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Gabun - Roman

Gabun - Roman

Titel: Gabun - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meinrad Braun
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unterwegs gewesen. Der Fahrer, ein gewisser Victor, den Nachnamen wüsste ich leider nicht, habe mich schließlich hier in Daressalam abgesetzt, weil das seine Route gewesen war. Wie ich über die Grenzen gekommen wäre, sei mir schleierhaft, ich hätte oben in der Schlafkabine des Fahrers gelegen, und womöglich – ich schüttelte den Kopf – hätte der Fahrer den Zöllnern nichts von meiner Anwesenheit erzählt.
    Und nun, schloss ich, bäte ich um Hilfe für den Rückflug. Der Konsul nickte ein paarmal vor sich hin. Dann schwieg er. Mein Herz begann zu klopfen. Vor ihm auf dem Schreibtisch, der ansonsten sehr aufgeräumt war, lagen einige Papiere, die mich misstrauisch hätten machen können.
    »Wir helfen Ihnen natürlich, Herr –«, ein Blick auf eines der Papiere, »Herr Jesper.«
    Der Konsul schob seinen Bürostuhl ein Stück nach hinten und faltete die Hände vor der Krawatte.
    »Bitte haben Sie Verständnis dafür, wenn ich Ihnen vorher ein paar Fragen stellen muss. Was hat Sie dorthin geführt, in die Demokratische Republik Kongo? Das ist ja – wie soll ich mich ausdrücken – nicht gerade ein Urlaubsort erster Wahl, nicht wahr?«
    Ich machte ein Gesicht wie jemand, der sich seine Urlaubsorte nicht nach den üblichen Kriterien aussucht, und fuhr mit dem Zeigefinger über meinen Zweiwochenbart.
    »Ich habe schon ein paar Reisen mit dem Motorrad unternommen, wissen Sie. Unter extremen Verhältnissen«, setzte ich hinzu. »Ich bin durch die Sahara gefahren, über den Hohen Atlas. Dort habe ich eine Weile bloß von Nüssen gelebt, aber die Berber waren sehr freundlich zu mir. Da oben in viertausend Metern Höhe mit meiner Maschine«, sagte ich, und mein Blick ging irgendwohin, aus dem komfortablen Gebäude durch die großen, verglasten Fenster ins Freie, zum Meer, falls es dort lag, »das war ein Geschenk für mich. Ich langweile Sie nicht?«
    »Keineswegs«, versetzte der Konsul und lächelte.
    »Ich war auch im Sudan«, sagte ich, »ich war gerade dreißig geworden und wollte es noch einmal wissen. Das war schlimm, sehr gefährlich. Dumm von mir. Ich glaube, das war die erste Lektion. Ich saß im letzten Flugzeug, das durchkam.«
    Ich schüttelte den Kopf, schaute dem Konsul in die Augen und bemühte mich um einen geläuterten Ausdruck. Um mir affektiv dazu zu verhelfen, dachte ich daran, wie ich in Trouville vor den beiden Unholden auf den Knien herumgerutscht war, um meine Fritten wieder einzusammeln, das half.
    »Und der Kongo«, sagte ich, »das war die zweite.«
    »Ich verstehe«, sagte der Konsul. »Manchmal möchte man wissen, was in einem steckt.«
    »Genau. Das möchte man«, bestätigte ich.
    »Noch eine Frage, Herr Jesper, ich muss Sie das fragen. Haben Sie illegale Handlungen in Tansania begangen oder unterstützt? Oder«, er schaute einen Moment zur Decke hinauf, »waren Sie Zeuge solcher Handlungen? Ich muss Sie darauf hinweisen, dass Sie von den deutschen Behörden strafrechtlich verfolgt werden können, falls sich herausstellen sollte, dass Sie hier falsche Angaben gemacht haben.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte ich. »Nichts dergleichen.«
    »Nun«, sagte der Konsul, »den illegalen Grenzübertritt wollen wir Ihnen nicht ankreiden, Sie waren ja, sagten Sie nicht so, in einer Notlage, nicht wahr?«
    »Ganz recht«, sagte ich. »In einer Notlage. Noch gestern Nacht hatte ich deutlich erhöhte Temperatur.«
    »Ja«, sagte der Konsul. »Unterschreiben Sie bitte das Protokoll. Sie bekommen dann Ihren vorläufigen Ausweis ausgehändigt.«
    Er drückte auf eine Tischklingel. Die Dame von vorhin erschien.
    »Herr Jesper bekommt ein Flugticket nach Berlin, einfach. Sehen Sie doch bitte nach, wann die Maschine geht. Ich denke, wir finden heute noch einen Platz, sonst spätestens morgen.«
    Der Konsul erhob sich und reichte mir die Hand.
    »Viel Glück, Herr Jesper«, sagte er. »Und gute Heimreise.«
    Zu dem Ticket bekam ich hundert Euro geschenkt, Taschengeld sozusagen, das mir die Dame gegen Quittung aushändigte. Dazu noch ein paar Scheine in der Landeswährung, die »Schilling« hieß, um ein Taxi zum Flughafen bezahlen zu können. Als Heimatadresse hatte ich in den Papieren des Konsulats meine alte angegeben, bei Lea in der Bleibtreustraße, das konnte man schließlich behördlich nachprüfen. Der Flug sollte um vier Uhr früh gehen. In dem futuristischen Gebäude, in dem sich das Konsulat befand, gab es auch Gästezimmer, ich durfte eines davon beziehen.
    Als Erstes stellte ich

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