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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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Sumpfpflanzen vor, den Lack verrottet, die Schrift abgeplatzt. Das Flugzeug würde sich nie wieder von hier wegbewegen, so viel stand fest.
    Wenn jemand nach uns suchte, würde man uns beim Flugzeug vermuten. Gab es da nicht eine Notfallregel: Nie das Flugzeug verlassen. Aber wer würde nach uns suchen? De Vries würde höchstens seine Diamanten vermissen, aber sich nicht nach uns verzehren. Ohnehin hatten er und Wessing im Moment andere Sorgen.
    Als ich vor dem Durchschlupf stand, den Felicité entdeckt hatte, schien er mir eher für ein Tier als für einen Menschen geeignet, für ein Tier, das vielleicht die Größe eines Dackels hatte. Ich erinnerte mich daran, dass irgendwer, Farouk oder Fox, gesagt hatte, es habe Vorteile, wenn man im Dschungel klein wäre. Wir machten uns klein, Felicité und ich. Unser Gepäck zerrten wir hinter uns her. Obwohl ich mich so klein wie möglich machte, zerkratzten mir Äste und Dornen den Rücken und die Arme. Auf Schlangen, die sich hier vielleicht aufhielten, konnte ich in dem Dämmerlicht, durch das wir krochen, nicht achtgeben, ich versuchte, das Ende des Gangs ins Auge zu fassen. Man soll ja immer vom Ziel her denken. Vielleicht lauerte aber dort eine noch unentdeckte Riesenspinnenart, die uns in Seidenfäden einweben und ein paar Wochen einlagern würde.
    Ich atmete tief ein, vielleicht für einen Seufzer. Und plötzlich drang der Geruch des Urwalds in mich ein, als habe mein olfaktorisches Sensorium bis hierher eine schockbedingte Pause gemacht. Es roch intensiv nach verdorbenem Salat und nach zerplatzenden Springkrautsamen, nach alten Orangenschalen, nach Fäulnis, nach Sex, alles gleichzeitig. Irgendwo hatte ich mal gelesen, im Dschungel gäbe es keine Blumen. Daran erinnerte ich mich, als ich mit diesem Geruch in der Nase weiterkroch, ein Geruch, der nichts mit einem Garten gemein hatte. Es roch nach aggressivem, expansivem Wachstum, nach Fortpflanzung und nach Tod.
    Ich bekam noch mehrere Ameisenbisse in die Finger ab, die ich beim Weiterkriechen einfach hinnehmen musste, dann brach Felicité vor mir durch das lichter werdende Unterholz und richtete sich auf. Sie gab mir die Hand, half mir auf die Füße. Ich rappelte mich auf und klopfte die Ameisen von meinen Ärmeln herunter. Direkt über uns juchzte ausgelassen der unbekannte Vogel in den Baumwipfeln, es klatschte ein paarmal wie Flügelschlagen, und hinter dem Dickicht, das wir gerade durchquert hatten, quakten rudelweise die zurückgelassenen Frösche. Ich schaute Felicité an. Sie sagte nichts. Aber sie hielt noch immer meine Hand und sah mich an. Ich erkannte das Entsetzen in ihrem Blick, noch ehe ich mich umgedreht hatte, was ich nun tat.
    Wir standen vor dem Bahndamm. Nein: vor dem, was einmal ein Bahndamm gewesen war. Der schmale Riss zwischen den Baumwipfeln, den wir vom Flugzeug aus gesehen hatten, der Kratzer, den die Zivilisation im Urwald hinterlassen hatte, war schon lange dabei zu heilen. Keine Wunde mehr, nur noch eine Narbe. Auf dem Bahndamm wucherten von Chlorophyll strotzende Pflanzen, alle paar Meter dazwischen standen aufstrebende Urwaldbäume, schon so hoch wie ein Einfamilienhaus. Alle rissen sie sich um den Platz am Licht, den die gerodete Bahnlinie ihnen geboten hatte. An jedem Baum hingen bündelweise Schmarotzer, dafür bereit, mit nach oben zu reisen. Mindestens zehn Jahre war hier kein Zug mehr entlanggerollt. Wir würden schon Mühe haben, auf die andere Seite hinüberzukommen, und erst recht, am Damm entlang irgendwo hinzuwandern.
    Eine Weile schwiegen wir miteinander. Es war nicht ratsam, auszusprechen, was das bedeutete. Es blieb nur, das Nächstliegende zu tun, wir mussten nach dem Robinson-Prinzip vorgehen, meinte Felicité. Zuerst eine Hütte bauen für die Nacht. Dann mussten wir uns um Wasser kümmern. Dann um Essen. Es hatte keinen Sinn, irgendwohin loszulaufen, wir mussten erst mal hierbleiben. Und wir durften nicht panisch werden, sollten uns jeden Schritt gut überlegen. So äußerte sie sich, nachdem sie der Sprache wieder mächtig geworden war.
    Als Erstes beschlossen wir, umzukehren und Wasser zu holen. Wir würden einen Weg finden, es trinkbar zu machen, unser Vorrat würde bei der Hitze kaum mehr als einen Tag reichen. Also krochen wir zurück zum Sumpf und holten Brackwasser, das wir vor Ort erst einmal durch ein paar Lagen Socken in unsere leeren Evianflaschen hineinfilterten. Wir verbrauchten dabei die Hälfte von unserem Autan, weil wir die Mückenschwärme auf

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