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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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es ein paar Buden, in denen hoffte ich, fündig zu werden. In einiger Entfernung konnte man Hochhäuser am Ende des Boulevards erkennen, vielleicht zwei, drei Kilometer von hier. Ich steuerte eine der Buden an, die im Schatten von drei Dattelpalmen lag. Ich trat unter das Vordach zwischen Ständern mit Zeitschriften, einem Sortiment schicker Kunststoffblenden als Schattenspender für Pkw-Scheiben, T-Shirts im Ausverkauf und Windrädern, die man Kindern mitbringen konnte, und fragte in das Dunkel hinter dem Schalter hinein nach einem Kaffee.
    Auf Englisch, trotz Sumires Analyse der sprachlichen Vorlieben des Landes. Ein schnauzbärtiger Mann, der einen Kaftan trug, erschien hinter Stapeln von CD s und Zeitungen. Er nickte, verschwand wieder, und nach einer Weile bekam ich meinen Kaffee. Während ich ihn probierte, er schmeckte sehr gut, fragte ich den Mann nach einer Schachtel. Das Wort »Box« funktionierte nicht gleich. Erst als ich ein paar Pappkartons im Dämmer der Bude gestapelt sah, konnte ich mich verständlich machen. Ich zeigte darauf und gab per Hand die Größe an. Bekam einen kleinen davon. Dann ließ ich mir noch eine Zeitung geben, ich wählte eine voluminöse Tageszeitung mit ausreichend Papier. Anschließend reichte ich dem Mann einen Zehn-Dollar-Schein und sagte, wieder auf Englisch, dass ich ein Taxi brauche.
    Der Mann sah mich an, den Zehn-Dollar-Schein in der Hand. Ich machte mit der Hand eine schiebende Bewegung in Richtung des Geldscheins, dazu sprach ich das international gängige Wort für den gelungenen symbolischen Tausch aus. Mein »Okay« zauberte ein Handy in seine Finger, und zehn Minuten später hielt ein Taxi mit quietschenden Reifen neben der Bude.
    »Post office, please«, sagte ich.
    Der Fahrer nickte und gab Gas. Wir brausten den vierspurigen Boulevard hinunter, scheuchten bei flinken Spurwechseln Radfahrer, Mopedfahrer und andere weniger wichtige Verkehrsteilnehmer zur Seite und bogen blitzartig im Neunziggradwinkel in Seitenstraßen ein, um etwaige Verfolger abzuschütteln. Es war heiß, daran hatte sich nichts geändert, und der Wagen besaß keine Klimaanlage. In den Gassen drängten sich Menschen, sie wichen dem Taxi elegant aus, ohne hinzusehen, so kam es mir vor, während der Fahrer sich zwischen ihnen durchhupte. Vorbei an Straßencafés und einer Unzahl von Läden, in denen es irgendetwas gab, was ich natürlich nicht verstand, da sämtliche Schilder abgesehen von den Getränke- und Zigarettenmarken, die die Welt kennt, auf Swahili waren. Einmal meinte ich, im Getümmel der Gassen einen alten Mann am Straßenrand sitzen zu sehen, der ein Huhn auf dem Schoß hielt, und mir wurde schwindlig, weil ich den Zwang verspürte, mich umzudrehen und nachzusehen, ob er Muscheln auf den Boden warf. Aber da waren wir schon vorbei an der Erscheinung, die sicher eine Halluzination gewesen war, und schossen wieder hinaus in einen anderen großzügigen Boulevard, wo sich im Verkehrsstrom eine Lücke aufgetan hatte, die der Fahrer instinktiv vorausberechnet hatte. Wenig später bremste er energieverzehrend, drehte sich zu mir um und sagte:
    »Post office.«
    Ich reichte ihm meinen zweiten Zehn-Dollar-Schein und machte dieselbe schiebende Handbewegung, die ich vorhin bei dem Budenbesitzer ausprobiert hatte. Sie funktionierte auch bei dem Taxifahrer. Er tippte mit dem Zeigefinger dienstleistungsgerecht an seine Stirn und sagte mit bester Aussprache:
    »Thank you, Sir.«
    Wer sagt, dass Englisch keine Weltsprache und der Dollar keine Weltwährung mehr ist?, dachte ich. Ich begab mich in die Post, wo ich den internationalen Paketdienst suchte und auch fand. Das Wort »Express« war nämlich englisch geschrieben oder deutsch, das macht ja keinen Unterschied in diesem Fall. Aber ehe ich zum Schalter ging, suchte ich mir eine stille Ecke in dem Gebäude, um mein Paket fertig zu machen. Vorher hielt ich Ausschau nach Uniformierten oder Polizisten in Zivil, die mir vielleicht auf den letzten Metern noch einen Strich durch die Rechnung machen könnten, sah aber bloß Bürger in westlicher oder arabisch anmutender Kleidung ihre Postgeschäfte tätigen. Zwei sehr schicke dunkelhäutige Mädchen mit Kopftüchern, an denen kleine Glöckchen baumelten, gingen in hüftbetontem Schlendergang kichernd an mir vorbei, sie hielten ihre Handflächen nach außen gedreht wie Signalflaggen. Ich fühlte mich geschmeichelt. Mit meiner fleckigen Jeans und meinem Tropenhemd, beides notdürftig an einer Tankstelle

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