Gabriel oder das Versprechen
in diesem Moment mit dem Kopf nach links
drehte. Verdammt, dachte er, das gefällt mir gar nicht.
»Na, keinen Erfolg gehabt?« fragte
sie ihn, als er ohne Zeitung wieder einstieg.
»Nein, ich suche eine Zeitschrift
von der letzten Woche«, schwindelte er. »Aber schon wieder
Fehlanzeige.« Nur wenige 100 Meter später bog er links ab.
Serpentinen führten hinab nach Altenberg und auf der anderen Seite
wieder hinauf auf die Höhe. Kein Wagen folgte ihnen, stellte er
beruhigt fest. Über Kürten erreichten sie schließlich
Oberbörsch.
»Ohne Navigator hätte ich das nie
gefunden«, meinte Schmidt, nachdem sie ihr Ziel nach ziemlich genau
einer Stunde erreicht hatten. Die letzten Meter dirigierte sie ihn
noch, bis sie die Sackgasse ›Auf der Höhe‹ erreicht
hatten.
»Kommen Sie noch auf einen Kaffee
mit rein? Meine Schwester würde sich freuen!«
»Da kann ich nicht widerstehen …
wenn Ihre Schwester genau so sympathisch ist wie Sie!«
»Danke für's Kompliment. Sie wird
Sie nicht enttäuschen!«
Nach gut einer halben Stunde
verabschiedete Schmidt sich von den Schwestern. Es war ein
gemütlicher Plausch. Zum Schluss bat er beide noch, den
Aufenthaltsort gegenüber Dritten nicht zu nennen.
»Da kann man sich bei einem
Telefonat mit einer guten alten Freundin mal ganz schnell
verplappern«, mahnte er. »Aber Sie werden das schon richtig machen.
Dann hole ich Sie am Sonntag gegen Mittag wieder ab.
Einverstanden?«
»Ja, wie vereinbart so zwischen
zwölf und eins.« Auf dem Weg zurück durch diesen kleinen Flecken
Oberbörsch mit seinen maximal 60 bis 80 Häusern hielt Schmidt
Ausschau, ob irgendwo der schwarze Opel Astra zu sehen sei. Da der
Ort oben auf dem Kopf eines kleinen Berges lag, hatte er gute
Rund-um-Sicht. Nirgendwo konnte er den Astra entdecken. Beruhigt
fuhr er wieder die schmale Straße hinab durch den Wald und zurück
nach Wuppertal.
52
KTU Wuppertal, Freitag, 5. Juni,
14.00 Uhr
In der zurückliegenden Woche hatten
Herbert Fuchs, eines der ältesten Mitglieder der KTU, und seine
Kollegen ganze Arbeit geleistet. Er hoffte darauf, bei den von der
Mordkommission für diesen Tag noch angekündigten DNA-Proben endlich
fündig zu werden. Denn Joachim Herbst, sein Chef und Leiter der
KTU, hatte schon signalisiert, dass sonst möglicherweise auch noch
die DNA sämtlicher weiblichen Teilnehmerinnen überprüft werden
müssten. Er und seine Kollegen kannten die Fakten und wussten, dass
für den Einbruch in das Bistro nur der Serienmörder in Frage kam,
der sich selbst den Namen Gabriel zugelegt hatte. Und Gabriel, so
hatten sie inzwischen erfahren, war ein biblischer Engel, der in
der Kunst des Mittelalters auch häufig als weibliches Wesen
dargestellt worden war.
Eine groteske Vorstellung: Eine mit
einem Messer mordende Serienkillerin! Aus der Kriminalgeschichte
kannte Fuchs etliche Serienmörder. Auch Frauen waren darunter.
Jedoch meistens nur Giftmischerinnen. Sollten sie es dieses Mal mit
der berühmten Ausnahme zu tun haben, die die Regel
bestätigt?
Gerade war von den drei noch
ausstehenden DNA-Proben das Material von Frank Baumann und von
Helge Hansen eingetroffen. Sofort begann Fuchs mit der Analyse.
Enttäuschung machte sich breit. Denn auch dieses Mal war das
Ergebnis negativ.
53
Flughafen Düsseldorf, Freitag, 5.
Juni, 21.00 Uhr
Phillip saß bereits deutlich vor der
vereinbarten Zeit im Restaurant des Flughafens. Auf der Fahrt
hierher erinnerte er sich noch sehr genau daran, wie er Marcus
Zeitz vor etwa zwei Wochen in dessen Versicherungsbüro in der
Hauptstraße in Cronenberg aufgesucht hatte. Zu sehr war auch er
damals auf Lagier fixiert, so dass er andere Aspekte
unberücksichtigt ließ. Routinemäßig erkundigte er sich zwar nach
den Alibis von Zeitz, hatte sich aber mit dessen Angaben, die er
mit Eintragungen in seinem Kalender belegte, zufrieden gegeben,
ohne sie tatsächlich zu überprüfen. Vielleicht hätte er sich dieses
bevorstehende Gespräch mit Bernd Herzberger sparen können, wenn er
etwas sorgfältiger vorgegangen wäre. Und vielleicht wäre es gar
nicht zu dem dritten Mord in Wuppertal gekommen.
Die für 21.05 Uhr angekündigte
Maschine aus Lissabon hatte keine Verspätung und war bereits als
›gelandet‹ auf dem Bildschirm angezeigt. Phillip hatte sich in
seine Unterlagen vertieft, so dass er gar nicht bemerkte, wie
Herzberger plötzlich neben seinem Tisch stand. »Guten Tag, Herr …
Kohlund war der Name, richtig? Sie waren doch schon einmal
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