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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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erklärte ich Felicité, als sie sich ein paar davon auf die Hand geschüttet hatte. Sie hatte die Brauen erhoben, als ich es ihr erklärte. Dann ließ sie die Steine langsam in den Beutel zurückrollen, es gab ein Klickern wie bei Glasmurmeln.
    »Damit kommen wir, wohin wir wollen«, sagte ich.
    Noch ehe Felicité mir einen entsprechenden Blick zugeworfen hatte, begriff ich, was ich da von mir gegeben hatte. Naiv. Bernd, du bist so unglaublich naiv. Wir würden es nicht überleben, wenn man den Beutel bei uns finden würde, nicht eine Minute. Ich dachte an die Burschen auf dem Pick-up gestern Abend und war froh, dass Felicité meine Bemerkung nicht kommentierte.
    »Hast du Geld?«, fragte sie stattdessen.
    Ich zückte meine Geldbörse. Darin waren vier Euro in Münzen, meine Scheckkarte, mein Ausweis und mein Führerschein.
    »Ich habe mein Geld im Safe gelassen«, sagte ich. »In der Lodge.«
    »Keine Dollars?«
    Ich verneinte. Auch Felicité hatte keine Dollars bei sich. Sie hatte überhaupt kein Geld mitgenommen bei ihrer Mission, das sprach für ihre Kompromisslosigkeit. Wenn man es so ausdrücken wollte.
    Wir verfügten außerdem über De Vries’ Großwildbüchse mit vier Patronen und über seinen Hut, einen feinen Filzhut mit geflecktem Band. Er hatte ihn bei seinem nächtlichen Ausflug mit Wessing nicht aufgehabt. Dazu besaßen wir jede Menge Müll. Und dann gab es noch das runde Päckchen, eingewickelt in die Tengelmanntüte, so groß wie eine kleine Kokosnuss. Felicité zeigte ich das Ding erst gar nicht, ich wusste nicht, welchen Eindruck es auf sie machen würde. Ze Zés Messer fanden wir am Boden des Cockpits. Die Blutspritzer darauf begannen sich in Rostflecken zu verwandeln. Ze Zé hätte sich gegrämt, wenn er es hätte sehen können.
    Draußen vor der Kabinentür nahmen unterdessen die Tagesgeräusche zu. Das Juchzen des Vogels – war es ein Vogel? – wechselte sich mit einem sonoren Pochen ab. Es klang, als klopfe jemand in rascher Folge gegen ein leeres Fass. Sonst passierte nichts, außer dass die Sonne weiter stieg und die Temperatur in der Kabine kletterte wie in einem Backofen, der noch nicht die Endtemperatur erreicht hat. In einer Stunde würden wir durchgebraten sein.
    Wir setzten uns erst einmal auf die Rückbank und rauchten eine Zigarette. Zigaretten, meinte Felicité, seien Krisennahrung, bestens dazu geeignet, sich Mut zu machen. Und dazu, Ideen zu entwickeln, beides wäre in dieser Situation vonnöten. Ich pflichtete ihr bei. Ich dachte allerdings im Stillen auch an die Zigarette, die man bekommt, ehe das Erschießungskommando in Aktion tritt oder der Henker. Dennoch versicherten wir uns gegenseitig, während wir rauchten, dass wir gute Chancen hätten, bald auf eine Siedlung zu stoßen. Wir würden einfach an der Bahnlinie entlangwandern. Auf Essen mussten wir eben so lange verzichten, und unser Wasser würden wir gut einteilen, auf diese Weise könnten wir auf dem Bahndamm vierzig, fünfzig Kilometer schaffen, wir konnten ja auch nachts gehen. Außerdem würden schließlich Züge fahren, wir konnten versuchen, einen davon anzuhalten.
    Auf jeden Fall mussten wir erst einmal den Sumpf durchqueren, um zur Bahnlinie zu gelangen.
    »Er ist bestimmt nicht tief«, meinte Felicité.
    Ich zog an meiner Zigarette, sagte nichts dazu. Ich dachte an die drei Meter langen Krokodile und an ihre Gewohnheiten, die Fox mir vor Kurzem noch so anschaulich geschildert hatte.
    »Vielleicht gibt es Tiere da drin«, wandte ich ein, blieb aber allgemein. Natürlich gab es sie.
    Felicité schlug vor, das Gewehr mitzunehmen. Das Gewehr, entgegnete ich, sei für mich wahrscheinlich gefährlicher als für alles, worauf ich zielte. Ich hätte es einmal in Aktion gesehen.
    »Das ist kein Gewehr, sondern ein Geschütz«, sagte ich. »Es schlägt mich tot, wenn ich damit zu schießen versuche.«
    »Dann schieße eben ich. Wir haben kein anderes. Wir nehmen es mit«, entschied Felicité.
    Sie war gut im Improvisieren. Mit Hilfe von Ze Zés Messer, meinem Gürtel und ein paar Stoffstreifen fertigten wir unter ihrer Anleitung aus den beiden Reisetaschen provisorische Rucksäcke an und stopften unsere Sachen hinein, auch die Diamanten natürlich. Obwohl sie gefährlich waren, konnten wir uns nicht dazu entschließen, sie hierzulassen, das wäre vielleicht klug gewesen, aber wir brachten es einfach nicht fertig.
    Felicité bestand darauf, alle Kleider mitzunehmen. Man wisse nie. Im Dschungel könne man auf nichts

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