Gabriel oder das Versprechen
lieber
schließen?«
»Nein, das macht die ganze Sache
noch verdächtiger. Ich habe mich gleich wieder im Griff', sagte sie
und wirkte dabei keineswegs überzeugend. »Ich hoffe nur, dass Sie
sich irren!«
»Es tut uns Leid, aber wir müssen
los!«
56
Augustastraße 47, Freitag, 5. Juni,
22.42 Uhr
Per Funk hatte Fassbinder, der jetzt
in Marcs Wagen mitfuhr, zwei Mann seiner Sonderkommission und
zusätzlich einen Mannschaftswagen der Bereitschaftspolizei
verständigt. Er bat alle, zu einem Einsatz sofort zur Augustastraße
47 in die Elberfelder Südstadt zu kommen. Es gehe um eine
Festnahme. Blaulicht und Sirene sollten ausgeschaltet bleiben. Man
treffe sich vor Ort, möglichst in spätestens einer
Viertelstunde.
Tatsächlich waren gegen elf Uhr alle
versammelt. In Parterre brannte noch in beiden Wohnungen Licht.
Fassbinder klingelte und erklärte der beim Anblick der zahlreichen
Polizisten völlig verdutzten Mieterin den Grund der späten Störung.
Sie schien neugierig, folgte aber seiner Bitte, die Tür wieder zu
schließen.
Vor Carlos Wohnungstür lauschte Marc
ins Innere der Dachgeschosswohnung. Kein Laut war zu hören.
Fassbinder wies einen der Polizisten an, die Tür gewaltsam zu
öffnen. Mit kräftigem Tritt flog die Tür auf und die mit
Schutzwesten bekleideten Polizisten stürmten die
Wohnung.
Carlo war nicht da. Dass er seine
Chefin angelogen hatte, beunruhigte Fassbinder in höchstem Maße.
Was hatte das zu bedeuten? Plante er seinen morgigen Auftritt?
Musste er noch Vorkehrungen treffen? Ein Bündel an Fragen schoss
ihm durch den Kopf. Marc stand wort- und ratlos neben
ihm.
»Was meinst du, Marc? Was hat das zu
bedeuten?« Marc zuckte mit den Schultern. »Ich kann mir nur
vorstellen, dass er wegen morgen noch einige Dinge vorbereiten
muss. Ich denke, er vermutet, dass wir ihm ein gutes Stück näher
gekommen sind. Sein Hinweis mit den 9-Tages-Intervallen war so
deutlich, dass er jetzt den Triumph haben will, die Karte vor
unseren Augen zu Ende zu lochen. Dafür aber muss er vorsichtig zu
Werke gehen. Er bereitet irgendetwas vor, das wir noch nicht ins
Kalkül gezogen haben«, antwortete er schließlich. »Vielleicht sogar
eine Entführung!«
»Ausschließen kann ich das nicht,
aber ich glaube nicht dran. Er will bei seinem Muster bleiben!
Jetzt Mutmaßungen anzustellen, ist aber sinnlos. Das Einzige, was
wir momentan tun können, ist, uns um Sandra Niemetz zu kümmern.
Vielleicht sollten wir mit dem Personenschutz schon in der Nacht
beginnen«. Marc war wenig begeistert. »Und wer fängt
an?«
»Wenn du nichts dagegen hast, wir
beide.«
»Zähneknirschend ja. Ich rufe nur
kurz zu Hause an, damit Esther Bescheid weiß.«
»Mach das und dann lass uns nach
Barmen fahren. Ich sag inzwischen den Anderen Bescheid.« Fassbinder
blies die Aktion ab. Seine beiden Leute von der Sonderkommission
bat er, ihn und Marc um vier Uhr in der Früh vor dem Haus in der
Emilienstraße 31 abzulösen.
57
Emilienstraße 31, Freitag, 5. Juni,
23.25 Uhr
Auf ihrer Fahrt von Elberfeld nach
Barmen sprachen Fassbinder und Marc darüber, wie geschickt Carlo
Mancini sie auf die falsche Fährte gelockt hatte.
»Äußerst raffiniert«, sagte Marc,
»war der fingierte Einbruch in das Bistro.«
»Da siehst du, dass wir es mit einem
ganz cleveren Typen zu tun haben«, bestätigte Fassbinder ihn in
seiner Meinung. »Natürlich mussten wir aufgrund des Einbruchs davon
ausgehen, dass nur einer der männlichen Teilnehmer als Täter in
Frage kam.«
»Er hat die Rute ausgelegt und wir
sind ihm voll auf den Leim gegangen. So haben wir natürlich auch
seine Fingerabdrücke in Veras Büro als ganz selbstverständlich
hingenommen. Nicht als die des Einbrechers, sondern als die einer
Person, die sich dort ständig aufhält.«
»Richtig. Und seine ständige
Anwesenheit im Bistro ist auch die Erklärung dafür, warum wir an
den Wohnungstüren der Opfer keine Einbruchspuren gefunden haben
»Das verstehe ich jetzt nicht«, unterbrach Marc seinen Chef. »Wie
meinen Sie das?«
»Wir haben doch die ganze Zeit über
vermutet, dass der Täter sich irgendwie Nachschlüssel besorgt haben
muss und so in die Wohnungen eingedrungen ist.«
»Stimmt!«
»Und da waren wir eben auf dem
Holzweg. Carlo Mancini kannte alle Teilnehmerinnen und war ihnen
natürlich als Veras freundlicher Barkeeper im Gedächtnis haften
geblieben. Er war ihnen vertraut. Und deshalb waren sie ihm
gegenüber nicht argwöhnisch. Wahrscheinlich hat er seine Opfer vor
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