer der reichsten Grundeigentümer in Guadeloupe ist.
    Diese Papiere sind Herrn Olivier vorgelegt worden, und da er die Unterschrift des Gouverneurs kannte, mußte er gestehen, die Unterschrift wäre echt.«
    Während er mir diese Papiere zeigte, steigerte sich seine Aufregung von Sekunde zu Sekunde.
    »Ihr Leiden muß heftiger geworden sein?« fragte ich ihn.
    »Warum soll ich nicht leiden! Man verletzt mich, man verfolgt mich, ich werde verleumdet. Ich muß ständig damit rechnen, eines Verbrechens angeklagt zu werden. O ja, Doktor, Sie haben recht«, fuhr er mit einer gewissen Anstrengung fort, »ich leide, ich leide ungemein.«
    »Sie müssen sich beruhigen.«
    »Mich beruhigen, das ist leicht gesagt! Bei Gott, wenn ich mich beruhigen könnte, wäre ich geheilt.
    Hören Sie, es gibt Augenblicke, wo meine Nerven starr werden, als ob sie zerspringen wollten, wo meine Zähne sich aufeinander-pressen, wo ich ein Gesumm im Kopf höre, als ob alle Glocken von Notre-Dame in mein Ohr schallten; dann ist es mir, als müßte ich ein Narr werden. – Doktor, was ist der sanfteste Tod?«
    »Warum fragen Sie das?«
    »Weil mich zuweilen die Lust erfaßt, mich zu töten.«
    »Ich bitte Sie.«
    »Doktor, man sagt, wenn man sich mit Blausäure vergifte, sei es in einem Augenblick geschehen.«
    »Das ist wirklich der schnellste Tod, den man kennt.«
    »Doktor, verschaff en Sie mir für alle Fälle ein Fläschchen Blausäure.«
    »Sie sind ein Narr.«
    »Hören Sie, ich bezahle Ihnen dafür, was Sie wollen, tausend Franc, sechstausend, zehntausend, wenn Sie dafür bürgen, daß man stirbt, ohne zu leiden.«
    Ich erhob mich.
    »Nun, wie?« sprach er, indem er mich zurückhielt.
    »Ich bedaure, mein Herr, daß Sie mir unablässig Dinge sagen, die nicht nur meine Besuche abkürzen, sondern auch eine längere Verbindung mit Ihnen unmöglich machen.«
    »Nein, nein, bleiben Sie, ich bitte Sie, sehen Sie nicht, daß ich Fieber habe und daß nur das Fieber schuld ist, wenn Sie mich so sprechen hören?«
    Er läutete, derselbe Bediente von vorhin erschien.
    »Germain, ich habe Durst«, sagte de Faverne. »Geben Sie mir etwas zu trinken.«
    »Was wünschen der Herr Vicomte?«
    »Sie werden etwas mit mir nehmen, nicht wahr?«
    »Nein, ich danke«, antwortete ich.
    »Gleichviel«, fuhr er fort, »bringen Sie zwei Gläser und eine Flasche Rum.«
    Germain ging hinaus.
    Nach einigen Augenblicken kehrte er mit einem kleinen Tablett zurück, auf dem die verlangten Gegenstände standen; ich bemerkte nur, daß die Gefäße, statt Likörgläser zu sein, Gläser waren, aus denen man Bordeauxwein zu trinken pfl egt.
    Der Vicomte füllte sie beide, doch seine Hand zitterte so stark, daß mindestens genausoviel Rum, wie in den Gläsern war, verschüttet wurde.
    »Kosten Sie das«, sagte er. »Es ist vortreffl
    icher Rum; ich habe ihn
    selbst von Guadeloupe mitgebracht; wo ich Ihrem Herrn Olivier d’Hornoy zufolge nie gewesen sein soll.«
    »Ich danke Ihnen, aber ich trinke keinen Alkohol.«
    Er nahm eines von den beiden Gläsern.
    »Wie«, sagte ich, »Sie wollen das trinken?«
    »Gewiß.«
    »Wenn Sie dieses Leben fortsetzen, werden Sie bis auf die Flanell-weste verbrennen, die Ihre Brust bedeckt.«
    »Glauben Sie, daß man sich töten kann, wenn man viel Rum trinkt?«
    »Nein, aber man kann sich eine Magen- und Darmentzündung zuziehen, an der man eines schönen Tages nach langen furchtbaren Schmerzen stirbt.«
    Er setzte das Glas auf die Platte, ließ den Kopf auf die Brust und die Hände auf die Knie sinken und murmelte mit einem Seufzer:
    »Doktor, Sie erkennen also, daß ich sehr krank bin?«
    »Ich sage nicht, Sie sind krank, ich sage nur, Sie leiden.«
    »Ist das nicht dasselbe?«
    »Nein.«
    »Und was raten Sie mir? Die Medizin muß für jedes Leiden ihre Mittel haben; es wäre sonst nicht der Mühe wert, die Ärzte so teuer zu bezahlen.«
    »Sie sagen das nicht gegen mich?« erwiderte ich lachend.
    »O nein! Sie sind in allen Dingen ein Muster.«
    Er nahm das Glas Rum und trank es, ohne an das zu denken, was er tat. Ich hielt ihn nicht zurück,

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